14.07.23 – Fahrwerksanwendungen

Elektromobilität fordert konstruktive Warmwalzstähle

Mehrphasen-Stähle und hochduktile mikrolegierte Stähle sind Folge neuer Herausforderungen der Elektromobilität. Ein Resultat dieses Prozesses sind dabei konstruktiv anders ausgelegte Stähle.

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Alexander Lange, Produktmanager Warmgewalzte Stähle: „Warmbreitband lässt sich auch in komplexen geometrischen Formen effizient zu maßhaltigen Bauteilen umformen" © thyssenkrupp Steel

 
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Neue hochduktile mikrolegierte (HD-)Stähle der Perform-Reihe mit gleichmäßigem Eigenschaftsprofil und verbesserter Bruchdehnung im Bereich der Radaufhängung. © ThyssenKrupp Steel

 
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Die Ansprüche an Fahrwerkskomponenten sind in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen. Die voranschreitende Elektromobilität treibt die Entwicklung warmgewalzter Leichtbaustähle weiter voran. Aus diesem Grund bietet Thyssenkrupp Steel eine breite Palette an neuen Warmband-Produkten an, die sowohl gegenwärtige als auch künftige Anforderungen hinsichtlich verbesserter Werkstoffeigenschaften abdeckt. Für Verbrenner ebenso wie für E-Fahrzeuge

Das Fahrwerk ist das Rückgrat jeder automobilen Konstruktion. Seine Hauptaufgabe ist es, die dynamischen Bewegungen und verschiedensten Kräfte auf die Karosserie zu übertragen und dabei für ausreichend Stabilität zu sorgen. Zentrale Bauteile sind Querlenker, Achsträger und Stabilisatoren, die sowohl in der Vorder- als auch in der Hinterachse eingesetzt werden. Die Materialauswahl für diese Komponenten ist höchst individuell und hängt von der Fahrwerksauslegung des jeweiligen OEM ab. Zudem kommt es darauf an, für welchen Modelltyp die Bauteile vorgesehen sind, stellen doch insbesondere Elektroautos teilweise ganz neue Anforderungen an die eingesetzten Werkstoffe.

Moderne hochfeste Werkstoffe für das Fahrwerk

Eine wichtige Herausforderung ist beispielsweise das hohe Mehrgewicht des Batteriegehäuses, das die Fahrwerke von Elektrofahrzeugen zusätzlich schultern müssen. Durch den Wegfall des vorn platzierten Verbrennungsantriebs kommt es außerdem dazu, dass Trägerelemente vermehrt Crashlasten aufnehmen müssen.

„Thyssenkrupp Steel beantwortet die spezifischen Kundenbedürfnisse mit einem breiten Produktportfolio, das stetig weiterentwickelt wird“, erklärt Alexander Lange, Produktmanager für warmgewalzte Stähle. „Der Vielseitigkeit, die Stahl hier bietet, sind nahezu keine Grenzen gesetzt. In der Praxis bewährt haben sich insbesondere hochfeste warmgewalzte Stähle. Sowohl für herkömmliche als auch elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Der Vorteil: Warmbreitband lässt sich auch in komplexen geometrischen Formen effizient zu sicheren und vor allem maßhaltigen Bauteilen umformen." Neben unbeschichtetem Material bietet Thyssenkrupp Steel auch feuerverzinkte Warmband-Stähle an, die sich ideal für die häufig von Korrosion betroffenen Bauteilen in der Hinterachse im Bereich von zwei bis vier Millimetern eignen. Mit hochfesten warmgewalzten Mehrphasen-Stählen und hochduktilen mikrolegierten Kaltumformstählen lassen sich im Fahrzeugbau wirtschaftliche Leichtbaupotenziale heben. Aufgrund des Einsatzes höherer Festigkeiten können Bauteile – etwa Querlenker – mit dünneren Blechdicken gefertigt werden. Hier lassen sich deutliche Gewichtsreduktionen realisieren. „Dazu kommt der Vorteil, dass sich Mehrphasen-Stähle trotz der hohen Festigkeit des Blechs exzellent lokal umformen lassen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um genau die anspruchsvollen Geometrien umzusetzen, die bei Fahrwerkskomponenten besonders gefragt sind“, erläutert Georg Paul, Produktkoordination Anwendungstechnik bei Thyssenkrupp Steel. Eine wichtige Entwicklung im Bereich der Mehrphasen-Stähle ist der Chassis-Stahl CH-W 660Y760T mit einer garantierten Lochaufweitung von 60 %. Spezielle Fahrwerksgüten, eine Weiterentwicklung bewährter Complexphasen-Stähle, eignen sich optimal für kaltumgeformte Teile mit hohen Anforderungen an die Lochaufweitung beispielsweise beim Querlenker. Der CH-W ist unbeschichtet und in der korrosionsbeständigen feuerverzinkten Ausführung lieferbar.

Gestaltungsmöglichkeiten im Leichtbau erweitert

Ob im Bereich der Achsen oder Radaufhängung: Bauteilformen werden zunehmend komplexer und der Anspruch an ihre Maßhaltigkeit steigt, während parallel die Materialfestigkeiten immer weiter zunehmen. Kurzum: Die Automobilindustrie verlangt verbesserte Werkstoffeigenschaften. Thyssenkrupp Steel beantwortet diesen Bedarf durch neue warmgewalzte mikrolegierte HD-Güten (Streckgrenzen von 315 bis 550 MPa). Diese zeichnen sich gegenüber der Norm VDA 239-100 und DIN EN 10149-2 durch eine deutlich engere Spanne der mechanischen Kennwerte aus und haben eine erhöhte Bruchdehnung. Die spezielle Legierung der neuen hochduktilen mikrolegierten Stahlsorten sorgt für stabile mechanische Eigenschaften – beste Voraussetzungen für eine hohe Fertigungssicherheit. Ein hohes Streckgrenzenverhältnis bietet dem Konstrukteur bei der Auslegung ausreichend Spielraum, um ein mögliches Bauteilversagen durch Überbelastung zu verhindern. Aufgrund der sehr niedrigen Kohlenstoffäquivalente lassen sich mikrolegierte Stähle hervorragend schweißen. Schreiber: „Um das Potenzial mikrolegierter Stähle im Fahrzeugbau bestmöglich auszunutzen und das Umform- und Crashverhalten mittels Simulation vorauszusagen, stellt Thyssenkrupp Steel umfangreiche Materialkennwerte für ausgewählte warmgewalzte Stähle zur Verfügung.“ Im Automobilbau gleich doppelt punkten können Mangan-Bor-Stähle bei Rohranwendungen zur Substitution von Vollmaterialien. „Sie überzeugen mit sehr guten Umformeigenschaften im Anlieferzustand und hoher Festigkeit bei gleichzeitig guter Zähigkeit im vergüteten Zustand – eine ideale Voraussetzung für Produkte aus geschweißten, kaltgewalzten oder kaltgezogenen Präzisionsstahlrohren“, sagt Alexander Lange, Produktmanager Warmband bei Thyssenkrupp Steel. Solche anwendungsoptimierte Vormaterialien des Stahlherstellers aus Duisburg – zum Beispiel tubor 26 und tubor 34 – werden aufgrund ihrer hohen Stabilität und der Fähigkeit, auch dynamische Beanspruchungen auszuhalten, unter anderem für Stabilisatoren eingesetzt.

Trotz des bereits verfügbaren breiten Produktportfolios setzt der Stahlhersteller im Fahrwerksbereich kontinuierlich Entwicklungsimpulse. Exemplarisch dafür stehen die neuen hochduktilen mikrolegierten Warm(breit)band-Sorten der Perform-Familie und Chassis-Stähle in der Festigkeitsklasse 1.000 Megapascal.

Die Perform HD-Güten zeichnen sich durch eine garantiert enge Spanne der mechanischen Werte und ein günstiges Lochaufweitungsverhalten aus. Das gleichmäßige Eigenschaftsprofil über die gesamte Bandlänge sorgt beim Verarbeiter für sinkende Produktionskosten durch verringerten Ausschuss und weniger Stillstandszeiten aufgrund von Einstellarbeiten am Werkzeug. Die anwendungsoptimierten Chassis-Stähle CH-W werden um ein weiteres Mitglied mit noch höherer Festigkeit ergänzt. Die Neuentwicklung in der 1.000er-Festigkeitsklasse wird neue Maßstäbe hinsichtlich Umformbarkeit bei gleichzeitig guter Schweißeignung setzen.

www.thyssenkrupp-steel.com