15.03.22 – Pläne der EU-Kommission zu CO2-Grenzausgleich und Emissionsrechtehandel
Klimaneutrale Zukunft der Stahlindustrie in Deutschland gefährdet
Die Pläne der EU-Kommission zu einem CO2-Grenzausgleich und zum europäischen Emissionsrechtehandel stellen den Erfolg der Transformation der Stahlindustrie hin zur Klimaneutralität massiv in Frage. So lautet ein zentrales Ergebnis der Studie „Transformationspfade der Stahlindustrie in Deutschland“, die von der Prognos AG im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Stahl erstellt wurde.
Mit dem Abbau der freien Zuteilung bis 2035 und der Einführung eines nicht wirksamen CO2-Grenzausgleichs würden Produktionskapazitäten in beträchtlichem Maße verloren gehen. Die Produktion wie die CO2-Emissionen verlagerten sich damit ins Ausland. Selbst bei idealtypischen Bedingungen drohen 40 000 Arbeitsplätze verloren zu gehen. Im schlimmsten Fall kollabiert die Hochofen-Konverter-Route, bevor die Transformation überhaupt starten kann. Ein Verlust von rund 200 000 Arbeitsplätzen und ein jährlicher Wertschöpfungsverlust von rund 20 Mrd. Euro wären laut Prognos die unmittelbare Folge.
Grundsätzlich ist die Transformation bei Setzung der passenden politischen Rahmenbedingungen laut der Studie aber machbar und dies kann schon in den nächsten Jahren massive CO2-Reduktionen ermöglichen. Dafür ist es entscheidend, die Wirtschaftlichkeitslücke bei den neuen grünen Produktionsverfahren vollständig zu schließen, beispielsweise durch Klimaschutzverträge und künftig zunehmend durch die Etablierung grüner Leitmärkte. Gleichzeitig ist die gesamte Stahlindustrie auf einen umfassenden Carbon-Leakage-Schutz angewiesen, wie er durch Fortführung der freien Zuteilung auf derzeitigem Niveau im EU-Emissionsrechtehandel erreicht werden kann.
„Unsere Studie zeigt, wie die Transformation der Stahlindustrie in Europa gelingen kann und welche Möglichkeiten die Politik hat, die zur Verfügung stehenden Instrumente klug miteinander zu kombinieren“, sagt Michael Böhmer, Chief Economist Corporate Solutions Prognos AG.
Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl führt dazu aus: „Die Stahlindustrie braucht Instrumente, die den Unternehmen Spielräume für Investitionen in die grüne Transformation eröffnen. Die EU-Kommission nimmt aber mit ihren Plänen eine drastische Verteuerung der Produktion in Kauf, mit der Folge der Verkürzung von Investitionsmöglichkeiten. Darüber hinaus ist es gerade in einer Zeit höchster Verunsicherung allein hinsichtlich der Versorgungssicherheit ein Fehler, isoliert einen Grenzausgleich auf den Weg zu bringen, dessen Auswirkungen die Industrie massiv treffen werden.“
„Die Transformation kann ein Erfolg werden, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Dazu zählt ein effektiver Carbon-Leakage-Schutz als Basis. Ansonsten droht schon in diesem Jahrzehnt eine massive und schnelle Deindustrialisierung, wie die Prognos-Studie deutlich zeigt. Ohnehin erschweren die dramatisch gestiegenen Energiepreise den Einstieg in die Transformation. Umso wichtiger ist es, die Industrie vor weiteren Belastungen im internationalen Wettbewerb effektiv zu schützen“ ergänzt Martin Theuringer, Geschäftsführer Wirtschaftsvereinigung Stahl.