03.11.25 – International Cold Forging Group
Metastabiler austenitischer Stahlguss ist auszeichnungswürdig
Für die Entwicklung eines nachhaltigen Stahlgusses ist die Wissenschaftlerin Nadine Lehnert von der ICFG ausgezeichnet worden.
M.Sc. Nadine Lehnert, bis August 2025 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IWU, wurde für ihr Konferenzpapier »Innovative process chain for cold forging: Developing and validating a material model for deformation-induced martensite in metastable austenitic cast steel« beim 58th Plenary Meeting der International Cold Forging Group (ICFG) mit dem International Paper Prize ausgezeichnet. Die Verleihung fand am 17. September im nordfranzösischen Valenciennes statt.
Der Kern der Innovation ist ein neuentwickelter metastabiler austenitischer Stahlguss der TU Bergakademie Freiberg, der nicht nur energieeffizienter umgeformt werden kann, sondern auch durch den teilweisen Ersatz des teuren und gesundheitlich relevanten Elements Nickel durch Kupfer punktet. Das Advisory Board der ICFG, eine Gruppe internationaler Experten der Kaltmassivumformung aus Industrie und Wissenschaft, würdigte die gemeinsame Forschung der Mitautoren Dr.-Ing. Marco Wendler (TU Bergakademie Freiberg), Prof. Dr.-Ing. Martin Dix (Institutsleiter am Fraunhofer IWU), Prof. Dr.-Ing. Till Clausmeyer (TU Chemnitz) sowie Prof. Dr.-Ing. habil. Verena Kräusel (Fraunhofer IWU) zur Entwicklung und Validierung eines Materialmodells, das die Entstehung von martensitischen Gefügen während der Umformung beschreibt.
»Unser Ansatz, die Umformung bei Raumtemperatur statt bei über 800 °C durchzuführen, ist ein entscheidender Schritt in Richtung einer ressourcenschonenden Produktion«, erklärt Nadine Lehnert, inzwischen Mitarbeiterin der Professur Umformtechnik an der TU Chemnitz. »Wir können dadurch den Energieverbrauch um 1,5 GJ pro Tonne produzierter Teile senken und die CO2-Emissionen um etwa 40 t pro Jahr reduzieren. Die Vorteile der Kombination aus einem etablierten Fertigungsprozess und einem neuartigen Werkstoff gehen über Energie- und Kosteneinsparungen hinaus. Durch die Martensitbildung im Material wird die Rissausbreitung verlangsamt, was die Sicherheit der Bauteile, insbesondere bei sicherheitskritischen Anwendungen, erheblich erhöht.«
Materialmodell für FEM
Ein zentrales Element der Forschung von Frau Lehnert war die Entwicklung eines Materialmodells für Finite-Elemente-Simulationen, dass die Martensit-Entwicklung und die daraus resultierenden Materialeigenschaften realistisch abbilden kann. Das Modell unterscheidet zwischen verschiedenen Materialverhalten, ausgelöst durch den sogenannten TRIP-Effekt. Dies ist ein entscheidender Schritt, um Kaltumformprozesse von Stahlgusswerkstoffen besser verstehen und gezielt optimieren zu können. Die Forschungsergebnisse entstanden im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes »Legierungs- und Gefügedesign von austenitischem Cr-Ni-Cu-N-Stahlguss mit TRIP/TWIP-Eigenschaften zur Kaltmassivumformung«. Die prämierten Ergebnisse basieren auf umfangreichen experimentellen und simulativen Untersuchungen, die Nadine Lehnert während ihrer Tätigkeit am Fraunhofer IWU durchgeführt hat. Die Ergebnisse dieser Arbeit ebnen den Weg für eine zukunftsorientierte Fertigung, die ökologische und ökonomische Anforderungen in Einklang bringt und neue Anwendungen für innovative Werkstoffe erschließt.



