20.07.23 – Geschäftsbericht

Hirschvogel schafft die perfekte Welle

Das Unternehmen erweitert sich um den Bereich nachhaltiger Mikromobilität. Am neu implementierten Unternehmensstandort in Denklingen wird auch ein New Work-Konzept praktiziert.

Mikromobilitaet-ist-ein.jpg

Bei der Hirschvogel Komponenten GmbH in Schongau werden in Großserie Rotorwellen für den E-Mobilitätsbereich gefertigt. © Hirschvogel

 
Human-Ressource-CEO.jpg

Annette Teusen-Eichin, Vice President Corporate Human Resources und Corporate Marketing & Communication schafft mit New Work-Ideen eine gute Arbeitsatmosphäre. © Hirschvogel

 
Alle Bilder anzeigen

Autos auf aller Welt fahren mit Stahl- und Aluminiumkomponenten der Hirschvogel Group. Damit das trotz Mobilitäts- und Klimawende so bleibt, wandelt sich die weltweit agierende Unternehmensgruppe zu einem Komponentenhersteller für die grüne Mobilität von morgen und strebt zugleich eine nachhaltige Produktion an.

2022 wurde global ein Umsatz von 1,4 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch das Ergebnis ist positiv, doch zufrieden ist man am Stammsitz im oberbayerischen Denklingen damit nicht. Die angespannte weltpolitische Lage, Corona-Lockdowns in China, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die Inflation in Europa haben die Kosten in die Höhe getrieben. Das Unternehmen in Familienhand hält dennoch an den geplanten Investitionen fest. Allein im Jahr 2022 wurden rund 120 Millionen Euro investiert, davon ein bedeutender Anteil an den europäischen Standorten. Bis 2025 werden die Investitionssummen weiter steigen, denn der Kurs des Unternehmens zeigt Erfolg.

„Die Transformation der Automotive-Branche birgt Chancen, die wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden nutzen“, sagt Jörg Rückauf, CEO bei Hirschvogel. „Die Umstellung unseres Automotive-Portfolios ist bereits weit vorangeschritten. 2025 werden über die Hälfte der von uns verkauften Stahl- und Aluminiumkomponenten antriebsunabhängig oder auf die E-Mobilität zugeschnitten sein. Im nächsten Schritt richten wir uns als global tätiges Unternehmen noch stärker an unseren Marktregionen aus – um Potenziale bestmöglich zu nutzen und unsere Resilienz gegenüber wirtschaftlichen und politischen Krisen zu stärken.“

Hintergrund ist die unterschiedliche Dynamik in den regionalen Automobilmärkten. Während sich in den nordamerikanischen und asiatischen Märkten angesichts investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen bzw. hoher Nachfragevolumina Wachstumspotenziale abzeichnen, wird in Europa ein stagnierender Markt erwartet. Ein Problem, das sich im internationalen Wettbewerb durch europäische Standortnachteile wie z. B. Energiekosten und CO2-Bepreisung weiter verschärft. Kapazitätsauslastung und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zählen daher hier in den nächsten Jahren zu den vordersten Zielen.

Zukunftsmarkt Mikromobilität

Neben dem Automobilsektor erweitert die Hirschvogel Group ihr Produktportfolio in Richtung nachhaltiger Mikromobilität. 2022 wurde eine gesonderte Business Unit gegründet. Inzwischen läuft das erste Serienprodukt unter dem Markennamen „AXIMO“ vom Band. Laut Walter Bauer, dem CFO des Unternehmens, fehlt es in diesem Markt der Zukunft vielfach noch an passenden Fahrzeugkomponenten: „Neue Mobilität erfordert neue Fahrzeuge, neue Fahrzeuge erfordern neue Komponenten. Unser Team hat einen Baukasten an Komponenten und Produktsystemen entwickelt, der die kostenoptimale Verwirklichung nachhaltiger Fahrzeugkonzepte ermöglicht. Damit wollen wir zur steigenden Marktakzeptanz von elektrischen Klein- und Leichtfahrzeugen beitragen. Dass unser erstes Serienprodukt, die Aximo-Antriebsachse, gleich in einem Cargo Bike der namhaften Marke CUBE zum Einsatz kommt, freut uns besonders.“

Weitere Serienanläufe, z.B. für ein E-Bike Drive-System, stehen kurz bevor.

Zukunft erfordert Nachhaltigkeit

Hirschvogel geht das Thema gesamtheitlich an und hat die Nachhaltigkeitsbestrebungen strategisch verankert. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Dekarbonisierung der Produktion, die über klar definierte Durchbruchziele vorangetrieben wird. „Wir wollen die gruppenweiten Emissionen bezogen auf den Ausstoß 2019 bis zum Jahr 2030 halbieren – unter anderem, indem wir bei jedem Neuinvest Wärmebehandlungsprozesse von Erdgas auf Strom umstellen. Ein Beispiel: Die CO2-neutral beheizte, also mit Grünstrom betriebene Wärmebehandlungsanlage in unserer neuen Differentialkegelrad-Fertigung hat eine Heizleistung von 680 kW. Mit ihr sparen wir im Dreischichtbetrieb gegenüber einer mit Gas betriebenen Anlage bis zu 800 t CO2 pro Jahr“, so der COO von Hirschvogel, Dr. Dirk Landgrebe.

Ein weiterer wichtiger Hebel zur Reduktion der Emissionen liegt in der Energieversorgung. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms soll gruppenweit weiter steigen. Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit müssen dabei jedoch gewährleistet sein. Standortabhängig und in Zusammenarbeit mit regionalen Betreibern setzt Hirschvogel vor allem auf Photovoltaik. Daneben werden die Themen Wind-, Wasserkraft und grüner Wasserstoff verfolgt.

Transformation und Dekarbonisierung sind nicht die einzigen Herausforderungen vor der die Gruppe steht, sondern auch der schwächelnde Wirtschaftsstandort Europa. Die Geschäftsentwicklung in 2023 ist bislang positiv, bleibt aber trotz voller Auftragsbücher hinter den Erwartungen zurück. Der hier weiterhin herrschende Chipmangel bei den Autoherstellern sorgt für hohe Volatilität bei den Abrufen für Komponenten im E-Mobilitätsbereich, während man im Verbrennergeschäft – Benziner und Dieselfahrzeuge sind nach wie vor am Markt gefragt – gute Zahlen schreibt.

New Work-Konzept für produktive und gesunde Arbeitswelt

Aufgrund der volatilen Kundenabrufe und der gedämpften Marktprognosen geht das Unternehmen in Deutschland bei Neueinstellungen aktuell mit Augenmaß vor.

„Dennoch spüren wir den Fachkräftemangel deutlich“, meint Personalchefin Annette Teusen-Eichin. „Wir steuern über unser Ausbildungskonzept sowie umfangreiche Qualifikations- und Weiterbildungsmöglichkeiten gegen. Als Unternehmen in Familienhand wollen wir uns gemeinsam mit den Mitarbeitenden wandeln. Ein Wandel, der übrigens neben der Produktwelt die Arbeitswelt mit einschließt. Globalisierung und Digitalisierung verändern Arbeit und Zusammenarbeit. Das spiegelt sich sowohl in unserer Produktion als auch in den administrativen Bereichen wider, in denen wir gerade ‚New Work‘ einführen.“

www.hirschvogel.com