18.06.25 – Wafios 75 Jahre in der DRAHT – ein Spiegel der technischen Entwicklung in der Federnindustrie
Die Erwartungen von gestern schaffen die Realität von heute
Der Weg zur heutigen Federmaschine begann vor über 130 Jahren mit der ersten Maschine für Druckfedern. Seit 1950 begleitet das Fachmagazin DRAHT dabei die Entwicklungen der Wafios-Maschinen. Die technischen Innovationen dieser Maschinen spiegeln sich in den Ausgaben wider. Auch in Zukunft werden Innovationen und Meilensteine in neuen Ausgaben ihren Platz finden, denn „Drahtbearbeitung hat Zukunft“.
Seit 1893 ist die Firma Wafios als Spezialist für drahtverarbeitende Maschinen bekannt. Angefangen mit der ersten Drahtflechtmaschine zieht sich das Portfolio heute über Drahtbiege- und Federmaschinen zu Ketten-, Richt- und Rohrbiegemaschinen sowie der Kaltmassivumformung. Dieser Artikel fokussiert sich auf die Entwicklung der Druckfedermaschine.
Im Sekundentakt windet die Maschine Feder um Feder, eine Kamera überwacht den Prozess, Sensoren liefern Daten zur Genauigkeit und das System korrigiert automatisch und im Prozess Einstellungen, um höchste Qualität zu garantieren. Die heutigen Federwindemaschinen bieten mechanische Ingenieurskunst, aber auch eine breite Palette an Softwarefeatures, die die Produktion beschleunigen und vereinfachen.
Der Beginn der modernen Druckfedermaschine
Der Anfang der Federwindemaschinen begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung einer Druckfedermaschine in Amerika, mit Einzugsrollen, Wickelstift, Steigungswerkzeugen und Formwerkzeugen. Das Grundprinzip der Druckfedermaschine hat sich dabei von damals bis heute nicht geändert.
Im Jahr 1912 stellte die Firma Wagner+Ficker erstmals eine flexible Druckfedermaschine vor. 1914 wurde das Patent hierfür rückwirkend ab 1912 erteilt (Abb. 1). Die neue Maschine ermöglichte es, Federn mit einer bestimmten Anzahl an Windungen, einer bestimmten Steigung und einer anliegenden Windung am Anfang und Ende der Feder zu fertigen. Bereits in diesem Jahr stellte die Firma, die 1914 zusammen mit Otto Schmid zu Wafios fusionierte, die Weltneuheit der 2-Finger-Windeplattform vor. 100 Jahre später folgte darauf die „iQ-Funktion iQcontrol“. Eine Software, die noch während dem Windeprozess die Feder vermisst und Korrekturwerte mittels künstlicher Intelligenz ermittelt. Nur eine von vielen neuen Softwareentwicklungen.
Die Grundlagen bleiben unverändert
Eine von Wafios gebaute Federwickelmaschine von 1928 weist bereits alle Merkmale einer Druckfedermaschine, wie Einzug, zwei Windefinger, Steigung parallel und Schnitt auf, die heute noch verwendet werden.
In den 50er-Jahren tat sich schon der nächste entscheidende Schritt. Elektrische Energie und Elektromotoren wurden allgemein zugänglich. Ein wichtiger Meilenstein für die Entstehung der Druckfedermaschinen mit Einzelmotor, die sich in den 60er-Jahren zu einer segmentgesteuerten Federmaschine weiterentwickelte. 2025 stellt Wafios erstmals die „Multi-FMU“ vor. Eine Federmaschine, die mit bis zu 64 Servomotoren ausgestattet werden kann. Eine deutliche Steigerung, die sich aus den hohen Freiheitsgraden und der Flexibilität in der Federgeometrie ergibt.
Die Federnindustrie im kontinuierlichen Wandel
Anfang der 60er-Jahre nahm, mit Aufkommen der Schreibmaschinen, die Zugfederproduktion für mechanische Teile zu. Mit dem Wechsel zu Computern kam dabei die Sorge auf, dass die Maschinen für die Zugfederfertigung dieser Kleinstteile ihren Zenit überschritten hatten. Doch die Sorge blieb unbegründet. Gemäß dem Motto „Kein Tag ohne Draht“ wechselte zwar das Produkt, jedoch nicht der Bedarf kleiner Federteile. Denn auch für die Computertastatur blieb die Nachfrage nach Federmaschinen ungebrochen. Ein Beispiel, das sich auch in anderen Bereichen fortsetzt. Bereits über Jahrzehnte finden sich in alltäglichen Dingen Federn wieder, beispielsweise in Feuerzeugen oder Kugelschreibern. In manchen Fällen ändert sich das Endprodukt, wie bei den Schreibmaschinen, in anderen blieben die Produkte über Jahre fast unverändert.
So beispielsweise im Automobilbereich bei Kupplungs- oder Ventilfedern. Allein in einem PKW finden sich über 2000 Teile, die auf Wafios-Maschinen hergestellt werden können. Ein Wandel, der sich auch heute weiterzieht. Fällt die Ventilfeder als Herzstück des Verbrenners weg, nimmt ein Hairpin als Herzstück eines Elektromotors den Platz ein.
Der Einzug computergestützter Technik
Preisgünstige Computer und Maschinensteuerungen ermöglichten Anfang der 80er den Übergang vom mechanischen Wickelsystem mit Einzelmotorenantrieb zur elektronischen Federmaschine mit 4 Achsen und Antrieb durch Servomotoren. Die vier Achsen umfassten den Einzug, die Form, die Steigung und den Schnitt. Die elektronischen Maschinen hatten einen kompakten, symmetrischen Aufbau und minimierten den Anteil an Mechanik. Durch die gesteigerte Rechenleistung von Mehrprozessorsystemen konnten die Maschinen zusätzliche Biegeoperationen und Sensorik verwenden.
Schon in der DRAHT Ausgabe 6 von 1999 berichtete Wafios über den bedeutenden Meilenstein den die Entwicklung eines Mehrfach-Abschneidesystems darstellte, das die Wahl zwischen einem vertikalen Schnitt, elliptisch rotierenden Schnitt, elliptisch rotierenden fliegendem Schnitt und dem Torsionsschnitt ermöglichte. Weltneuheiten, die bis heute in weiterentwickelter Form angewendet werden. Auf der schnellsten Federwindemaschine der „FUL“-Serie, die „4speed“, wird auch heute noch der elliptisch rotierende fliegende Schnitt angewendet um die maximale Ausbringungsleistung zu erzielen.
Fast alle Arbeitsschritte konnten durch den Einsatz leistungsstarker Computer von manuell zu digital geändert werden. So wurde das Ändern von links- zu rechtsgewundenen Federn früher durch das Umlegen eines Hebels gesteuert, später konnten Bediener über das Programmiersystem die Winderichtung festlegen.
1989 zeigte sich bei den Schenkelfedermaschinen der nächste Entwicklungsschritt. Durch Verwendung einer Rechnersteuerung konnten bis zu 6 Achsen synchronisiert werden. Damit hatte der Bediener mehr Freiheiten zur Programmierung der Werkzeugbewegungen und die Kurveneinstellung wurde vereinfacht.
Flexibilität durch Synchronisation
Bereits mit dem Aufkommen der computergestützten Federmaschinen begann Wafios vermehrt die Entwicklung in diesem Bereich voranzutreiben. Bereits in einem DRAHT-Beitrag von 1993 wird berichtet, dass die „traditionelle mechanische Federwindemaschine“ bald der Vergangenheit angehören wird. „An ihre Stelle tritt die elektro-mechanische Federwindemaschine“.
Schon früh wurde erkannt, dass die Synchronisation der Werkzeugbewegungen mithilfe von Computern ein Schlüssel für eine hohe Flexibilität der Produktion ist. Dies legte den Grundstein für die schnellen und leistungsfähigen Wafios-Maschinen von heute. Ein Beispiel bietet der heutige „PTPduo“, ein Windefinger, der eine Kipp- und Drehbewegung zeitgleich sowie unabhängig voneinander ausführen kann. Somit kann der Windefinger im Prozess der Steigung der Feder folgen und bietet mehr Freiheitsgrade in der Anfertigung von Druckfedergeometrien.
Auch das Einbauen von Sensorik und Messgeräten, wie beispielsweise einem Federlängenmessgerät, brachte neue Möglichkeiten in der Federproduktion.
1978 präsentierte Wafios die erste elektronische Federwindemaschine, damals eine Weltneuheit, 1985 folgte die erste Maschine mit 4-Achs-Steuerung und 1992 die erste „intelligente“ Federwindemaschine.
Denn die Zukunft der Federmaschine lag nicht nur in der hervorragenden Konstruktion der Mechanik, sondern auch in der Software.
Der Fokus verschiebt sich
Immer mehr rückte im Laufe der Zeit der Fokus auf eine ganzheitlich-wirtschaftliche Betrachtung der CNC-Federwindemaschinen. Eine immer größere Rolle spielte hier die Einbindung in vernetzte Produktionssysteme. Die Lebenszeit der Maschinen rückte in den Vordergrund an Stelle der reinen Stückkosten-Betrachtung. Auch Anforderungen wie Energieeffizienz, Verfügbarkeit und die Nullfehler-Produktion stiegen an. Es entschied nun nicht mehr der Preis allein, sondern vielmehr die summierten Kosten, die benötigte Stellfläche aber auch die Laufzeit der Maschine.
Als zukunftsweisende Themen sah Wafios nun nicht mehr die Reduzierung der Stillstandzeiten oder die maximale Ausbringung, sondern vielmehr die Maschinenfähigkeit, wie die Steigerung der Effizienz durch die eingesetzten Materialien, die Rückgewinnung der Energie oder die optimierte Auslegung von Energieverbrauchern, wie Klimageräten und Achsen (DRAHT 4/2010).
Früh auf Industrie 4.0, neuronale Netze und KI-Unterstützung gesetzt
Einen Meilenstein stellt die Einführung der „iQ“-Steuerungsfunktionen 2012 dar, die bis heute kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die „iQ“-Funktionen bieten unterschiedliche Möglichkeiten, um die Produktion zu erleichtern, zu beschleunigen und die Qualität zu erhöhen. So lässt sich mithilfe von „iQspirng2FUL“ beispielsweise der Einrichtprozess automatisieren und eine Feder sozusagen kopieren.
Schon in der DRAHT Ausgabe 6 aus dem Jahr 1999 ließ Wafios im Beitrag verlauten: „Eines der Entwicklungsziele von Wafios ist der Aufbau eines Servicepakets für jede Maschine, das aus einem Audio-, einem Video- und einem Maschinen-Datenkanal besteht und den On-Line-Support eines Produktionsprozesses ermöglicht, sobald ein Maschinenbediener sich einwählt.“ Im Jahr 2016 wurde der „VPN“ für jede Maschine eingeführt, sodass der Service auf jede Maschine zugreifen kann. Auch für ältere Maschinen ist ein Nachrüsten des „VPN“ möglich. Somit kann sich der Service heutzutage über Onlineschnittstellen auf die Maschinen schalten und relevante Maschinenparameter auslesen. Dies reduziert die Servicezeit vor Ort. Mit der Entwicklung standardisierter Datenschnittstellen, wie „OPC-UA“, erlaubt diese Verbindung heute eine Auswertung vieler relevanter Parameter, wie zum Beispiel die Motordrehmomente und Temperaturen der Einzelachsen. Der Grundstein für die vorbeugende Instandhaltung.
Die Federmaschine der Zukunft
In einer Zeit in der das Thema Fachkräftemangel für jede Firma eine Herausforderung ist, bietet Wafios einen Lösungsansatz. Der erste Schritt ist die Entwicklung einer Druckfedermaschine („FUL 36+“) mit Bedienerunterstützung mit einzelnen assistierten oder automatisierten Funktionen (siehe Abb. 4: Anzeige in der DRAHT 2024). Die Funktionen helfen dem Bediener beispielsweise durch eine vereinfachte Eingabe der Federgeometrie oder das Messen einer vorhandenen Feder und die automatische Erzeugung eines WPS-Programms mit den nötigen Stützstellen der Federgeometrie. So wird der Einrichtaufwand und die Fehleranfälligkeit minimiert. Die positiven Rückmeldungen zeigen: Wafios ist auf dem richtigen Weg. Der nächste Schritt wird die Weiterentwicklung der Technik sein.
Schon immer war der Austausch mit Kunden, die Kooperationen und Impulse ein wichtiger Anstoß für die Neu- und Weiterentwicklungen der Maschinen.
Das Thema der Automatisierung und computergestützten Technologien zieht sich bereits seit seinem Aufkommen in den 80er-Jahren fort und wird auch in Zukunft maßgeblich zur Verbesserung der Federmaschinen beitragen. Seit Aufkommen der Technik war Wafios Vorreiter verschiedener Entwicklungen und treibt heute die Digitalisierung der Maschinen mit einem eigenen Geschäftsbereich voran.
Wafios AG
Silberbergstraße 5
72764 Reutlingen
Tel.: +49 7121 146-0
sales@wafios.de
Kurzprofil Wafios
Wafios entwickelt, konstruiert und fertigt anspruchsvolle Spezialmaschinen für die draht- und rohrverarbeitende Industrie sowie für die Kaltmassivumformung. Das Unternehmen zählt zu den führenden Anbietern in diesem Bereich. Über 130 Jahre Erfahrung sprechen für Qualität und Innovation. Das Sortiment umfasst mehr als 130 Maschinentypen. Ausgestattet mit modernster Software, Künstlicher Intelligenz und IoT, optimieren Wafios Maschinen Stückleistung, Qualität und Verbesserung des Einrichtprozesses.
60 % der Kunden stammen aus der Automobil- und Zuliefererindustrie, mit einem wachsenden Anteil in der E-Mobilität. Weitere wichtige Branchen sind Bergbau, Bauindustrie, Elektrotechnik, Medizintechnik, Haushaltsgeräte, Landwirtschaft und Möbelindustrie. Der Exportanteil liegt bei über 60 %.
Heute ist Wafios eine Unternehmensgruppe mit der Wafios AG in Reutlingen als Muttergesellschaft und mehreren Standorten in Deutschland (Reutlingen, Marktredwitz, Wuppertal, Berlin, Simonswald), in Frankreich (Ecuelles), in Portugal (Maia), in Amerika (Branford/USA, Mokena/USA, Querétaro/Mexiko, São Paulo/Brasilien) und in Asien (Shanghai/China, Zhangjiagang/China) zur Unterstützung der Kunden vor Ort.
Unter der Marke „connectavo“ erweitert Wafios das Kerngeschäft und entwickelt branchenübergreifende Softwarelösungen für die Instandhaltung von beispielsweise Maschinen, Gebäudetechnik, Fuhrpark und anderen technischen Einrichtungen.