16.12.21 – Alternative Werkstoffe

Carbon-Evolutfeder für Mountainbikes

Am Fachgebiet Maschinenelemente der Technischen Universität Ilmenau wurde das Konzept einer neuen Carbon-Evolutfeder für das Mountainbike-Segment entwickelt und erfolgreich erprobt.

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Abb. 1: Evolutfeder aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff. © TU Ilmenau

 
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Abb. 2: Feder-Dämpfer-Einheit und Einbau im Habit 3 vor dem Laborgebäude der Fakultät Maschinenbau. © TU Ilmenau

 

Das Fachgebiet Maschinenelemente der TU Ilmenau forscht seit einigen Jahren neben den Drähten und Federn aus Stahl auch an einem Entwicklungsprozess für Evolutfedern aus Faserverbundwerkstoffen (Abb. 1). Zu diesem Prozess zählen Anforderungsprofile und Auslegungskriterien, analytische und numerische Berechnungen zu Werkstoffmechanik und Federauslegung, ein Fertigungsverfahren und Versuchsreihen an Prototypen bis hin zur Lebensdauerprüfung und -abschätzung.

Aus Band gewickelt
Der Federtyp Evolutfeder eignet sich hervorragend für eine Umsetzung mit faserverstärkten Kunststoffen (FVK), da die Feder aus Band, also flächigen Halbzeugen, gewickelt wird. So können die vielfältigen Vorteile der FVK, wie beispielsweise Korrosions- und Chemikalienbeständigkeit oder Leichtbaupotenzial bei für FVK vergleichsweise einfacher Herstelltechnologie zum Tragen kommen.

Metallfeder vergleichbar
Der Entwicklungsprozess begann bei der Auswahl des Versuchsträgers. Das Mountainbike (MTB) wurde freundlicherweise von Rad-Art Ilmenau zur Verfügung gestellt. Die Ziele waren ein zur Metallfeder vergleichbarer Federweg und eine vergleichbare Federrate.

 Zuerst wurden die Anforderungen an die Feder abgeleitet. Besonders der Bauraum war von Interesse, da leichtere Werkstoffe für gleiche Aufgaben mehr Volumen benötigen. Die Federrate der zu substituierenden Stahlfeder beträgt R = 350 lbs/inch = 61 N/mm. Anschließend wurde mittels des Anforderungsprofils der am besten geeignete Werkstoff, kohlenstofffaserverstärktes Epoxydharz (ugs. Carbon), ermittelt, wozu ein an der TU Ilmenau entwickeltes Auswahltool zum Einsatz kam.

 Nach analytischer Vorauslegung wurde zur Absicherung eine numerische Finite-Elemente-Simulation in ANSYS ACP mit dem Carbon-Laminat durchgeführt. Durch diesen simulierten Eignungsnachweis konnte das Federdesign festgelegt und die nötigen Werkzeuge, wie zum Beispiel ein 3D-gedruckter Wickelkern, angefertigt werden.

Tests im Labor
Vor den Testfahrten erfolgte ein Lebensdauertest zur Einschätzung der Ermüdungseigenschaften im Labor. Bei diesen Schwingversuchen wurde eine Feder etwa 25 000 Mal vollständig eingefedert. Aus anderen Veröffentlichungen ist bekannt, dass die reine Materialermüdung von Carbon im Regelfall wesentlich später einsetzt. Im Betrieb liegt dann ein Beanspruchungskollektiv vor, in dem diese Maximaleinfederungen vergleichsweise selten auftreten.

 Nach den Voruntersuchungen wurde die Metallfeder des Dämpfers DNM RCP-2S durch die Carbon-Evolutfeder ersetzt (Abb. 2). Die FVK-Feder wiegt 220 g, was gegenüber der Stahlfeder (460 g) eine Einsparung von 50 % bedeutet.

An der Stelle muss betont werden, dass es sich um eine reine Substitution der Feder in einem gegebenen System handelt. Mit einer umfassenderen Optimierung und Anpassung des Rahmens bzw. des Dämpfers, sind durchaus weitere Einsparungen im Gewicht und auch eine Optimierung des Bauraums möglich.

Erprobung durch MTB-Profis
Die Erprobungsfahrten wurden durch die MTB-Profis von Rad-Art durchgeführt. Es zeigte sich ein feines Ansprechverhalten, welches durch die leicht progressive Kennlinie und die hohe Maximalkraft entsteht. Dies ist besonders für Mountainbikes von Nutzen, deren Rahmengeometrien hohe Federraten erfordern, um bei großen Fahr- und insbesondere Stoßbeanspruchungen eine Einfederung auf Blocklänge zu vermeiden. Gegenüber den häufig verwendeten Stahlfedern zeigt sich somit ein klarer Vorteil.

 Um Reibgeräusche zu minimieren, wurde die Feder eingefettet. Regen und Matsch erwiesen sich als Herausforderungen für das Design, da sich ohne Einhausung Ablagerungen zwischen den Windungen bilden können. Die Einfederung war trotzdem jederzeit gewährleistet.

Weitere Informationen unter https://www.mtb-news.de/news/tu-ilmenau-carbon-feder/

Die Autoren des Beitrags sind Martin Petrich, Ulf Kletzin, Tom-Luis Weimann und Julius Feld

Technische Universität Ilmenau
Fakultät für Maschinenbau
Fachgebiet Maschinenelemente
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Ansprechpartner ist Martin Petrich
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