23.02.22 – Mittelstand müsste für Lieferanten haften, auf die er keinen Einfluss hat
Vorschlag für EU-Lieferkettengesetz ist praxisfern
Mit Kritik reagiert der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) auf die bisher bekannten Fakten zu dem praxisfernen Vorschlag aus Brüssel, der deutlich schärfer ist als das ab 2023 geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).
„Das angedachte EU-Lieferkettengesetz ist illusorisch. Es würde viele kleinere Unternehmen belasten, aber kaum ökologischen und sozialen Nutzen bringen.“ Die EU bezieht bereits Unternehmen ab 500 Mitarbeitern ein, bei Branchen mit hohen Risiken sogar ab 250. Zusätzlich sieht sie Haftungsnormen vor und verzichtet auf die im LkSG vorgesehene abgestufte
Kontrolle ab Tier-2-Lieferanten. Mittelständler müssten so für Zulieferer haften, auf die sie gar keinen Einfluss haben. Der WSM vermisst in der Brüsseler Vorlage auch „eine Erklärung, warum die deutschen Standards nicht ausreichen sollen?“.
„Der EU-Vorschlag würde viele Mittelständler zum Rückzug zwingen – sie müssten sich von Lieferanten trennen“, prognostiziert WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer. Gerade das Haftungsrisiko schreckt extrem ab. „Wie sollen kleinere Unternehmen diese überwachen?“ Die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards hält der Verband generell für sinnvoll, niemand dürfe Wettbewerbsvorteile erlangen, indem er Menschenrechte verletzt und der Umwelt schadet oder dies bei Vorlieferanten duldet. „Aber Unternehmen können nur für Vergehen haftbar gemacht werden, auf die sie tatsächlich Einfluss haben“, so Vietmeyer.
Deutsche Unternehmen richten sich zurzeit auf das bereits bestehende LkSG ein. „Der Aufbau von wirkungsvollen Riskmanagement- und Compliance-Systemen ist bereits jetzt aufwendig und braucht Zeit. Warum sollen die deutschen Standards nun nicht ausreichen?“, fragt der WSM. „Leider liefert die EU-Kommission dazu keinerlei Erklärung“, bedauert Vietmeyer.