21.12.23 – Rückblick 2023:
Energiekrise und schwache Konjunktur führen zu historischen Produktionseinbrüchen?
Der Abwärtstrend bei der Rohstahlproduktion hat sich für die Stahlindustrie auch zum Jahresende 2023 weiter fortgesetzt. Im November sank die Erzeugung im Vergleich zum Vorjahresmonat um weitere 2 %.
Im Gesamtjahr steuert sie damit auf ein Minus von 4 % zu, nach einem Rückgang von rund 8 % im Jahr 2022. Damit dürfte 2023 mit nunmehr 35,5 Mio. t Rohstahlproduktion zu einem der produktionsschwächsten Jahre in der Stahlindustrie in Deutschland werden – nur das Jahr der großen Finanzkrise im Jahr 2009 war mit einer noch niedrigeren Erzeugung verbunden.
Besonders betroffen ist insbesondere die Elektrostahlproduktion. Die Rohstahlproduktion auf dieser schrottbasierten und damit besonders stromintensiven Route bricht in diesem Jahr um 11 % ein und fällt auf ein historisches Tief von 10,1 Mio. t (auf das Jahr hochgerechnet). Dieses niedrige Produktionsniveau wurde zuletzt vor dreißig Jahren unterschritten. Verglichen mit dem Jahr vor Beginn des Energiepreisschocks hat die Erzeugung knapp 20 % verloren.
Sorge bereitet dabei nicht nur der Einbruch der Produktion an sich, sondern auch die Dauer der diese Entwicklung begleitenden Rezession: Auf Jahresbasis bezogen sind nun seit März 2022 und damit seit fast 21 Monaten (ausgenommen von einem leichten Anstieg im September 2023) stetige Produktionsrückgänge zu verzeichnen. In der zyklischen und volatilen Stahlkonjunktur ist ein derart lang gezogener Negativzyklus bislang in Deutschland noch nicht beobachtet worden.
Dazu Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl: „Die Produktionsdaten in diesem Jahr geben Anlass zur größten Sorge: Die Stahlproduktion befindet sich gegenwärtig im freien Fall. Betroffen sind zwar beide Produktionsrouten – infolge der anhaltend hohen Strompreise in Verbindung mit einer dauerhaft schwachen Konjunktur leidet aber ganz besonders die Elektrostahlerzeugung.“ Um tiefe Einschnitte am Stahlstandort zu vermeiden, bestehe nun dringender Handlungsbedarf. „Der jüngste Haushaltskompromiss der Koalitionspartner, der unter anderem den Wegfall des staatlichen Zuschusses zu den Übertragungsnetzentgelten beinhaltete, führt hier weit weg vom eigentlichen Ziel wettbewerbsfähiger Strompreise: Mit der nun angekündigten Verdopplung der Übertragungsnetzentgelte werden die Strombezugskosten der Unternehmen weiter signifikant in die Höhe getrieben“, so Rippel. Die Stahlkonjunktur werde sich nicht beruhigen, ohne dass eine Lösung für wettbewerbsfähige Strompreise gefunden wird, erklärt die Hauptgeschäftsführerin. „Die Politik muss sich ihrer Aufgabe, bezahlbare Strompreise zu schaffen, deshalb weiterhin und mit Hochdruck stellen!“