16.03.21 – 3D-Druck von Sand- und Metallformen
Produktionsdaten auf dem Smartphone
Der 3D-Druck nimmt mittlerweile einen festen Platz in der Gießereiindustrie ein. Additiv lassen sich Sandformen für komplexe, leichte Gussteile fertigen, bei denen konventionelle Verfahren an ihre Grenzen stoßen. Beim Druck fallen wertvolle Daten an, die im digitalen Workflow genutzt werden können.
Speziell im Prototypenbau kann der 3D-Druck bei kleinen Losgrößen oder komplexen Teilen seine Stärken ausspielen. Im Binding-Jet-Verfahren entstehen nach CAD-Daten aus Sand und Bindemittel im Schichtbau Formen oder Kerne, die in konventionellen Verfahren nur mit deutlich größerem finanziellen und zeitlichen Aufwand realisiert werden könnten – wenn überhaupt.
Wertvolle Produktionsdaten
Im gesamten, weitgehend analogen Produktionsprozess aber bilden diese Druckmaschinen meist digitale Inseln, die das Potenzial der Technologie nicht annähernd ausschöpfen. Denn die beim Druck anfallenden Daten liefern wichtige Informationen über den Zustand der Maschinen und Formen, die in der analogen Welt praktisch ungenutzt bleiben mussten. „Erst in einem komplett digitalen Workflow lässt sich dieser Datenschatz in Form von konkreten Business Outcomes heben“, so der Digitalisierungsexperte Philipp Mayer. Mit seinem Unternehmen Codestryke hat er sich auf die Generierung von Mehrwerten in der Industrie-4.0-Umgebung spezialisiert. Sein Prinzip: „Digitalisierung sollte kein Selbstzweck sein, sondern sich in Umsatz und Gewinn spiegeln.“
Gemeinsam mit Exone, dem Hersteller industrieller 3D-Drucker mit Binder-Jetting-Technologie, haben die Digitalisierer die Industrie-4.0-App „Exone Scout“ entwickelt, die Daten aus dem Drucker via Cloud verfüg- und verwertbar macht. Die App ist kompatibel mit allen Exone-Neuentwicklungen mit Siemens-Steuerung. Beispiele sind der 3D-Sanddrucker „S-Max Pro“, der für die Herstellung von Sandformen und Kernen für Metallgussteile in der Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie oder Landwirtschaft verwendet wird sowie der 3D-Metalldrucker „X1 160Pro“.
Mobile Echtzeitüberwachung
Betreiber dieser Drucker können über die Scout-App standortunabhängig Maschinen und Formdrucke in Echtzeit überwachen. Die Sensordaten werden in die sichere Cloudumgebung der Siemens-„Mindsphere“ übertragen und dort verwaltet. Der Nutzer erhält Push-Benachrichtigungen über Auftragsstatus, Druckkopfgeschwindigkeit, Flüssigkeitsstände, Temperatur bis hin zur Feuchtigkeit auf den PC, das Tablet, Smartphone oder Smartwatch.
Bei Abweichungen von definierten Sollwerten lassen sich so Reaktionszeiten erheblich verkürzen und Stillstandzeiten reduzieren. Über Reportings und Dokumentationsmöglichkeiten können wichtige Kennziffern für die Qualitätssicherung abgerufen und archiviert werden. „Auch wenn der aktuelle Funktionsumfang schon einen erheblichen Effizienzgewinn bringen wird, sind weitere Anwendungen geplant, um zudem die vor- und nachgelagerten Prozessschritte sukzessive digitalisieren zu können“, wirft Exone-Entwickler Michael Fischer einen Blick in die Zukunft. Derzeit arbeitet sein Team unter anderem an der Überwachung und Analyse von Schichten per Kamera und KI-gestützten Funktionalitäten.
Start der digitalen Reise
Die Transparenz bringt nicht nur ein hohes Maß an Prozesssicherheit, sondern erleichtert auch die Produktionsplanung. Aus den Daten zurückliegender Jobs lassen sich Prognosen für künftige Drucke ableiten. So können Schicht- und Produktionspläne optimiert werden. Stillstände, etwa weil ein Druckjob in der Nacht endet und die Maschine erst am folgenden Vormittag wieder in Betrieb gesetzt wird, gehören damit der Vergangenheit an. Auch das Pooling von Aufträgen lässt sich so genauer takten, was die Auslastung und damit die Rentabilität der Maschine erhöht.
Durch die Anbindung an die Cloud kann der Druckerbetreiber die Daten zudem Dritten zugänglich machen. Daraus ergeben sich interessante Perspektiven für künftige Anwendungen, die in anderen Branchen und Unternehmensbereichen teilweise heute schon Realität sind. So kann der Maschinenhersteller auf Basis von Sensordaten Aussagen über den Anlagenzustand oder anstehende Servicearbeiten treffen und im laufenden Betrieb Maßnahmen in die Wege leiten – Stichwort Predictive Maintenance. Der Bedarf an Sand und Bindemittel lässt sich anhand realer Verbrauchsdaten exakt erfassen, die Materiallieferungen just in time automatisieren. Selbst nutzenbasierte Abrechnungsmodelle (Pay-per-Use), bei denen nicht der Drucker selbst bezahlt wird, sondern dessen Nutzung, können mithilfe der Verbrauchs- und Maschinendaten realisiert werden. Die Perspektiven sind vielfältig: „3D-Drucker können das Herzstück einer komplett digitalen Fertigung bilden. Die Anbindung an die Cloud ist der Start der digitalen Reise“, so Eric Bader, Managing Director Exone.
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