29.11.22 – Vakuuminduktionsschmelzen

Neue Ofentechnologie für die Vakuummetallurgie

Durch den Einsatz der Vakuuminduktionstechnologie lassen sich hochreine Kupfer-Titan-Legierungen im industriellen Maßstab herstellen. So gewährleistet etwa das VIDP-Konzept mit einem kompakten Anlagendesign das kontinuierliche Gießen frei von jeglichen Einflüssen der Umgebungsatmosphäre.

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Überall dort, wo Legierungen mit hoher Leitfähigkeit und robusten Materialeigenschaften gefragt sind, werden zunehmend Kupfer-Titan-Kombinationen als vielversprechende Ergänzung des Produktportfolios der kupferverarbeitenden Industrie eingesetzt. © Ald Vacuum Technologies

 
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Ein kompaktes Ofenkonzept, das eine kosteneffiziente Produktion hochreiner Titan-Kupfer-Legierungen ohne das Risiko von Einschlüssen durch Luftkontakt, übermäßigen Wärmeverlust oder nicht realisierbare Zykluszeiten ermöglicht, hat Ald Vacuum Technologies entwickelt. © Ald Vacuum Technologies

 
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Kupfer-Titan-Legierungen gewinnen aufgrund ihrer widerstandsfähigen, hochleitfähigen Eigenschaften im Bereich der industriell gefertigten elektrischen Bauteile zunehmend an Bedeutung. Dieser Trend wird noch dadurch beschleunigt, dass Titan als Legierungselement eine hervorragende Alternative zu Beryllium mit seinen schädlichen Eigenschaften darstellt. Allerdings ist die Herstellung von Kupfer-Titan-Legierungen recht anspruchsvoll und bei offenen Öfen kaum machbar, weil Titan mit fast allen atmosphärischen Gasen reagiert. Dies führt zu erheblichen Qualitäts- und Ausbeuteverlusten.

Ald Vacuum Technologies ist es in jüngster Zeit gelungen, ein kompaktes Ofenkonzept zu entwickeln, das eine kosteneffiziente Herstellung hochreiner Titan-Kupfer-Legierungen ohne die Gefahr von Einschlüssen durch Luftkontakt, übermäßige Wärmeverluste oder nicht realisierbare Zykluszeiten ermöglicht. Um dies zu erreichen, wird eine Vakuumbehandlung durchgeführt. Durch das Vermeiden von Oxidation und den Einsatz spezieller Rühr- und Entgasungstechniken wird die Schmelze so rein wie möglich gehalten. Probenahmen, Legierungszugaben zur Einstellung der Schmelzchemie und Temperaturmessungen sind ohne Unterbrechung des Prozesses möglich. Beim Stranggießen kann der Schmelztransfer ebenfalls unter kontrollierten Bedingungen erfolgen. Das Konzept wird kürzlich in zwei Anlagen in Asien eingesetzt und kann in Zukunft an bestehende Schmelzinfrastrukturen an anderen Produktionsstandorten angepasst werden.

Vielversprechende Alternative

Während es heute verschiedene Verfahrensansätze für die Herstellung von Kupfer-Titan-Legierungen gibt, wurde dem Vakuuminduktionsschmelzen bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. „Die meisten konventionellen Induktionsöfen sind recht groß und für die bei der Herstellung von Kupfer-Titan-Legierungen üblichen Losgrößen nicht sehr praktikabel“, schätzt Andreas Eich ein, Produktmanager Schmelzen bei Ald Vacuum Technologies. „Außerdem findet das konventionelle Induktionsschmelzen meist unter atmosphärischen Bedingungen statt. So reagieren der Sauerstoff und Stickstoff der Luft mit dem Titan und bilden schädliche nichtmetallische Einschlüsse.“

Die Folgen des Kontakts mit der Luft sind eine geringere Reinheit der Schmelze, schlechtere Materialeigenschaften und höhere Produktionskosten aufgrund einer geringeren Titanausbeute. Daher muss der Ofen umfangreich angepasst werden. Insbesondere ist es erforderlich, eine Inertgasatmosphäre zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Hierfür bietet der Einsatz des Induktionsschmelzens unter Vakuum (VIM) eine vielversprechende Alternative. Die (mögliche) Notwendigkeit, die Kupfer-Titan-Schmelze zu einer Stranggussanlage zu transportieren, wo sie wieder der Umgebungsluft ausgesetzt ist, stellt jedoch eine technische Herausforderung dar.

Die Experten von Ald Vacuum Technologies haben es geschafft, das Vakuuminduktionsschmelzen für die Herstellung von Titan-Kupfer-Legierungen im industriellen Maßstab ohne diese Einschränkungen einzusetzen. Dazu wurde das sogenannte VID- (Vacuum Induction Degassing) oder VIDP-Konzept (Vacuum Induction Degassing and Pouring) des Unternehmens auf ein kompaktes Anlagendesign übertragen, bei dem je nach gewählter Anlagenkonfiguration das Schmelzen und Gießen von Brammen vollständig unter kontrollierter Atmosphäre erfolgen kann.

Hochgradig reproduzierbare Ergebnisse

Die Kupfer-Titan-Schmelze wird unter einer kontrollierten Atmosphäre in einem Vakuuminduktionsofen hergestellt. Anschließend wird sie in einer halbkontinuierlichen vertikalen Gießmaschine gegossen, um hochreine Brammen als Ausgangsmaterial für die weitere Verarbeitung in nachfolgenden Schritten wie Warmumformung, Glühen und Kaltumformung herzustellen. Die vakuumdichte Prozessumgebung dieses Konzepts ermöglicht hochgradig reproduzierbare Ergebnisse und eine vorhersehbare Ausbeute, da die Beeinträchtigung der Materialreinheit auf ein Minimum reduziert werden kann. „Der Einsatz von Strangguss ist beim Vakuumschmelzen nicht Standard, da die Kombination im Vakuum meist nicht möglich ist“, betont Eich. „Mit unserer speziellen Lösung lässt sich der Schmelzprozess jedoch prozesssicher mit dem nachgeschalteten Strangguss koppeln.“

In der vakuumdichten Einhausung sind neben dem Induktionsofen selbst auch die bei Ald obligatorische Rinnenkammer sowie die Verteilerkammer und die vom Anlagenbetreiber genutzten Gießeinrichtungen installiert. Alle arbeiten unter Schutzgasatmosphäre. Dies gilt jedoch nur für den VIDP. Bei dem davon abgeleiteten Ofenkonzept VID erfolgt die Schmelzeabgabe an die Stranggießanlage über eine offene Übergaberinne in normaler Umgebungsatmosphäre mit Inertgasumhüllung. Mit dieser Anlage können Chargengrößen von bis zu 30 t produziert werden, was die Herstellung von Kupfer-Titan-Legierungen durch Vakuuminduktionsschmelzen noch wettbewerbsfähiger macht.

Um hohe Reinheitsstandards der Schmelze zu gewährleisten und die gewünschte Mikrostrukturqualität sicherzustellen, werden bei diesen Vakuumöfen zusätzliche Prozess- und Überwachungsfunktionen eingesetzt. Zunächst wird die Schmelze durch das elektromagnetische 3-Phasen-Rührwerk von Ald homogen gehalten, bevor sie an die Stranggießanlage weitergeleitet wird. Dies gewährleistet eine verbesserte Prozesskinetik für die Entgasung und die Entfernung von nichtmetallischen Einschlüssen. Darüber hinaus können die sortenbezogenen Qualitätsanforderungen innerhalb angemessener Prozesszykluszeiten erreicht werden. Zusätzlich lassen sich Probenahmen und Temperaturmessungen ohne Unterbrechung des Vakuums durchführen. „Dies hilft bei der Berechnung, was nachlegiert werden muss, und ermöglicht das Arbeiten innerhalb sehr enger Analysegrenzen. Die Legierungszugabe kann sehr kontrolliert und reproduzierbar erfolgen, da bei diesem Ofenkonzept ein unregelmäßiger Abbrand unter Luftkontakt vermieden wird“, erläutert Henrik Franz, Vice President Research & Development bei Ald.

Anpassbar an bestehende Schmelzinfrastrukturen

Um das Vakuuminduktionsschmelzen als flexible Lösung anbieten zu können, hat das Unternehmen also zwei Varianten im Hinblick auf die Anbindung eines Stranggusses entwickelt. So kann der Kunde je nach Reinheitsanforderung und vorhandener Infrastruktur entscheiden, ob die Schmelzeübergabe an die Gießanlage ebenfalls in einer gemeinsamen vakuumdichten Einhausung komplett unter kontrollierter Atmosphäre erfolgen soll oder ob die Übergabe unter Schutzgasummantelung ausreichend ist.

Eine Anlage in China, die kürzlich in Betrieb genommen wurde, ist zum Beispiel nach dem VID-Konzept gebaut. Dieser Ofen ist mit einem 8-t-Tiegel und einer Schmelzenergieversorgung von 2500 kW ausgestattet. Unter Schutzgasatmosphäre können mehr als 5 t/h geschmolzen und der Gießanlage zugeführt werden. Die zweite Anlage ermöglicht neben dem Schmelzen nach dem VIDP-Konzept auch das Gießen unter kontrollierter Atmosphäre. Beide Konzepte wurden kundenspezifisch angepasst und in bestehende Prozessroutenkonzepte eingefügt. In enger Zusammenarbeit mit Kunden und Stranggusslieferanten erfolgte etwa die Abstimmung der Brammenabmessungen auf die kundenspezifische Weiterverarbeitung. Die Konstruktion von Ald stellte sicher, dass die Verbindung zwischen Ofen und Stranggießanlage präzise und sicher ist.

Erste Ergebnisse zeigen, dass VID beziehungsweise VIDP qualitätsmindernde Einschlüsse reduzieren sowie durch ein besseres Toleranzmanagement und eine erhöhte Ausbeute zur Senkung der Prozesskosten beitragen. „Die bewährte Kombination aus vakuumbasiertem Schmelzen mit gleichzeitiger Probenahme und einem wirtschaftlich sinnvollen Stranggießsystem liefert eine hervorragende Produktqualität in geeigneten, an die Weiterverarbeitung angepasste Dimensionen“, resümiert Stefan Lemke, Vice President Melting & Remelting bei Ald.

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