05.10.21 – Lager-Säge-Kombination

Kompletter Materialfluss automatisiert

Um den Herausforderungen im immer härteren internationalen Wettbewerb begegnen zu können, setzt die Stahlhandelsgesellschaft Weser Stahl im niedersächsischen Stuhr-Brinkum konsequent auf Automatisierung. Herzstück der Intralogistik ist seit Kurzem ein kombiniertes Lager-Säge-System von Kasto.

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Ein vollautomatisches Kragarmlager vom Typ „Kastocenter varioplus 4“ sorgt heute bei Weser Stahl für einen effizienten, ergonomischen Materialfluss. © Kasto Maschinenbau

 
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Die Ein- und Auslagerung des Langguts übernimmt ein Regalbediengerät, das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 m/min über dem Regalblock verfährt. © Kast Maschinenbau

 
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Energiewirtschaft, Ernährungsindustrie oder Baugewerbe: In vielen Branchen zählt Stahl zu den am häufigsten verwendeten Materialien. Dabei kommt er in so unterschiedlichen Anwendungen zum Einsatz, wie es Werkstoffe gibt. Denn natürlich ist Stahl nicht gleich Stahl: Weltweit existieren heute mehr als 2500 genormte Sorten, vom einfachen Baustahl bis zu hochwertigen Speziallegierungen. Diese wiederum sind in einer Vielzahl von Abmessungen und Geometrien erhältlich. Das macht den Handel mit Stahl zu einer echten Herausforderung: Denn wer im immer härteren internationalen Wettbewerb erfolgreich sein will, muss seinen Kunden das benötigte Material jederzeit zuverlässig und in der gewünschten Konfektionierung zur Verfügung stellen können.

Mit dieser Aufgabenstellung ist man bei der Weser Stahl Handelsgesellschaft nur zu gut vertraut. Das Unternehmen mit Sitz im niedersächsischen Stuhr-Brinkum bei Bremen ist seit vielen Jahren auf den Handel mit warmgewalztem und geschmiedetem Stabstahl, Stahlrohren und Blankstahl spezialisiert. Weser Stahl ist Teil der Westfälischen Stahlgesellschaft, einer inhabergeführten Firmengruppe mit vier Standorten in Deutschland, die Stahlhandel, Blankstahlherstellung und Werkstoffanalytik unter einem Dach vereint. Vom Standort Stuhr aus werden hauptsächlich Kunden in Norddeutschland und Skandinavien beliefert. Pro Jahr verkauft die Gruppe rund 250 000 t Material, davon entfallen etwa 30 000 t auf Weser Stahl.

Steigende Auftragszahlen, sinkende Losgrößen

Besonders hoch ist dabei der Anteil der angearbeiteten Produkte: Mehr als die Hälfte der Lieferungen verlassen die Lager- und Produktionshallen in Stuhr in bereits zugeschnittener Form – mit steigender Tendenz, wie Dr. Markus Krummenerl, geschäftsführender Gesellschafter von Weser Stahl, feststellt: „Unsere Kunden lagern immer mehr Bearbeitungsschritte aus, um eigene Kapazitäten einzusparen. Daher erweitern wir unser Portfolio auf diesem Gebiet stetig, um so viele Wünsche wie möglich zuverlässig erfüllen zu können.“ Das bedeute aber auch, dass die Aufträge immer individueller werden, sagt Krummenerl: „Die Anzahl der Bestellungen steigt, während gleichzeitig die Losgrößen sinken. Das stellt unsere Fertigungs- und Logistikprozesse natürlich vor eine große Herausforderung.“

Um diese bewältigen zu können, setzt Weser Stahl auf einen hochmodernen Maschinenpark. Mehrere Band- und Kreissägen stehen für den Zuschnitt der verschiedenen Materialien bereit. Lieferant ist seit vielen Jahren Kasto: Die Maschinen des Herstellers aus dem süddeutschen Achern sind aufgrund ihrer Qualität und Leistungsfähigkeit in der gesamten Firmengruppe etabliert. „Wir schätzen Kasto als kompetenten Partner, der auch für individuelle Anforderungen immer eine geeignete Lösung in petto hat“, berichtet Krummenerl. Daher wandten sich die Verantwortlichen bei Weser Stahl auch mit einem weiteren ambitionierten Projekt an den Säge- und Lagertechnikspezialisten.

Mannloser Betrieb entlastet die Mitarbeiter

Ziel war es, die Versorgung der Sägen zu automatisieren und einen weitgehend mannlosen Betrieb zu ermöglichen, um die steigenden Auftragszahlen zu bewältigen und die immer umfangreicheren Anarbeitungswünsche der Kunden zu erfüllen. „Ein weiterer wichtiger Aspekt für uns war die Arbeitssicherheit“, ergänzt Krummenerl. „Wir wollten das Umfeld für unsere Mitarbeiter ergonomischer gestalten und ihnen die tägliche Arbeit erleichtern – damit beugen wir aktiv Unfällen und Verletzungen vor.“ Bislang wurde das Material manuell per Hallenkran auf die Sägen transportiert – ein aufwendiger und nicht ungefährlicher Prozess bei den teils tonnenschweren Stäben und Rohren. „Wir haben uns daher an Kasto gewandt und gebeten, verschiedene Lösungsvorschläge zu erarbeiten.“

Detaillierte Berechnungen der Acherner ergaben, dass sich ein vollautomatisches Kragarmlager für diesen Anwendungsfall am besten eignete. Weser Stahl entschied sich daher für das System vom Typ „Kastocenter varioplus 4“: Es bietet auf einer Höhe von knapp 8 m mit 1398 Fächern Platz für Materialien bis 7 m Länge. Die nutzbare Ladehöhe der Kragarmfächer liegt zwischen 50 und 430 mm, die maximale Traglast pro Fach beträgt 4 t. Die Ein- und Auslagerung des Langguts übernimmt ein Regalbediengerät (RBG), das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 m/min über dem Regalblock verfährt. An das Lager angebunden sind zwei ebenfalls vollautomatische Produktionskreissägen vom Typ „Kastovariospeed“ und eine Bandsäge der Baureihe „Kastotec“.

Intelligente Lagerverwaltung spart Zeit und Wege

Rund 20 % des Lagerbestands von Weser Stahl sind in dem Kasto-System aufbewahrt. Welche das sind, entscheidet die Erfahrung, erläutert Verkaufsleiter Stieven Harder: „Wir wissen, bei welchen Artikeln wir häufig Zuschnitte benötigen, und lagern die zu sägenden Materialien gezielt hier ein.“ Das Langgut wird in der Regel bundweise per Lkw angeliefert, entladen und mithilfe eines Transportwagens eingelagert. Für die Wahl eines geeigneten Kragarmfachs ist die Lagerverwaltungssoftware „Kastologic“ zuständig. Sie sorgt dafür, dass das RBG zeit- und wegeoptimiert arbeitet und hält somit die Zugriffszeiten kurz. „Darüber hinaus haben wir zum Schutz vor Rost getrennte Lagerbereiche für Blank- und für Walzstahl“, fährt Harder fort. „Die entsprechenden Vorgaben sind ebenfalls in der Software hinterlegt.“ Über eine eigens geschaffene Schnittstelle ist Kastologic zudem an das übergeordnete ERP-System bei Weser Stahl angebunden – das erhöht die Transparenz und erleichtert das Weitergeben von Auftragsdaten.

Über Rollenbahnen gelangt das ausgelagerte Material zur jeweiligen Säge. Davor befindet sich eine Wechselstation als zusätzlicher Puffer, um Wartezeiten zu vermeiden. Die beiden Kastovariospeed-Kreissägen verfügen über einen Schnittbereich bis 150 mm, die Bandsäge „Kastotec FC 4“ ist für größere Materialien bis 430 mm Durchmesser geeignet. „Diese Säge war schon vor dem Bau des Lagers bei uns im Einsatz“, erzählt Harder. „Kasto hat sie einfach in das neue System integriert und zusätzlich die beiden Kreissägen installiert.“

Auch materialabfuhrseitig setzt Weser Stahl auf Automatisierung: Die Kastotec ist mit einem Scheibenwende- und Stapelsystem ausgestattet, die beiden Kastovariospeed-Sägen jeweils mit einem Industrieroboter, der die gesägten Abschnitte selbstständig entnimmt und auftragsbezogen auf Paletten stapelt. Die automatisierten Peripheriesysteme inklusive der Roboterintegration kommen ebenfalls aus dem Hause Kasto und sind von der Mechanik und Elektrik bis zur Software eng auf die Sägeautomaten und das Lagersystem abgestimmt. „Wir haben damit einen durchgängigen Materialfluss geschaffen, der bei Bedarf auch komplett mannlos funktioniert – und das rund um die Uhr“, so Harder. „Das bedeutet eine enorme Effizienz- und Leistungssteigerung sowie gleichzeitig ergonomischere Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter.“

RBG als Sonderanfertigung

Reststücke werden über die Fördertechnik und das RBG zurückgelagert. Letzteres verfügt über eine spezielle Modifikation, sodass es nicht nur einen, sondern auch mehrere Stäbe gleichzeitig transportieren kann. „In der Standardausführung war das nicht möglich, aber Kasto hat das Gerät entsprechend unseren Wünschen umgebaut – in seiner jetzigen Form ist es weltweit einzigartig“, berichtet Harder. Und Krummenerl ergänzt: „An diesem Beispiel sieht man deutlich, wie gut Kasto auf die individuellen Anforderungen seiner Kunden eingeht. Egal, ob bei der Umsetzung von Sonderanfertigungen oder bei der Betreuung nach Inbetriebnahme: Wir fühlen uns rundum sehr gut aufgehoben.“

Der gemeinsame Weg zu mehr Automatisierung ist jedoch noch nicht am Ende: Aktuell planen Weser Stahl und Kasto gemeinsam mit der Firma Jungheinrich, die Sägen an ein fahrerloses Transportsystem anzubinden. Dieses FTS soll die Paletten mit den gestapelten Abschnitten aus dem Arbeitsbereich der Kastosort-Roboter abtransportieren und im Versandlager bereitstellen. „Die entsprechende Peripherie dafür hat Kasto bereits geschaffen“, berichtet Harder. „Zum Beispiel ist die Schutzumhausung der Sägen jeweils mit einem Rolltor und Lichtschrankentechnik ausgestattet, durch das das FTS problemlos ein- und ausfahren kann.“ Auch auf der Softwareseite kooperieren die beteiligten Unternehmen eng miteinander, um ein reibungsloses Zusammenspiel aller Komponenten sicherzustellen. „Zudem planen wir mit Kasto bereits ein weiteres Lager an unserem Standort in Plettenberg“, erzählt Krummenerl. „Wir sind froh, einen so kompetenten Partner an der Seite zu haben, der uns mit zuverlässiger Technik und frischen Ideen unterstützt.“

Kasto Maschinenbau GmbH & Co. KG
Industriestraße 14
77855 Achern
Tel.: +49 7841 610
kasto@kasto.com
www.kasto.com

Weser Stahl Handelsgesellschaft mbH & Co. KG
Bergiusstraße 6
28816 Stuhr
Tel.: +49 421 871580
weserstahl@ws-stahl.de
www.ws-stahl.de