04.09.24 – Edelstahl rostfrei
Designer-Brücken: "form follows function"
Auf der gesamten Welt nähern sich Brücken dem Ende ihrer Lebensdauer; Stichwort Korrosion. Daher gewinnen nun neue, zukunftsweisende Brücken aus rostfreiem Edelstahl an Bedeutung und fließen ins Brücken-Design ein.
Die Herausforderungen an Brücken sind immens: Sie müssen jeder Witterung und aggressiven korrosiven Einwirkungen für mindestens 100 Jahre standhalten, so der Wunsch der Ingenieure und Nutzer von gestern. Hohes Aufkommen von Auto- oder Zugverkehr, Vibrationen, Windlast, Eis, Tausalz, salzhaltige Luft in Küstengebieten sowie Schwefeldioxid-Emissionen von Industrie und Autoverkehr kennzeichnen das gesamte Bedrohungsspektrum, dem Brücken ihr Leben lang in unterschiedlicher Intensität ausgesetzt sind. Für die langfristige Integrität dieser Bauwerke sind deshalb hohe Festigkeit der eingesetzten Werkstoffe und überlegene Korrosionsbeständigkeit der Konstruktion entscheidend.
Baustahl versus Edelstahl
Edelstahl Rostfrei und hier vor allem nichtrostende Duplex-Stähle gehen bei Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit keine Kompromisse ein: Im Vergleich der Herstellungskosten schneidet nichtrostender Stahl zunächst schlechter als herkömmlicher Baustahl ab. In der Lebenszeitbetrachtung jedoch ist eine Brückenkonstruktion mit Edelstahl nicht nur langlebiger, sondern auch deutlich kostengünstiger. Während andere Materialien häufige Wartung, regelmäßige Schutzanstriche und Reparaturen erfordern, bewahren nichtrostende Stähle ihre Unversehrtheit ohne oder nur mit geringem Wartungsaufwand über die gesamte Lebensdauer. In der Gesamtbetrachtung sind sie deshalb eine nachhaltige und wirtschaftlichere Option. Duplex-Edelstähle ermöglichen durch ihre besonders hohe Festigkeit und Duktilität zudem schlankere Konstruktionen mit weniger Materialeinsatz und folglich auch weniger Gewicht. Weniger Materialeinsatz geht einher mit Einsparungen bei Kosten, Montagezeit, Transportvolumen und Schonung der Umwelt.
"Form follows Function"
Zukunftsweisende Brückenbeispiele, für deren Konstruktion Edelstahl eingesetzt wurde, gibt es auf der ganzen Welt. Ob für Fußgänger, Radfahrer, Autos oder für die Eisenbahn: Die guten Umform- und die Schweißeigenschaften nichtrostender Stähle erschließen nahezu grenzenlose Gestaltungsmöglichkeiten und mehr als 100 Jahres Lebensdauer. Legendär ist die Helix Bridge in Singapur, deren Formgebung als Doppelhelix zu einem Wahrzeichen des tropischen Stadtstaats wurde. Für alle Stahlteile wie Deckbalken, Ringelemente und Tragwerkverbindungen wurde der ferritisch-austenitische Duplex-Stahl 1.4462 verwendet. Er gewährleistet in dem aggressiven Meeresklima der Marina Bay die dauerhafte Korrosionsbeständigkeit der aufwendigen Konstruktion. Bei diesem Edelstahl trägt neben dem hohen Chromgehalt von über 21,5% auch ein Legierungsanteil von 2,5% bis 3,5% Molybdän entscheidend zu der hohen Beständigkeit gegen Spalt- und Lochkorrosion bei.
Eine komplette Hülle aus einem Spiralgewebe ummantelt die 250m lange Pasarela del Arganzuela im Manzanares Park in Madrid. Die von Dominique Perrault entworfene glänzende Helix ist eine zweiteilige selbsttragende Stahlkonstruktion als Überweg für Fußgänger und Radfahrer. Die scheinbar mit leichter Hand geschlungene Hülle aus 4.500 qm Edelstahlgewebe bietet sicheren Schutz vor Sonne, Wind und Regen. Zugleich erlaubt sie die ungehinderte Sicht nach außen und den Einfall von Tageslicht.
An die Grenzen gehen
Weltweit sind Hängebrücken in schwindelerregender Höhe Touristenmagneten. Komplett aus Edelstahl und mit einer Geländerfüllung aus Edelstahlnetz besteht die Blackforestline, eine Hängebrücke bei Todtnau im Hochschwarzwald. 450m lang und 120m hoch über Grund gewährt sie einen spektakulären Blick auf die Wasserfälle von Todtnau. In Amsterdam steht sogar die weltweit erste Brücke, die komplett aus Edelstahl durch einen 3D-Drucker entstand. Sie überspannt die Oudezijds Achterburgwal, eine der ältesten und berühmtesten Grachten im Zentrum der Stadt. Ein Industrieroboter baute die 6,3m breite und 12m lange Brücke aus 4,9 t Edelstahlpulver Schicht um Schicht auf.
Korrosionsschutz im Verborgenen
Edelstahl sorgt aber auch im Verborgenen bei herausragenden Konstruktionen von Fußgängerbrücken für Sicherheit und besondere Zuverlässigkeit. Beispielhaft dafür steht die Gateshead Millennium Brücke in Großbritannien, die als kombinierte Fußgänger- und Fahrradbrücke Gateshead mit Newcastle verbindet. Zwei gigantische Bögen verleihen ihr ein unverwechselbares Aussehen. Ein Bogen überspannt die Brücke in Längsrichtung. Der zweite Bogen dient in horizontaler Position als Deck zur Überquerung. Um Schiffen die Durchfahrt unter der Brücke zu ermöglichen, rotiert die 900t schwere Brücke um ihre Längsachse. Dann kippen acht Motoren entlang der beiden Auflagepunkte den Bogen mit der Lauffläche um bis zu 45 Grad. In dieser Position des Bogens erinnert die Brücke an ein blinzelndes Auge, was ihr den Spitznamen Blinking Eye einbrachte. Vier Gleitlager tragen die Brücke, auf jeder Flussseite ein festes und ein bewegliches Lager. Edelstahlgehäuse schützen die Gleitlagerbuchsen dauerhaft vor Korrosion.
Die Beispiele verdeutlichen das hohe Potenzial und das breite Anwendungsspektrum von nichtrostenden Stählen im Brückenbau. Trotz höherer Herstellungskosten überzeugt Edelstahl Rostfrei in der Betrachtung der Lebenszykluskosten von Planung, Entwurf, Bau über Betrieb, Instandhaltung bis hin zu Rückbau und Recycling als umweltfreundliche und kostengünstigere Wahl für moderne Brücken.
Info
Das international geschützte Markenzeichen "Edelstahl Rostfrei" wird seit 1958 durch den Warenzeichenverband Edelstahl Rostfrei e.V. an Verarbeiter und Fachbetriebe vergeben. Die derzeit über 1100 Mitgliedsunternehmen verpflichten sich zum produkt- und anwendungsspezifisch korrekten Werkstoffeinsatz und zur fachgerechten Verarbeitung. Missbrauch des Markenzeichens wird vom Verband geahndet.