07.06.20 – Erosionsschutz

Stabile Blasen und ein Wasserläufer machen's

Forscher der Universität Magdeburg haben ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe eine durch Flüssigkeitsströme verursachte Materialschädigung – die sogenannte Kavitationserosion – in Schiffschrauben oder Turbinen künftig verhindert werden kann.

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Durch Kavitation in Wasser geschädigte Metalloberfläche aus Silber: Elektronenmikroskopie-Aufnahme. © Uni Magdeburg

 

Ursache für diese Erosion, selbst von Stahl, sind so genannte Kavitationsblasen. Strömt Flüssigkeit mit hoher Geschwindigkeit oder umgekehrt: bewegt sich ein Objekt sehr schnell durch eine Flüssigkeit, bilden sich an den Oberflächen Blasen. Dies geschieht beispielsweise an Schiffspropellern, in Pumpen, Düsen oder selbst an künstlichen Herzklappen. Dieser physikalische Effekt wird als Kavitation bezeichnet. Die dabei entstehenden Blasen brechen nach kurzer Zeit implosionsartig in sich zusammen. Dabei entsteht extremer Druck über 1000 bar. Diese Kräfte führen zum Beispiel an einer sich schnell drehenden Schiffsschraube zur stetigen Erosion des Materials.

„Materialschädigung durch Kavitationsblasen ist ein sehr altes und vor allem noch ungelöstes Problem in Maschinen und Anlagen“, sagt der Claus-Dieter Ohl von der Fakultät für Naturwissenschaften. Er leitet dort im Institut für Physik die Abteilung Physik der weichen Materie: „Mit dem Beginn der motorgetriebenen Transatlantik-Schifffahrt im 19. Jahrhundert hat man bemerkt, dass die Schiffspropeller nur eine einzige Überfahrt überstehen."

Obwohl weltweit viele Gruppen an der Kontrolle von Kavitation und deren Schädigung arbeiteten, hätten es Materialwissenschaftler bisher aber nicht geschafft, zum Beispiel Legierungen zu finden, die resistent gegen die Erosion durch Kavitation seien, berichtet Ohl. „Wir sind mit unserer Forschung deshalb einen anderen Weg gegangen und haben nicht das Material selber verändert, sondern dessen Oberflächenstruktur, so dass die Kavitationsblasen erst gar keinen Kontakt mit der Oberfläche finden und somit sie auch nicht zerstören können.“

Mikroskopisch feine Löcher gebohrt

Das Verfahren basiert darauf, die Oberflächen so zu verändern, dass die Kavitationsblasen von ihnen abgestoßen werden. Hierzu wurden in die Oberflächen - zum Beispiel in Metall - mikroskopisch kleine Löcher gebohrt. Die spezifische Struktur dieser Löcher führt zur Bildung von Gasblasen an der Oberfläche, die extrem wasserabweisend wirken. Wenn sich nun Kavitationsblasen diesem „Schild“ aus Gasblasen nähern, werden sie regelrecht abgestoßen und an der Erosion des Materials gehindert. Diese Abstoßung konnte sowohl experimentell als auch mit mathematischen Modellen bewiesen werden.

Die größte Herausforderung dabei sei gewesen, die durch die Löcher entstandenen Gasblasen an den Oberflächen zu stabilisieren, sagt der Materialforscher, „Hier haben wir uns einen Trick von der Natur abgeschaut. Die Öffnungen im Material haben eine ähnliche Struktur wie der Brustbereich von Meerwasserläufern ‚Halobates germanus‘. Der Wasserläufer braucht für seinen Auftrieb stabile Gasblasen am Körper. Genauso wie die Natur benötigen wir auch keine chemische Behandlung, um die Oberflächenstrukturen wasserabweisend zu machen.“

Die Forschungsergebnisse entstanden in Kooperation mit Prof. Himanshu Mishra der renommierten King Abdullah University of Science and Technology, KAUST, in Saudi- Arabien. Die Methodik wurde bereits beim Europäischen Patentamt eingereicht. Ziel der weiteren wissenschaftlichen Zusammenarbeit ist es, daraus ein marktreifes Verfahren zu entwickeln, um kavitationsgefährdete Oberflächen preisgünstig zu behandeln.

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Fakultät für Naturwissenschaften
Universitätsplatz 2
39106 Magdeburg
Ansprechpartner ist Claus-Dieter Ohl
Tel.: +49 391 6758936
claus-dieter.ohl@ovgu.de
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