21.02.19

Sonderforschungsbereich „Mikro- Kaltumformen“ abgeschlossen

Wie können kleine Bauteile günstig massengefertigt und geformt werden, so dass sie auch unter Hochbelastung einwandfrei funktionieren? Mit dieser Frage hat sich der Sonderforschungsbereich 747 „Mikro-Kaltumformen“ der Universität Bremen zwölf Jahre lang beschäftigt.

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Wenn etwa das Ende eines eingespannten Drahts per Laserstrahl erhitzt wird, formt sich das geschmolzene Material zu einer Kugel, zur der so genannten Massevorverteilung. Die kugelförmige Masse kann etwa durch Rundkneten weiterverarbeitet werden: endloser Teileverbund. © Ulrich Reiß

 
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Das Verfahren ermöglicht unter anderem, kleine Metallkugeln aus dem Stoffanhäufen präzise und abfallfrei zu verändern. © Bias

 

Special research field “Micro Cold Forming” finished

How can small components be mass produced and formed so that they function flawlessly even under heavy load? The special research field 747 Micro Cold Forming at the University of Bremen has successfully been working on this question for twelve years.

Funktionsteile werden immer winziger. Oft haben sie gerade noch die Größe eines Reiskorns. Solche geringen Maße ermöglichen Anwendungen, die noch vor Jahren undenkbar waren. In Autos, Smartphones, Hörgeräten, Uhren und weiteren Geräten werden millionenfach Mikro-Komponenten verbaut. Sie leisten die gleiche Arbeit, für die früher noch Bauteile in Streichholzschachtel-Größe notwendig waren. Die kleinen Teile bringen aber auch völlig neue Herausforderungen mit sich, vor allem bei der Herstellung und Bearbeitung.

Neue Ansätze für die Massenfertigung

Wie sie schnell und günstig massengefertigt und geformt werden können, damit hat sich der Sonderforschungsbereich(SFB) 747 „Mikro-Kaltumformen“ der Universität Bremen zwölf Jahre lang befasst.„Im Kern ging es darum, verlässliche Prozesse und Methoden für die umformtechnische Herstellung metallischer Mikrokomponenten in der Massenfertigung zu erforschen“, sagt Frank Vollertsen, der Sprecher des SFB 747. Durch Miniaturisierung und kürzer werdende Prozesszyklen stießen herkömmliche Herstellverfahren an ihre physikalischen Grenzen: „Wir haben die Ursachen für diese Grenzen erforscht und Ansätze entwickelt für die systematische Auslegung und den sicheren Einsatz von Umformprozessen metallischer Mikrobauteile.“

Betrachtet wurde dabei die komplette Prozesskette von der Materialentwicklung, den vor- und nachgeschalteten Schritten bis hin zur Planung. Ein industrieller Arbeitskreis begleitete die Forschungen von Anfang an. In der letzten Projektphase 2014 bis 2018 ging es um die Überführung der Forschungsergebnisse in die Praxis. Neben vier Transferprojekten brachte die Nähe zur Industrie im Laufe der Jahre weitere Formen von Austausch und Kooperation mit sich.

Fortschritt durch Stoffanhäufen und Rundkneten

Ein Beispiel ist das so genannte Stoffanhäufen. Während Metall im Makrobereich beim Kaltumformen oft in mehreren Schritten gestaucht wird, sind im Mikrobereich aufgrund physikalischer Effekte Umformprozesse in nur insgesamt zwei Schritten realisierbar. „Wenn zum Beispiel das Ende eines eingespannten Drahts durch einen Laserstrahl erhitzt wird, formt sich das geschmolzene Material zu einer Kugel – der so genannten Massevorverteilung“, erläutert Vollertsen. „Diese kugelförmige Masse kann nun weiterverarbeitet werden, etwa durch Rundkneten. Auch dieses Rundkneten ist einer unserer Forschungsschwerpunkte gewesen.“ Das Verfahren ermöglicht unter anderem, die kleine Metallkugel aus dem Stoffanhäufen präzise und abfallfrei zu verändern. Das Metall kann weiter verfestigt und damit noch widerstandsfähiger gemacht werden. Auch Kombinationen aus verschiedenen Materialien lassen sich damit herstellen.

Ein anderes Beispiel ist die schnelle Qualitätsprüfung von Mikroteilen, die der SFB durch Einsatz digitaler Holografie ermöglicht hat. Dabei wird ein Werkstück mit einem Teil des Laserlichts beleuchtet. Das reflektierte Licht wird mit dem ursprünglich ausgestrahlten Teil des Laserlichts überlagert. „Wir bekommen so in guter Bildqualität und bei sehr schneller Messzeit aussagekräftige 3D-Informationen über das Bauteil“, sagt Frank Vollertsen. Die Auswertung erfolgt durch Bildverarbeitung und künstliche Intelligenz. „Innerhalb von Sekundenbruchteilen muss bewertet werden, ob ein winziges Bauteil den Qualitätsmaßstäben entspricht oder aber Ausschuss ist. Mit dem entwickelten Verfahren ist das heute möglich.“

Verfahren zur Werkzeugherstellung und -bearbeitung

Ein weiterer Bereich war die Entwicklung neuer Herstell- und Bearbeitungsverfahren für Werkzeuge,etwa solcher aus Diamant oder temperaturempfindlichen Materialien wie Formgedächtnis-Legierungen. „Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren erhebliche Expertise aufgebaut. Unsere Arbeit wird natürlich mit dem Auslaufen des Sonderforschungsbereiches nicht enden“, bilanziert Vollertsen. Bei der Gestaltung von Umformprozessen und bei der Werkzeugherstellung wird im Fachbereich Produktionstechnik und an den Instituten weiter geforscht, und die Produkte wie der im SFB entwickelte Prototyp zur Prüftechnik in Hohlräumen zur Endkontrolle von Mikrobauteilen wird zur Marktreife gebracht.

Nach der Maximalförderung von zwölf Jahren schloss Ende 2018 die Laufzeit des SFB 747. Bei der Erforschung von Grundlagen für die Massenherstellung von Mikrobauteilen waren die Wissenschaftler erfolgreich. Am gemeinsamen Ziel forschten 60 Experten in 17 Grundlagen- und vier Transferprojekten. Letztere wurden zusammen mit Industriepartnern umgesetzt.

Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS)

 Klagenfurter Straße 5

 28359 Bremen

 Ansprechpartner ist Frank Vollertsen

 Tel.: +49 421 218-58001

 info-mbs@bias.de

 www.sfb747.uni-bremen.de

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