16.03.20 – Künstliche Intelligenz
Psychologie trifft Produktion
Wie geht die vernetzte Fertigung mit Störungen um? Dies ist Gegenstand des dreijährigen Projekts „Spaicer“, das sich in einem Ideenwettbewerb des BMWI durchsetzen konnte. Ab Januar 2020 soll es praxistauglich umgesetzt werden. Jetzt werden industrielle Partner gesucht.
35 Projekte hatten sich beworben. Durchsetzen konnte sich die Konzeptidee „Skalierbare adaptive Produktionssysteme durch KI-basierte Resilienzoptimierung“ (Spaicer). Erarbeitet hat sie das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen zusammen mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken und dem Institut für Technologie und Innovationsmanagement (TIM) der RWTH. Den Ideenwettbewerb „Künstliche Intelligenz (KI) als Treiber für wirtschaftlich relevante Ökosysteme“ ausgelobt hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Ansatz ist, für produzierende Unternehmen in Wertschöpfungsnetzwerken ein Rahmenmodell für KI-basiertes Resilienzmanagement zu entwickeln.
In der Psychologie beschreibt Resilienz die Fähigkeit eines Menschen, mit kritischen Situationen umzugehen oder schnell in einen Zustand vor diesen kritischen Situationen zurückzukehren. Resilienz besteht also dann, wenn Menschen Prozesse, Methoden und Verhaltensweisen einsetzen oder entwickeln, die sie vor möglichen negativen und nachhaltigen Auswirkungen der Stressoren schützen.
Auf der Basis hybrider KI-Plattformen und ökonomischer und rechtlicher Nutzungskonzepte wolle man die Grundlagen schaffen für ein „Smart-Resilience-Service-Ökosystem“ für verschiedene Akteure in Produktionsnetzwerken, beschreibt Wolfgang Maaß die Aufgaben des Projekts. Er ist wissenschaftlicher Leiter des DFKI in Saarbrücken. „Spaicer soll klären, wie weit wir das Konzept der Resilienz aus der Psychologie mittels KI in die Produktion übertragen können“, sagt Daniel Trauth, Oberingenieur am WZL der RWTH Aachen und Leiter des Bereiches Digitale Transformation von Fertigungsverfahren. Außerdem solle untersucht werden, wie viele Störungen ein Netzwerk aus Maschinen, Menschen und Märkten ertragen kann, bevor Qualität, Kosten oder Produktionszeiten nachhaltig aus dem Ruder laufen.
Kontakt mit Industrie entscheidend
Der Kontakt mit Industrie und Wirtschaft ist dabei essenziell für den Projekterfolg. Nur so können die Bedarfe richtig identifiziert und bewertet werden. „Unternehmen scheitern häufig an der Kernaufgabe, auf eine sich verändernde Umwelt, wie neue Marktteilnehmer, andere Kundenbedürfnisse, technologischen Wandel oder ähnliches, mit einer geeigneten Transformation der eigenen operativen, aber auch strategischen Ausrichtung schnell genug zu reagieren“, berichtet Christian Gülpen, Bereichsleiter Digitalisierung am Institut für Technologie und Innovationsmanagement an der RWTH Aachen. Dies sei eine der Ursachen dafür, dass viele etablierte Unternehmen Schwierigkeiten beim Umgang mit Start-Ups haben. Die Ursachen für diese organisationale Trägheit seien vielfältig. Im Rahmen von Spaicer sollen deutsche Unternehmen mit einer Kombination aus KI und Plattform-Ökonomie dabei unterstützt werden, diese Herausforderungen in Wettbewerbsvorteile zu verwandeln.
15. April ist das Projekt gestartet. Die Forscher werden das Konzept in den kommenden vier Monaten so ausarbeiten, dass es in einer dreijährigen Umsetzung ab Januar 2020 praxisrelevant realisiert werden kann. August 2019 wird es zuvor von einer unabhängigen Jury bewertet. Interessierte Unternehmen sind eingeladen, die Forscher von WZL, DFKI und RWTH TIM zu beraten. Hierfür bereit stehen auf der Internetseite des Projekts ein unverbindlicher Fragebogen, ein Letter of Intent – sprich: Absichtserklärung – sowie Kontaktmöglichkeiten.
RWTH Aachen University
Cluster Produktionstechnik
Werkzeugmaschinenlabor (WZL)
Campus-Boulevard 30
52074 Aachen
Ansprechpartner ist Daniel Trauth
Tel.: +49 241 80-27999