28.09.23 – 110 Jahre E.W.Menn

Florian A. Münker im Interview

Die Hochleistungs-Gewinde- und Profilwalzmaschinen von E.W.Menn bewähren sich zuverlässig im rauen Industriealltag in nunmehr über 40 Ländern der Welt.

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1913 : Der Schlossermeister und Firmengründer Ernst Wilhelm Menn, sein kleiner Sohn Oswald sowie vier Mitarbeiter haben sich mitsamt einem Auto, einem Motorrad und einem Fahrrad vor der Werkstatt für den Fotografen in Position gestellt. © EWMenn

 
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Florian Alexander Münker © E.W.Menn

 
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Die E.W.Menn GmbH & Co. KG Maschinenfabrik hat Industriegeschichte geschrieben und blickt in diesem Jahr auf ihr 110jähriges Bestehen zurück. Heute ist das Unternehmen Teil der Wafios AG.

Chefredakteur Tilo Michal hat sich mit dem Geschäftsführer von E.W.Menn, Florian Alexander Münker, unterhalten.

UM: Starten wir doch gleich etwas provokant: E.W.Menn-Maschinen sind sicherlich nicht die günstigsten im Markt…

Münker: Dafür erhalten unsere Kunden jedoch Spitzenprodukte – mit individuellen Lösungen und dementsprechendem Mehrwert. Fast alle Maschinen von E.W.Menn unterscheiden sich heutzutage und sind für kundenindividuelle Anwendungsfälle ausgelegt. So manche unserer Spezialmaschinen verfügt über mehr spezifische Sonderausstattungen als über die umfangreichen, generell erhältlichen Serienausstattungen ohnehin verfügbar. Und selbstverständlich sind diese Sonderausstattungen frei konfigurierbar.

UM: Sind Sie in allen Sparten der Umformung vertreten?

Münker: Auf E.W.Menn-Maschinen entstehen seit jeher hochpräzise und hochfeste Produkte in Form von Schrauben oder Verbindungselementen für die Bau- und Automobilbranche, die Luft- und Raumfahrt-, Möbel- oder Elektroindustrie. Auch für im optischen Bereich eingesetzte Kleinstbauteile sowie für Bauteile der wachsenden E-Mobilitätssparte stehen Maschinenbaulösungen zur Verfügung, ob kaltgewalzt oder induktiv vorerwärmt, ob vorab mit Unterlegteilen kombiniert oder als kopfloses Teil gefertigt.

UM: 110 Jahre Geschichte, das ist stattlich…

Münker: Hier in unserem Besprechungszimmer hängt ein altes Foto aus den Anfangsjahren: Schlossermeister Ernst Wilhelm Menn, sein kleiner Sohn Oswald sowie vier Mitarbeiter haben sich mitsamt einem Auto, einem Motorrad und einem Fahrrad vor der Werkstatt für den Fotografen in Position gestellt. Am 1. September 1913 hat der Firmengründer seine Schlosserwerkstatt in Hilchenbach eröffnet. Der Großvater ist ein begabter Erfinder gewesen: Für die Filzfabrik im benachbarten Allenbach etwa hat er eine Tauchmaschine für Filzdecken gebaut und eine Tabakblattzerreißmaschine konstruiert, die die Rispen aus den Tabakblättern entfernte. Hauptsächlich sind anfangs Werkzeuge für die heimische Industrie hergestellt sowie Schlosser- und Reparaturarbeiten aller Art ausgeführt worden. Die Zusammenarbeit mit der Schraubenindustrie begann darauffolgend bereits Ende der 1920er Jahre. Damals wurden die ersten Schraubenkopf-Schlitzmaschinen entwickelt und gebaut, gefolgt von der ersten Gewindewalzmaschine Ende der 40er Jahre. 1954 übernahm der Sohn des Gründers, der Maschinenbaumeister Oswald Menn, die Führung des Unternehmens und führte es in den folgenden Jahrzehnten zur weltweiten Technologie- und Marktführerschaft innerhalb der Branche. Wesentlichen Anteil an diesem Erfolg hat, dies wurde von Oswald Menn immer betont und an seinen Sohn Ernst Walter weitergegeben, die Belegschaft mit ihren qualifizierten Facharbeitern, ohne die eine solch positive Entwicklung des Unternehmens niemals möglich gewesen wäre.

UM: War die Firma immer regional aufgestellt?

Münker: Nein, bereits in den 1930er-Jahren wurden die ersten in Hilchenbach hergestellten Maschinen ins Ausland exportiert. Bis heute macht der Export einen bedeutenden Anteil am Jahresumsatz aus. Und so ist es sehr erfreulich, dass nahezu alle national und international erfolgreichen Schraubenhersteller in ihrer Produktion mit auf die bewährten Maschinen aus Hilchenbach setzen.

UM: Was hat die ausländischen Kunden zu E.W.Menn gebracht?

Münker: Technologieführerschaft bedingt permanente Weiterentwicklung und Innovation. Schon 1960 setzte E.W.Menn mit der Entwicklung der Gewindewalzmaschine GW 52 ein deutliches Zeichen: Eine Leistung von 600 Stück pro Minute bedeutete in diesen Tagen eine Leistungssteigerung um 100 % im Vergleich zu den gängigen Maschinen am Markt. Die GW 52 und die Schwestermodelle GW 32 sowie GW 63 sind bis heute die erfolgreichsten Gewindewalzmaschinen auf dem Markt, von denen viele ihren Dienst im harten Industriealltag immer noch und weiterhin präzise verrichten.

UM: Wie ging es weiter?

Münker: 1986 trat Ernst Walter Menn, der Gründerenkel und Sohn von Oswald Menn, in das Unternehmen ein und übernahm Anfang 1988 in der dritten Generation die Geschäftsführung. Fast zeitgleich wurde die sogenannte GW-H-Serie entwickelt. Diese Hochleistungsmaschinen mit „quer“ zur Zuführung laufendem Walzschlitten erweiterten das E.W.Menn-Produktspektrum und sind besonders in den USA sehr erfolgreich. Über 270 dieser Maschinen wurden bis heute weltweit ausgeliefert. Ein weiterer Meilenstein in der Technologieentwicklung folgte im Jahr 2000: Mit der Erarbeitung einer neuen Technik, die eine Verstellung der Gewindeübereinstimmung per Knopfdruck und bei laufender Produktion ermöglicht, gelang es erneut, einen zeitraubenden Einstellvorgang wesentlich zu vereinfachen und sogar zu automatisieren.

UM: Im Jahr 2007 feierte E.W.Menn ein ganz besonderes Ereignis?

Münker: Ja, das war toll: Wir haben die fünftausendste Maschine ausgeliefert. Wenig später kam es jedoch im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zu einem großen Unternehmensrückschlag. Die Situation war sehr kritisch. So mussten damals Teilbereiche des Unternehmens geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut werden, um das Unternehmen vor der fast sicheren Schließung zu bewahren. Seitdem konzentriert man sich bei E.W.Menn mit seinen mittlerweile wieder rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die Bereiche der weiterentwickelnden Konstruktion, die anspruchsvolle Maschinenmontage nebst allen ausführlichen Funktionstests der am Standort gefertigten Hochleistungsmaschinen sowie auf eine zuverlässige Ersatzteilversorgung durch einen exzellenten, weltweit agierenden Kundenservice.

UM: Wie konnte die Krise letztlich überwunden werden?

Münker: Es folgte bereits im Jahr 2010 die Lieferung der bis dato größten je in Hilchenbach gebauten Gewindewalzmaschine, das war die GW 161-HX. Mit einer Antriebsleistung von 90 KW und einem Eigengewicht von rund 40 t können auf dieser Maschine Holzschrauben bis 16 mm Durchmesser und einer Gesamtlänge von 800 mm gewalzt werden. Bezogen auf die Länge der Umformstrecke toppte dies die Auslieferung der ersten Spezialprofilwalzmaschine AF 26 im Jahr 2019. Diese Maschine ist mit einer zur Verfügung stehenden Werkzeugaufnahme von 660/685 mm auf einen besonders schonenden und dabei präzisen langen Umformweg für innovative Formteile konzipiert.

UM: Nach rund einhundert Jahren war E.W.Menn nun nicht mehr Inhaber geführt?

Münker: Mit der Integration in die Wafios-Gruppe im Jahr 2015 konnte die Unternehmensnachfolge rechtzeitig geregelt werden. Dies war für uns ein wichtiger und richtiger Schritt zur nachhaltigen Zukunftssicherung, mit der das Unternehmen samt allen Arbeitsplätzen am Standort Hilchenbach erhalten werden konnte.Gleichzeitig sahen alle Beteiligten hervorragende Wachstumschancen, da das spezialisierte E.W.Menn-Maschinensortiment das weitreichende Anlagenportfolio beispielsweise der Wafios Umformtechnik komplettiert. Als umfangreiche Anbieter im Bereich der Kaltmassivumformung können seither gemeinsam im Verbund Produktionsanlagen vom gezogenen Draht bis zur fertig gewalzten Schraube vertrieben und geliefert werden.

UM: Wo sehen Sie Ihre Chancen und Betätigungsfelder?

Münker: Seit der Gründung im Jahr 1913 prägt E.W.Menn als Technologieführer seine Branche und Märkte durch zahlreiche technische Errungenschaften mit. Das Einstellsystem der Backenkorbhydraulik, die Spurlagenverstellung auf Knopfdruck weiterentwickelt zum automatischen Spureinstellsystem ADM, die keramische Schlittenführung oder die zuletzt entwickelten iQ-Funktionen, die sogenannten digitalen Maschinenassistenten, das sind Lösungen, die es in dieser Form nur bei E.W.Menn gibt.

Alle hier gebauten und spezialisierten Hochleistungsmaschinen erfüllen seit jeher höchste Ansprüche an Präzision, Effizienz, und Zuverlässigkeit, bei einer - ich betone - jahrzehntelangen Lebensdauer. Zusammen mit einer hohen Belastbarkeit und der erstklassigen Qualität sind dies alles Attribute, für die E.W.Menn steht. Ausprobiert werden kann dies im Übrigen live im hauseigenen Testcenter sowie an den wechselnd zur Verfügung stehenden Vorführmaschinen oder auch im Rahmen von Produktentwicklungen, Werkzeugerprobungen oder einer Produktion von Versuchsserien für neue Teile und Produkte der Verbindungselemente-Industrie.

Dank unserer erfahrenen, hochqualifizierten Belegschaft und unserer Innovationsfähigkeit werden wir die technische Entwicklung der am Standort gefertigten Maschinen in den nächsten Jahren weiter erfolgreich vorantreiben. Dort wo Höchstleistungen gefordert sind, werden wir die bestmögliche Lösung für unsere Kunden finden und ihnen auch künftig ein zuverlässiger Partner sein.

UM: Vielen Dank für das Gespräch!

www.ewmenn.de