04.10.24 – Drahtherstellung

Alterungsstabilisierte Feinstdrähte

Alterungsprozesse in Feinstdrähten erhöhen den elektrischen Widerstand durch Oxidation und Phasenbildung. Die Elschukom GmbH entwickelt alterungsstabilisierte Drähte, die diese Effekte minimieren, die Leitfähigkeit verbessern und die Lebensdauer verlängern, ideal für Photovoltaik und Medizintechnik.

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Einrichten einer Maschine zum Feinstdrahtzug. © Elschukom

 
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Schliffbild Cu/Sn. © Elschukom/www.Schmelzleiter.de

 
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Alterung bei Fein- und Feinstdrähten äußert sich unter anderem in der zeit- und temperaturabhängigen Änderung unterschiedlicher, oft definierter Drahteigenschaften. Ein signifikantes Merkmal für eine Alterung stellt das Ansteigen des spezifischen elektrischen Widerstandes dar. Ursache dafür sind i. d. R. Prozesse, die zur Entstehung von weniger leitfähigen Anteilen im Drahtquerschnitt führen. So ist zum Beispiel das in der Elektrotechnik besonders häufig eingesetzte Material Kupfer anfällig für Oxidation. Weiterhin können funktionale metallische Beschichtungen, abhängig von der Materialpaarung, durch Diffusion der Metalle in der Grenzschicht und der Entstehung intermetallischer Phasen gestört werden.

Als Diffusion wird der Ausgleich eines Konzentrationsgefälles zwischen zwei Materialien bezeichnet. Das klingt einfach, beschreibt aber tatsächlich einen sehr komplexen Vorgang. Je nach Material sind zum Beispiel unterschiedliche Diffusionskonstanten und deren Temperaturabhängigkeit zu berücksichtigen. Änderungen der Materialeigenschaften sind so vorherbestimmbar. In speziellen Anwendungsfällen werden diese Prozesse deshalb auch bewusst als entsprechende Funktionalität genutzt.

Im Beispiel der Materialkombination Kupferkern und Zinnmantel entstehen intermetallische Phasen. Diese Legierungen bilden sich an der Grenzfläche der jeweiligen Materialien aus. Sie besitzen üblicherweise einen höheren spezifischen elektrischen Widerstand und signifikant andere mechanische Eigenschaften als deren Einzelkomponenten. Eine Alterung durch Diffusionseffekte kann sich bereits bei Raum- und erhöhter Umgebungstemperatur einstellen. Das zeigen auch die Erfahrungen aus der Praxis.

Relevanz in der Anwendung
Betroffen sind insbesondere dünne Drähte verschiedener Basisdraht- und Beschichtungsmaterialien. Die Ausbildung intermetallischer Phasen erfolgt in der Grenzschicht, unabhängig vom Drahtdurchmesser. Deshalb ist gerade bei geringem Drahtdurchmesser der Querschnittsflächenanteil solcher Phasen deutlich wahrnehmbar. Demnach ist auch der Einfluss auf Drahtkennwerte wie Leitfähigkeit oder Festigkeit bei großen Drahtquerschnitten vernachlässigbar, wird aber im Feinstdrahtbereich bedeutender.

Bei typischen Abmessungen und Materialkombinationen können Drähte so bereits durch Lagerung (beispielsweise über einen Zeitraum von 100 Tagen) eine Widerstandserhöhung von 10 % und mehr aufweisen. Diese Form der Alterung ist typischerweise nicht zu vermeiden und muss deshalb bei der Weiterverarbeitung und in der jeweiligen Anwendung beim Kunden berücksichtigt werden.

Herausforderungen und Handlungsbedarf
Da bisher keine Alternativen zu bereits bestehenden Drahtlösungen existieren und eine Vielzahl elektrischer Anwendungen auf Wirkungsweise und Funktionalität der gebräuchlichen Werkstoffe sowie deren Kombinationen angewiesen sind, ist ein Materialwechsel im Allgemeinen nicht möglich. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an den Umgang mit Fein- und Feinstdrähten, die sich im Besonderen wie folgt darstellen:
– Das Lagermanagement aufgrund von Lageralterung, aber auch die Verpackung und der Transport werden unter Berücksichtigung der maximalen Lagerdauer und Umgebungstemperaturen erschwert und erzeugen unter Umständen Zusatzkosten.
– Fertigungskosten steigen aufgrund erheblicher Prozessstreuungen durch Prozessalterung, insbesondere bei der Weiterverarbeitung unter Temperatureinwirkung wie zum Beispiel Löten, Hartlöten und Schweißen.
– Dimensionierung und „Design-In“ von Feinstdrähten im Hinblick auf Prozesssicherheit und Produktlebensdauer sind durch Alterung im Anwendungsfall bzw. Produktalterung (z. B. diffusionsgesteuerte Abschmelzvorgänge bei Schmelzleiterdrähten, Energie- und Signalübertragung bei Analyse- und Messtechnik) erschwert.

Wünschenswert sind daher Drahtlösungen, die in vollem Maße alle elektrischen, mechanischen und weiteren Anforderungen aus bereits bestehenden Anwendungen erfüllen, jedoch negative Effekte, verursacht durch Alterung unterbinden, oder zumindest reduzieren. Ein weiteres mögliches Beispiel ist die Vergoldung von Sensordrähten im medizinischen Anwendungsbereich, hier darf die definierte Oberfläche nicht durch Alterung gestört werden.

Innovation schafft neue Möglichkeiten
Elschukom entwickelt gemeinsam mit seinen Kunden Feinstdrähte, die perfekt zu deren geplanten Anwendungsbereich passen. Mit alterungsstabilisierten Drähten konnte das Unternehmen bereits die Optimierung verschiedener innovativer Produkte vorantreiben. Mit einem eigens entwickelten Fertigungsverfahren wird der spezifische elektrische Widerstand nachhaltig stabilisiert, wobei der Wirkmechanismus und somit die eigentliche Funktionalität erhalten bleiben.

Die Stabilisierung wird individuell für das Drahtprodukt im Hinblick auf Werkstoffkombination, Abmessung und sonstige anwendungsspezifische Anforderungen eingestellt. Im Ergebnis dessen wird die Lageralterung unter normalen Transport- und Lagerbedingungen dauerhaft auf ein vernachlässigbares Maß reduziert.

Weiterhin wird ein positiver Einfluss alterungsstabilisierter Drähte auf die Prozessalterung am Beispiel einer verbesserten Lötwärmebeständigkeit von Funktionsdrähten in SMD Bauteilen nachgewiesen. Demnach zeigen typische SMD Sicherungen mit einem alterungsstabilisiertem Schmelzelement nach einem Lötwärmebeständigkeitstest eine deutlich geringere Standardabweichung der jeweiligen Widerstandsverteilungen. Somit ist der Feinstdraht robuster gegenüber Temperatureinwirkung aus weiterverarbeitenden Prozessen.

Alterungsstabilisierte Feinstdrähte können beispielsweise als Miniatur-Heizleiter oder auch im Photovoltaik-Bereich bei wechselnden Umgebungstemperaturen eingesetzt werden. In diesem Anwendungsbereich treten zum Beispiel bei Eigenerwärmung des Leiters durch Stromwärme oder bei Wärmeeintrag von außen Alterungserscheinungen auf. Die Alterungsstabilisierung zeigt deutlich stabilere Kennwerte. Dies wirkt sich positiv auf die Lebensdauer des Produktes bzw. auf die Produktalterung aus.

Autor des Beitrages ist Folker Krauß, Abteilung Forschung und Entwicklung, Elschukom GmbH.

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