31.08.18

Start-up will Flachstahl beim Walzen µ-genau vermessen

Staub, Strahlung und Wasserdampf machen's bislang schwierig, glühende Stahlbänder beim Walzen präzise zu vermessen. Radarsensorik soll dies jetzt ändern. Ein Team der TH Köln gründete das Unternehmen Mecorad , das µm-genaue Messung allerorts in Echtzeit anbietet.

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Das Mecorad-Team: Andreas Heutz (links), Marc Banaszak und Cagdas Ünlüer (rechts). © Frank Reipen

 
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Durch die Messungen direkt in der Produktion greifen automatische Korrekturmechanismen bei Abweichungen vom Soll unmittelbar. Dies war bislang nicht möglich. © Stahl-Info

 

Köln/D (TH Köln) – Wasserdampf, aufgewirbelter Staub und thermische Strahlung verhindern in der warmwalzenden Stahlproduktion bislang, dass die glühenden Stahlbänder im Produktionsprozess präzise vermessen werden können. Ein Team der Technischen Hochschule in Köln (TH Köln) gründet jetzt das Unternehmen Mecorad, das mittels Radarsensorik eine auf den µm genaue Messung an jeder Stelle des Prozesses in Echtzeit ermöglicht. Zudem möchte es die Digitalisierung der gesamten Produktion unterstützen.

„Mit unserer Technik gehen wir zwei Grundprobleme der Stahlproduktion an: zu hohe Produktionswertverluste durch ungenaue Messungen und fehlende Regelungsprozesse sowie einen großen Aufholbedarf bei der Digitalisierung“, sagt der Mecorad-Geschäftsführer Marc Banaszak. Das Unternehmen gründete er gemeinsam mit Cagdas Ünlüer und Andreas Heutz, mit denen er am Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln die Grundlagen für die neue Technik gelegt hat. Das Vorhaben wird gefördert über das Programm Exist-Forschungstransfer, mit dem das Bundeswirtschaftsministerium Unternehmensgründungen unterstützt, die auf Forschungsergebnissen der Hochschulen basieren.

Neue Messtechnik fürs Walzwerk

Basis des neuen Systems sind Radarsensoren, die an einem Bügel rund um die Walzstraße montiert werden und das noch glühende Metall multidimensional – also in Dicke, Breite und Länge – vermessen. Die Ergebnisse sind trotz der schwierigen Bedingungen für präzise Messungen, wie sie im Stahlwerk herrschen, momentan bereits bis auf den zwanzigstel Millimeter genau und stehen in Echtzeit zur Verfügung. Anders als die bislang verwendeten Verfahren mittels Laser oder Kamera ist Radar in der Lage, die durch Dampf und dichten Staub verunreinigte Umgebungsluft zu durchdringen. Interferenzen und Störungen etwa durch die starken Vibrationen werden durch die von Mecorad entwickelten Algorithmen beseitigt.

„Durch die Messungen direkt in der Produktion greifen automatische Korrekturmechanismen bei Abweichungen vom Soll unmittelbar. Dies war bislang nicht möglich. So werden der Schrott vermindert, die Produktqualität erhöht und Produktionswertverluste minimiert. Letztere belaufen sich bei einem durchschnittlichen deutschen Bandwalzwerk auf mehrere Millionen Euro jährlich“, sagt Banaszak. Aufbauend auf diesen Messungen bietet das Unternehmen weitere Dienstleistungen entlang der Wertschöpfungskette an. Dazu gehören Software für spezialisierte Messungen, Prozessanalysen und Regelungsalgorithmen, wie etwa die Steuerung des Walzspalts oder der Walzkaliber. Auch die Abstimmung mit externen Akteuren wie dem Schrottverarbeiter kann über Mecorad-Applikationen gemanagt werden. „Unser System ist darauf ausgelegt, Services bis hin zum Endkunden zu ermöglichen und diesen in die Produktion einzubinden, etwa durch eine Automatisierung der Auftragsbearbeitung“, berichtet Banaszak.

Die von dem Team entwickelte Technik kann in Alt- wie auch in Neuanlagen eingebaut werden. Zurzeit besteht eine Pilotanlage in der Prozesslinie eines deutschen Herstellers und wurde dort erfolgreich getestet.

http://mecorad.com/

 www.th-koeln.de

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