10.05.21 – Drahtwerkstoffe

Prüfen, prüfen, prüfen

Die Leistung eines Produkts in seiner Endanwendung ist absolut entscheidend, und alles beginnt mit der Auswahl des Materials. Andrew Du Plessis, Technical Executive bei Alloy Wire International, erklärt, warum das Prüfen für Ingenieure und Feder-Hersteller, die die beste Endanwendung liefern wollen, ein wichtiges Vertrauensfenster sein kann.

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Bob Jones – PMI-Prüfung an einer Walzstabrolle. © Alloy Wire

 
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Andrew Du Plessis – Maßprüfung mit einem digitalen Mikrometer. © Alloy Wire

 
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Die Wahl des richtigen Materials von Anfang an ist absolut entscheidend, um sicherzustellen, dass die Endanwendung die vom Produkt geforderte Leistung erbringt. Wenn es nur so einfach wäre. Produktentwickler und Ingenieure bemühen sich seit Jahren in diesem Bereich, und es hat sie oft viel Zeit und Geld gekostet. Manchmal wird dies erst entdeckt, wenn bereits 80 % den Produktionsprozess durchlaufen ist.

Die Einplanung von genügend Zeit für Forschung und Entwicklung ist entscheidend, um die richtige Materialentscheidung zu treffen. Passend zur Covid-19-Pandemie, die sich auf die Weltwirtschaft immer noch negativ auswirkt, lautet die Botschaft: „Prüfen, prüfen, prüfen“.

Exotische Hochleistungslegierungen weisen eine gute mechanische Festigkeit bei hohen Temperaturen auf (z. B. Nimonic 90, Inconel X-750 und Inconel 718), andere bieten eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit in Flüssigkeiten und Gasen (z. B. Hastelloy C276, Monel 400 und die Legierung MP35N). Im Glücksfall bekommt das Unternehmen eine Kombination aus beidem. Damit hat es die Gewissheit, dass das Produkt auch in einem unbeständigen und anspruchsvollen Umfeld weiterhin seine Leistung erbringt.

Da das Ausgangsmaterial oft als Druck-, Zug- oder Torsionsfeder in kritischen Anwendungen wie Flugzeugtriebwerken, Tiefbohrlöchern und in der Kernenergie fungiert, ist es wichtig, dass es zur Gewährleistung der Schmelzqualität von zugelassenen Lieferanten bezogen wird. Dies ist der erste, aber bereits wichtige Schritt dafür, dass die finale Prüfung des Drahtes den spezifischen Anforderungen des Kunden einhält, was wiederum in einem vollständig konformen Produkt resultiert.

Das Prüfen von Kundenmaterial beginnt in dem Moment, in dem das Rohmaterial an Alloy Wire International (AWI) geliefert wird. Auch wenn das Rohmaterial von Walzwerken kommt, die nach AS 9100 (Luft- und Raumfahrt) oder auch von Rolls Royce zugelassen sind, führt das Unternehmen an jedem Walzdrahtcoil PMI-Prüfungen (Positive Material Identification oder Verwechslungsprüfung) durch.

Dieses PMI-Gerät arbeitet mit Röntgenstrahlen, um die chemischen Eigenschaften der Walzdrahtcoils zu erkennen, und kann auch die Legierung namentlich identifizieren. Das Ausgangsmaterial kommt von hochwertigen Walzwerken in Europa und Nordamerika, auch diese Prüfung ist ein weiterer Kontrollschritt, den AWI einbaut.

Die zahlreichen Qualitätszulassungen von AWI sind eine weitere Bestätigung für die strengen Anforderungen, die das Unternehmen beim Lieferantenmanagement und bei der anschließenden Kontrolle der Fertigungs- und Prüfprotokolle anwendet.

Das technische Team des Unternehmens beteiligt sich zunehmend an Forschungs- und Entwicklungsgesprächen in den frühesten Stadien des Herstellungsprozesses, da Endanwender erkennen, wie wichtig es ist, das richtige Material auszuwählen und es gemäß den vielen von ihrem Endkunden vorgegebenen Parametern zu prüfen.

Andrew Du Plessis, Technical Executive bei Alloy Wire International, erklärt: „Wir sind oft schon zu Beginn eines Projekts involviert, sei es bei der Entwicklung von Draht für Federn für die Luft- und Raumfahrt, bei der Erforschung von Tiefbohrlöchern oder bei Dichtungen zur Unterstützung von Kernkraft und Ölförderung. Wir müssen unabhängig von der Branche in der Lage sein, unsere Kunden und den Endnutzer mit Beratung und einer Vielzahl von Prüfungen zu unterstützen. Das beginnt mit dem Verständnis, was die Anwendung ist und was von dem Draht erwartet wird. Muss es hohen Temperaturen standhalten? Muss es korrosionsbeständig gegenüber einem bestimmten Gas oder einer bestimmten Flüssigkeit sein? Und gibt es irgendwelche besonderen sicherheitskritischen Maßnahmen, die es einhalten muss? Dies sind alles Fragen, die wir stellen müssen, bevor wir ein Material und mechanische Eigenschaften für den Draht vorschlagen, nach denen der Draht hergestellt und geprüft werden soll. Entwickler haben vielleicht ein Material im Sinn, das oberflächlich betrachtet richtig aussieht, sich in der Praxis aber als nicht einsetzbar herausstellt. Zum Beispiel sind Monel 400, K-500 und Inconel 625 eine gute Wahl für Bauteile im Meerwasser, während andere Legierungen – wie Inconel X-750 oder 718 und Waspaloy – den hohen Temperaturen in Motoren, Öfen und Abgasanlagen standhalten.“

Alloy Wire International hat stark in Prüfeinrichtungen investiert und fertigt Draht nach Maß, um die erforderlichen mechanischen Eigenschaften und Maßtoleranzen zur Realisierung des Produktdesigns des Kunden zu erreichen – auch nachdem der Kunde das Endprodukt geformt und wärmebehandelt hat. Ein Beispiel hierfür könnte eine Druckfeder sein, die für einen begrenzten Raum konstruiert ist und gleichzeitig bestimmte Belastungen bei einer hohen Temperatur von z. B. 550 °C erreicht.

Dies geschieht durch eine große Anzahl von klassischen Prüfungen und einer anschließenden Modifizierung des anzuwendenden Drahtziehverfahrens. Eine Drahtprobe wird dann in einem Prüf-Ofen des Labors wärmebehandelt (ausgehärtet) und anschließend auf Zug geprüft, um die genauen Eigenschaften der finalen Bauteile zu bestätigen.

Weitere Drahtprüfungen, die Kunden eventuell während der Fertigung oder der Endkontrolle bei AWI in Auftrag geben könnten, sind:

Zugfestigkeitsprüfung
Eine Materialprobe wird einer zunehmenden Belastung ausgesetzt. Die zum Bruch des Materials erforderliche Kraft wird gemessen, was einen Hinweis darauf gibt, wie stark das Material ist. Die modernen Zugprüfmaschinen von AWI verwenden die neueste Software, die dann die Zugfestigkeit in diversen Einheiten (N/mm², Psi, KPi und MPa) berechnen kann.  Die Zugprüfung hilft auch bei der Bestimmung anderer wichtiger mechanischer Eigenschaften, die Feder-Entwickler benötigen. Beispiele hierfür sind Dehnung (A), Dehn-/Streckgrenze (Rp0,2), Bruchlast und Elastizitätsmodul (Youngs-Modul).

Mikrohärteprüfung
Bei der Härteprüfung wird eine bestimmte Kraft auf die Drahtoberfläche ausgeübt, die zu einem Eindruck führt. Die Größe des Eindrucks wird dann mit dem kalibrierten optischen Mikroskop gemessen, wobei ein größerer/tieferer Eindruck auf ein weicheres Material hinweist. Die Härte kann dann in Vickers (Hv) berechnet und dann in andere Einheiten wie z. B. Brinell (HB) oder Rockwell (HRc) konvertiert werden.

Korngrößenkontrolle
Nach dem Anätzen der Materialoberfläche wird der Draht unter einem Mikroskop mit modernster Bildgebungssoftware analysiert. Dadurch wird die innere Kornstruktur des Materials sichtbar, die entweder in Längs- oder Querorientierung vermessen wird.

Makroprüfung
Hierbei werden die makrostrukturellen Merkmale des Drahtes bewertet, die Kornfluss/Fließfähigkeit, Porosität und Risse umfassen können. Eine Drahtprobe wird geschnitten und poliert, dann wird mit geringer Vergrößerung auf Konsistenz und Qualität geprüft.

Wickelprüfung
Dies wird durchgeführt, um die Festigkeit des Drahtes zu demonstrieren und um eventuelle Risse oder versteckte Ungänzen zu entdecken, die sich beim Umformen der Feder offenbaren könnten.

Torsionsprüfung
Die Auswertung der mechanischen Eigenschaften des Drahtes unter Belastung durch Verdrehung: Eine Drahtprobe wird an einem Ende fixiert und am anderen gedreht, während sie unter einer definierten Last steht.

Nachwärmebehandlung oder Aushärtung von Drahtproben
Eine Drahtprobe wird mit der gleichen Wärmebehandlung versehen, die der Feder-Hersteller seinen Federn nach der Umformung zukommen lassen könnte. Hierdurch wird dem Kunden bestätigt, wie die mechanischen Eigenschaften der Feder nach der abschließenden Wärmebehandlung sein könnten.

NACE-konforme Prüfung
Die Kombination aus Wärmebehandlung und Härte-/Zugfestigkeitsprüfung, entweder nach ISO 15156 oder ISO 17945 (abhängig von der Materialqualität).

AWI hat eine technische Broschüre erstellt, die Standard-Testdatenwerte für jede der 60 exotischen Legierungen enthält, die es in Form von Draht und Stäben herstellt. Diese können modifiziert werden, um die Designkriterien zu erfüllen, die z. B. vom Feder-Hersteller vorgegeben werden.

Andrew Du Plessis erklärte abschließend: „All diese technischen Unterstützungen und Prüfungen sollen unseren Kunden einen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen oder ihnen die Möglichkeit geben, in ihren eigenen Fertigungsverfahren produktiver zu sein.“

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