14.11.22 – Roboterbasiertes Lichtbogenschweißen
Handschweißarbeitsplätze teilautomatisieren
Der „Cobot Weldspace 4.0“ von Demmeler ist leicht zu bedienen und liefert Top-Ergebnisse – davon ist man bei Schulz Fördersysteme im thüringischen Gräfenroda überzeugt. Gefügt werden hier S235/S355- und S420-Stahlbaugruppen, wobei flexibel auf unterschiedliche Geometrien und Größen reagiert werden kann.
Schweißer sind derzeit gefragt wie nie, der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Das weiß auch Carsten Stein, Geschäftsführer von Schulz Fördersysteme. Umso wichtiger ist es für Ihn, seine qualifizierten Arbeitskräfte optimal einzusetzen, um die vollen Auftragsbücher bedienen zu können. Die Lösung ist eine teilweise Automatisierung der Handschweißarbeitsplätze, die einfach zu programmieren und auch bei kleinen Losgrößen rentabel ist. Seit einigen Monaten setzt das Unternehmen neben einem Manipulator und Schienensystem von Demmeler auch auf eine neue Cobot-Anlage aus Heimertingen. Der Cobot Weldspace 4.0 übernimmt dabei das Lichtbogenschweißen von S235/S355- und S420-Stahlbaugruppen.
Komplettpaket für das automatisierte Schweißen
Mit der neuen Cobot-Anlage kann Schulz schnell und einfach auf veränderte Bauteilgeometrien oder -größen reagieren. Alle Schweißprogramme und -parameter, die im Cobot Weldspace 4.0 hinterlegt sind, können beim nächsten Auftrag wieder abgerufen werden. „Wir sind, anders als unser Name vermuten lässt, ein auftragsbezogener Lohnfertiger mit dem Schwerpunkt Blechbearbeitung für unterschiedlichste Branchen: Automotive, Bahn, Maschinen- und Anlagenbau, Fördertechnik, Möbelindustrie sowie Metallbau. Unsere Flexibilität war schon immer eine unserer größten Stärken gegenüber dem Wettbewerb“, schätzt Stein ein.
Durch die einfache Bedienung des Cobot sind keine Programmierkenntnisse nötig. Der Bediener muss ihn nur per Hand an die Stelle bewegen, an der geschweißt werden soll. Auch Zwischenwegpunkte und Abschnitte werden so per Knopfdruck programmiert. Ohne viele Fenster und Untermenüs lassen sich einfach und schnell mit wenigen Klicks professionelle Schweißprogramme erstellen. „Wir haben bereits mehrere vollautomatisierte Schweißarbeitsplätze, die mit einem klassischen Industrieroboter ausgestattet sind. Der große Nachteil war für uns immer die aufwendige Programmierung und das lange Einlernen der Mitarbeiter. Mit dem Cobot Weldspace 4.0 von Demmeler ist das kein Thema mehr.“
Parallel schweißen, rüsten und umspannen
Spezialisiert auf die Metallverarbeitung, stellt Schulz Fördersysteme neben Blech- und Kantteilen, komplexen Schweiß- und Montagebaugruppen auch Komponenten für Förderanlagen her. In Gräfenroda arbeiten rund 100 Mitarbeiter unter den Marken Schulz Fördersysteme und Blechbearbeitung Thüringen. Dass sich die Firma als Systemanbieter mit hoher Fertigungstiefe versteht, zeigt sich auch an den modernen Produktionsprozessen. „Unser Ziel war es, bei mindestens gleichen Kosten, ausgehend von der Arbeitsmarktsituation mit weniger qualifiziertem Personal, eine bessere Qualität zu liefern. Der Vorteil ist, dass es aufgrund der Automatisierung nicht mehr auf die persönlichen Fähigkeiten ankommt. Beim Einrichten der Maschine und der Qualitätskontrolle ist der Spezialist natürlich unverzichtbar. Für das Bestücken des programmierten Cobots muss der Maschinenbediener aber kein 100-prozentiger Schweißer mehr sein“, betont Stein.
Mit der Cobot Weldspace 4.0 können mehrere, teilweise unterschiedliche Teile gleichzeitig geschweißt werden. Das automatische Verfahren der Umhausung ermöglicht das Arbeiten im Mehrstationenbetrieb. Während der Roboter auf der einen Seite schweißt, kann der Bediener auf der anderen Seite – geschützt durch herunterfahrbare Rolltore mit Aluminiumpanzer und integriertem Schweißerschutzglas – zeitparallel rüsten und umspannen (2-Stationen-Betrieb). Eine weitere optionale Unterteilung des vorderen Arbeitsraums (Space A) mittels Trennwand schafft einen zusätzlichen Arbeitsplatz (3-Stationen-Betrieb). Um alle Arbeitsräume gut zu erreichen, ist der Cobot mittig an der Decke angebracht und fährt mit der Umhausung mit.
Neben der einfachen Programmierung sollte auch die körperliche Belastung der Schweißer minimiert werden: „Uns war wichtig, unsere Mitarbeiter zu entlasten. Schweißen ist eine anspruchsvolle Arbeit. Oft sind unsere Schweißer gezwungen, in Zwangslage zu arbeiten, denn die Schweißnähte liegen häufig an schwer zugänglichen Stellen“, berichtet der Geschäftsführer. Deshalb wurde der hintere Arbeitsplatz (Space B) der Anlage mit einem 2-Achs-Manipulator ausgestattet: Werkstücke bis 500 kg können einfach in optimaler Wannenlage positioniert werden. Das zeitaufwendige Umspannen von Werkstücken entfällt und dank der Rundachse (Achse 2) des Manipulators lassen sich auch gleichmäßige Rundnähte schweißen.
Schweißen auf hohem Niveau
Als Fachbetrieb, der nach DIN EN 15085-2 für die Herstellung sicherheitsrelevanter CL1-Bauteile für Schienenfahrzeuge zertifiziert ist, hat Schulz Fördersysteme eine besondere Verantwortung. Die Norm ist Grundlage für das Schweißen metallischer Werkstoffe bei der Herstellung und Instandsetzung von Schienenfahrzeugen und -fahrzeugteilen und legt die Qualitätsanforderungen für den Neubau von Schienenfahrzeugen und deren Instandsetzung fest. „Alle Schweißnähte müssen den höchsten Qualitätsanforderungen entsprechen“, unterstreicht Stein in diesem Kontext. Künftig könne er sich vorstellen, die Schienenfahrzeugteile mithilfe des Cobot Weldspace 4.0 zu fertigen. „Das Schweißergebnis hat uns überzeugt, und mit den hinterlegten Schweißjobs sind die Schweißnähte reproduzierbar.“
Die Demmeler Cobot WeldSpace 4.0 enthält zahlreiche Vorlagen für optimierte Standardschweißprozesse, sogenannte Schweißjobs, abgestimmt auf Stromquelle, Schweißprozess und Brenner. Über das Cobotinterface kann der Bediener auf hinterlegte Programme der Schweißmaschine mit allen wichtigen Schweißkennlinien und -parametern der Jobbibliothek zugreifen. „Im Vergleich zum Handschweißen ist der Demmeler Cobot Weldspace 4.0 deutlich schneller, die Bearbeitungszeit reduziert sich um mindestens 30 %“, berichtet Robert Zeilinger von Mauersberger Industrievertretungen, Vertriebspartner von Demmeler.
Optimierung der Handschweißarbeitsplätze
Auch beim Optimieren der Handschweißarbeitsplätze setzt Schulz Fördersysteme auf Innovationen aus dem Hause Demmeler. Um schnell zwischen kleinen und größeren Baugruppen wechseln zu können, wurden zwei Schienensysteme installiert. Dadurch lassen sich die Arbeitsplätze flexibel verändern. Auf Verschiebefüßen werden sowohl 3D-Schweißtische als auch Distanzwinkel aus Heimertingen entsprechend der Werkstückgröße auf dem Schienensystem positioniert. „Bei Bedarf haben wir beispielsweise einen großer Arbeitsplatz oder auch mehrere kleine, je nachdem welche Maße die Baugruppe hat“, so Stein.
Beim Aufspannen der Werkstücke versenken sich durch die Last die Laufrollen der patentierten Verschiebefüße. Dadurch erhält der Fuß einen flächigen Kontakt zur Fundamentschiene. Der Schweißstrom wird nicht über die Laufrollen geleitet, somit wird das Lager nicht beschädigt. Unterschiedliche Aufbauhöhen lassen sich durch verschiedene Tischfußhöhen einfach an das Werkstück anpassen. „Mit dem Verschiebesystem haben wir die Wiederholgenauigkeiten deutlich erhöhen und gleichzeitig unsere Vorrichtungskosten senken können.“ Auch reduzierten sich dank der Modularität und Flexibilität des Systems die Rüstzeiten für die unterschiedlichen Bauteiltypen.
Bei Bauteilen wie Batterietrögen und Hauben, die aufgrund der Lage der Schweißnähte mehrmals gedreht werden müssen, übernimmt der Manipulator „Ergonomix M“ die Arbeit. Merkmal der Produktfamilie ist der große Schwenkbereich von 180°: „Damit können wir unsere Werkstücke in einer Aufspannung und ohne zusätzliches Umdrehen fertig bearbeiten.“ Weil sich der kippbare Manipulator in Höhe und Winkel per Tastendruck verstellen lässt, schafft Schulz Fördersysteme mit diesem Handlinggerät auch für die Handschweißarbeitsplätze eine ergonomische Arbeitsumgebung. Denn der Manipulator ermöglicht ein genaues Arbeiten bei optimierter Schweißreihenfolge, was die Schweißverzugsrate erheblich senkt. Geschäftsführer Stein ist überzeugt: „Wir werden weiter in die Automatisierung unserer Fertigung investieren, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten und noch flexibler reagieren zu können.“
Demmeler Maschinenbau GmbH & Co. KG
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