05.06.23 – „Saubere“ Schmiede

Graphitfreie Gesenkschmiermittel

Graphithaltige Schmiermittel haben sich in der Schmiedeindustrie bewährt, doch die Nachfrage nach Alternativen für eine „saubere Schmiede“ wächst.

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Schmiedeteile und der Gesenkbau werden in Zukunft wohl nachhaltiger. © oelheld

 
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Eine Umstellung auf einen graphitfreien Schmierstoff kann Vorteile bringen ist aber nicht in jedem Prozess möglich. © oelheld

 
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Dabei geht es nicht nur um die Sauberkeit des Schmiedebetriebs, sondern auch um die der Anlagen, Maschinen und Bauteile sowie um den Schutz der Umwelt. Die Gesundheit der Arbeitnehmer, die von einer sauberen Umgebung profitieren, hat ebenfalls an Bedeutung gewonnen. Während beim Schmieden von Stahl mit Graphit die Oberfläche weniger stark beeinflusst wird, kann beim Schmieden von Aluminium eine veränderte Oberfläche durch Graphit entstehen, welche allgemein als Korrosion bezeichnet wird. Bei vielen Aluminiumschmiedeverfahren müssen die geschmiedeten Teile anschließend aufwendig gereinigt oder gestrahlt werden. Dabei entstehen Abfälle, die für die Mitarbeiter und die Umwelt schädlich sein können und zusätzliche Entsorgungskosten mit sich ziehen. Hinzu kommt, dass die Entsorgung in den letzten Jahren immer aufwändiger geworden ist.

Die Frage, ob jede Schmiede oder jeder Schmiedeprozess auf einen graphitfreien Schmierstoff umgestellt werden kann, lässt sich nicht pauschal beantworten. Manchmal müssen Prozesse und Gesenke angepasst werden, damit der Prozess mit einem synthetischen Produkt nach dem Wechsel des Schmierstoffs reibungslos läuft. Die Umstellung funktioniert zumeist nicht direkt und benötigt eine gewisse Einstellungszeit, welche sich aber auf lange Sicht finanziell und ökologisch auszahlt. Im Umgang mit einem „Ersatzwerkstoff“ gilt es allerdings, einige Dinge zu beachten und hier Prozesswissen aufzubauen. Dieser Artikel soll die Vorteile von graphitfreien Schmierstoffen aufzeigen, ohne die Leistung graphithaltiger Schmierstoffe zu schmälern.

Graphitfreie Schmierstoffe zeichnen sich vor allem durch ihre gute Trennwirkung und ihre Schmiereigenschaften aus, welche sich allerdings von graphithaltigen Produkten unterscheiden. Beide Parteien, der Schmierstoffhersteller und das Schmiedeunternehmen, müssen bei der Umstellung auf einen graphitfreien Schmierstoff eine Reihe von Punkten beachten.

Gratbildung

Grate entstehen bei fast allen Gesenkschmiedetätigkeiten mit Schmiedewerkzeugen. Die Größe des Grates ist abhängig von der Konstruktion des Werkzeuges. Es gibt auch gratfreie Schmiedestücke, die in geschlossenen Schmiedewerkzeugen hergestellt werden. Bei der Umstellung von graphithaltigen Schmierstoffen auf graphitfreie Schmierstoffe ist es wichtig, den Grat so klein wie möglich zu halten. Ein größerer Grat belastet den Schmierstoff stärker. Je geringer dieser zusätzliche Schmierbedarf ist, desto besser kann der Prozess mit einem graphitfreien Schmierstoff reproduziert werden. Dies führt nicht nur zu einer saubereren Schmiede, sondern auch zu einer Senkung der Materialkosten pro Bauteil, da weniger Ausgangsmaterial für das Endprodukt benötigt wird und der Aufwand nach dem Schmieden geringer ist.

Optimierung des Gesenkdesigns

In vielen Schmieden besteht eine weitere Möglichkeit darin, die Konstruktion des Gesenks zu überprüfen. Die Schmiedestufen sollten im Hinblick auf den Materialfluss analysiert und so angepasst werden, dass die Teile weniger belastet werden und so die Auswirkung der Schmierung berücksichtigt wird. Das bedeutet nicht, dass ein weißes Produkt keinen erhöhten Druck aushalten kann, jedoch sollte bei komplexen Bauteilen nicht mehr als die nötige Menge an Schmierstoff angewendet werden.

Anwendung des Schmierstoffs

Ein Vorteil spezieller graphitfreier Schmiermittel ist die weiße Trennmittelschicht, die auf der Oberfläche der Matrize verbleibt. Es ist genau zu erkennen, wo der Schmierstoff auf die Matrize aufgetragen wurde und wo er noch aufgesprüht werden muss. Bei komplizierteren Bauteilen ist es sehr wichtig, vertikale und steile Flächen des Gesenks mit Schrägspritzdüsen oder durch Handspritzen ausreichend zu benetzen. Insbesondere beim Aluminiumschmieden wird sonst durch die fehlende Kühlung die Anhaftung von Aluminium an der Gesenkoberfläche gefördert. Dies hat negative Auswirkungen auf die Schmiedeoberflächen, da diese Aluminiumanhaftungen, meist durch Schleifen, in regelmäßigen Abständen entfernt werden müssen. Dies führt zu Schmiedeunterbrechungen und damit zu einem Produktivitätsverlust.

Vorteile von graphitfreien Schmiermitteln beim Aluminiumschmieden

Aluminium wird beim Schmieden als „weicher“ Werkstoff bezeichnet, daher werden beim Arbeiten mit schwarzen Schmierstoffen Graphitpartikel in die Oberfläche des Aluminiums gedrückt. Diese müssen mit zusätzlichem Aufwand entfernt werden. Wie eingangs beschrieben, fördert Graphit die Korrosion an der Schmiedeoberfläche. Die Korrosionsprüfung kann in einem 48-stündigen Salzsprühtest nach DIN EN ISO 9227 NSS durchgeführt werden. Eigene Untersuchungen haben gezeigt, dass bei graphitfreien Schmierstoffen auf Basis von Wachs oder Polymeren diese Komponenten eine Schutzschicht auf der Oberfläche der Schmiedeteile erzeugen können und somit tendenziell korrosionshemmend wirken.

Vorteile der graphitfreien Schmiermittel beim Schmieden von Stahl

Die Verwendung von graphitfreien Schmiermitteln hat auch beim Schmieden von Stahl mehrere Vorteile. Neben der Sauberkeit der Schmiede und der Bauteile, sowie der Gesundheit der Mitarbeiter sind vor allem die sehr guten Gleit-, Trenn- und Sprüheffekte zu erwähnen. Die Oberflächenqualität verbessert sich und die Sprühgeräte werden nicht mehr durch Graphit verstopft.

Zusammenfassung

Kann ein graphitfreier Schmierstoff für jedes Bauteil verwendet werden? Die kurze Antwort lautet: nein. Es gibt Bauteile mit einem sehr langen Materialfluss, die für ein synthetisches Produkt zu anspruchsvoll wären. Generell müssen jedoch die Anzahl der Umformschritte, die optimierte Auslegung der Werkzeuge und der geschmiedete Werkstoff berücksichtigt werden, um eine genaue Aussage treffen zu können. Bei Werkstoffen wie Titan, Nickel und verschiedenen Sonderlegierungen ist die Verwendung eines weißen Schmierstoffs eher schwierig, denn die Härte des Materials und die damit verbundenen Anforderungen an den Schmierstoff sind recht hoch. Aus diesem Grund wird die Verwendung eines Wassergraphits empfohlen.

Eine Umstellung des Schmierstoffs von graphithaltig auf graphitfrei kann für die meisten Schmiedebetriebe einen wirtschaftlichen Vorteil bringen. Dazu tragen die geringeren Reinigungskosten, die Verhinderung der Korrosion von Aluminium und die Sauberkeit der Schmiede bei.

Dr. Marcel Eberle ist Entwicklungschemiker und Marius Schmid Sales Manager / Produkt Spezialist Schmieden bei Oelheld.

Info

Das in Stuttgart ansässige Unternehmen Oelheld bietet hochwertige Schmierstoffe aller Art für die Metallverarbeitung aus eigener Produktion an.

www.oelheld.de