28.03.23 – Bilder bieten mehr Informationen für die Materialprüfung

Optische Extensometer

Für viele Prüfanwendungen bieten berührungslos messende Extensometer Vorteile gegenüber den klassischen, berührenden Extensometern. Einer ihrer Hauptmerkmale steckt im Namen: Sie berühren die Probe nicht, und es besteht aufgrund der optischen Messung keine Wechselwirkung zwischen der Probe und dem Messgerät.

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„laserXtens“ Zugversuch Metall nach ISO6892-1. © Zwick Roell

 
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„laserXtens“ Hochtemperatur Zugversuch. © Zwick Roell

 
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Ein weiterer, noch kaum bekannter Vorteil ergibt sich dadurch, dass optische Extensometer die ganze Probe im Blick haben: Von den Kameras werden Bilder aufgezeichnet, die mehr Informationen liefern, als nur die Dehnung. Damit kann beispielsweise die Bruchlage automatisch bestimmt oder die Ausgangsmesslänge nachträglich geändert werden. So lässt sich viel Probenmaterial und Prüfzeit einsparen.

Optische Extensometer sind den berührenden Extensometern, in vielerlei Hinsicht überlegen. Da sie keinen physischen Kontakt zur Probe haben, beeinflussen sie deren Verhalten nicht durch Prüfschneiden und Mitnahmekräfte. Eine Verfälschung der Messergebnisse durch das Messgerät selbst ist damit ausgeschlossen. Aus der Entkopplung folgt auch, dass optische Extensometer vor Beschädigungen durch die Prüflinge gut geschützt sind und von sprödbrechenden oder „peitschenden“ Proben mit hoher Bruchenergie, wie Elastomeren, Drähten und Seilen, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Zudem sind auch kleine oder kurze Proben für optische Systeme erreichbar, wenn berührende Systeme keinen Platz mehr zwischen den Werkzeugen finden. Messungen in Temperierkammern erfolgen durch eine spezielle Glasscheibe und liefern mittlerweile bessere Ergebnisse als Fühleraufnehmer, da sich ein in sich geschlossenes System herstellen lässt.

Video-Extensometer sind die geläufigste Variante
Die geläufigste Variante innerhalb der optischen Extensometer sind die kamerabasierten Video-Extensometer. Auch der „videoXtens“ von ZwickRoell basiert auf dieser Technologie: Im Extensometer verbirgt sich eine Kamera mit einem Objektiv. Je nach Brennweite des Objektivs ergibt sich ein kleineres oder größeres Gesichtsfeld – das ist der Bereich der Probe, der von der Kamera erfasst wird. Auf die Probe werden Messmarken aufgebracht, die die Messlänge markieren. Die Software testXpert III erkennt die Messmarken automatisch und übernimmt die Anfangsmesslänge ins System. Während der Prüfung werden die Marken verfolgt, indem Bild für Bild ausgewertet wird. Eine spezielle Markiermethodik und intelligente Algorithmen in der Software führen zu einer ausgezeichneten Messgenauigkeit.

Alle Messkanäle sind exakt synchronisiert. Die Software für die optischen Extensometer ist in testXpert III integriert, so werden alle Daten aus der Prüfung zusammen in einer Software gespeichert und ausgewertet.

Array-Technologie für höhere Genauigkeit im Gesichtsfeld
Der erforderliche Messbereich für die Prüfung und die gewünschten Messwerte setzen die Vorgaben für das nötige Gesichtsfeld und die Auflösung des Objektivs. Hier ist eine Abhängigkeit gegeben: Ein Objektiv mit großem Gesichtsfeld bietet eine kleine Auflösung, ein Objektiv mit kleinem Gesichtsfeld eine hohe Auflösung.

Um eine hohe Auflösung in einem großen Messbereich zu bieten, hat ZwickRoell die Array-Technologie entwickelt. Dabei werden mehrere Kameras mit hochauflösenden Objektiven in Reihe geschaltet. Die überlappenden Gesichtsfelder werden per Software zu einem großen Bild zusammengefasst. So entsteht ein optisches Extensometer mit sehr hoher Auflösung und großem Messbereich. Beispielsweise der videoXtens 2-120 HP, der eine Auflösung von 0,15 µm im Messbereich von bis zu 140 mm bietet. Er erfüllt zudem die strengen Kalibrieranforderungen zur Ermittlung des Zugmoduls nach ISO 527-1 Anhang C, auch bei Prüfungen unter Temperatur.

Aus dem Bild lassen sich mehr Informationen nutzen
Da optische Extensometer die ganze Probe oder einen großen Teil der Probe im Blick haben, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten für mehr Informationen durch eine reine Software-Options-Erweiterung ohne aufwändiges Aufrüsten der Hardware. Beispielsweise die gleichzeitige Bestimmung der Querdehnung, der biaxialen Messung. Oder das Setzen mehrere Punkte auf die Probenoberfläche – bis zu 100 Messpunkte sind möglich.

Automatische Bestimmung der Bruchlage – keine Probe mehr verwerfen
Noch deutlicher wird der Mehrwert bei der automatischen Bestimmung der Bruchlage, durch die die Anfangsmesslänge automatisch um die Bruchstelle gelegt werden kann. Wie das funktioniert? Mit Hilfe der Software „testXpert III“ und der Option Dehnungsverteilung werden bis zu 16 gleichverteilte Messpunkte auf der Probe festgelegt. Während der Prüfung werden die einzelnen Dehnungen zwischen diesen Messpunkten erfasst und verfolgt. Die Anfangsmesslänge wird automatisch um den Bereich mit der größten Dehnung gelegt, da dort der Bruch zu erwarten ist. So befindet sich der Bruch dann auch automatisch in der Mitte der Messlänge.

Der Kundennutzen liegt auf der Hand: Es werden viel Probenmaterial und Prüfzeit eingespart, da keine Probe mehr verworfen werden muss.

Nachträglich die Anfangsmesslänge ändern
Die Bilder der Prüfung können auch gespeichert werden. Die Option Test Re-Run nutzt diese aufgezeichnete Bilderserie, um im Nachhinein die Anfangsmesslänge zu ändern oder zu verschieben. Auf Basis der neuen Anfangsmesslänge wird in der Software eine Neukalkulation durchgeführt. Die Dehnung sowie alle damit verbundenen Messwerte werden neu berechnet und transparent als separate Prüfung in der Software gespeichert.

Die Option wird angewendet, wenn es beispielsweise in der Bauteilprüfung darum geht, lokale Dehnungen an unterschiedlichen Stellen auszuwerten oder wenn im Standard-Zugversuch die Einschnürung der Probe außerhalb der ursprünglichen Ausgangsmesslange eingetreten ist.

Ohne Messmarken noch genauer messen
Der „laserXtens“ auf Basis der Laser Speckle Korrelation benötigt keine aufgebrachten Messmarken. Damit entfällt die Probenmarkierung und die Optionen können noch effektiver genutzt werden. Durch die Array-Technologie bietet das System eine hohe Auflösung (0,07 µm) in einem großen Gesichtsfeld (220 mm). Ein einzigartiges und patentiertes System.

Laserstrahlen werden durch die natürliche Oberflächenrauigkeit auf der Probe gestreut und erzeugen ein Speckle-Muster, das wie ein Fingerabdruck einzigartige Erkennungsmerkmale bietet. Darauf lassen sich über die Software virtuelle Messmarken beliebig festlegen.

Ein Vorteil zu Video-Systemen: das Speckle-Muster hat über die ganze Probenoberfläche und bei jeder weiteren Probe immer die gleich hohe Qualität und ist nicht vom Anwender abhängig, der das Muster aufbringt. Eine gute Basis für sichere Prüfergebnisse. Auch dehngeschwindigkeitsgeregelte Versuche nach ISO 6892 Methode A1 lassen sich zuverlässig durchführen.

Für die maximale Flexibilität und Funktionalität gibt es eine Kombination aus laserXtens und videoXtens mit allen Optionen. Eine perfekte Grundlage für Forschungslabore und Universitäten, die ein großes Anwendungsspektrum mit wechselhaften Anforderungen haben.

Fazit
Optische Extensometer decken Standardanwendungen ab und bieten einen Mehrwert durch Zusatzfunktionen im Vergleich zu den berührenden Extensometern. ZwickRoell bietet eine große Auswahl und für jede Anwendung das richtige System. Dies ist möglich durch die jahrzehntelange anwendungstechnische Erfahrung und die eigene Entwicklung und Produktion. Dadurch stehen heute Innovationen zur Verfügung, die sichere Prüfergebnisse ermitteln und helfen Prüfzeit und Probenmaterial einzusparen.

Zwick Roell GmbH+Co. KG
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