23.12.21 – Fraunhofer LBF sucht Projektpartner

Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit flammgeschützter Thermoplaste

Experten aus dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF wollen die Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit flammgeschützter technischer Thermoplaste weiter erforschen.

Hochspannung.jpg

Ziel ist, umfangreiche Kenntnisse zu Wirkweisen flammgeschützter technischer Thermoplasten hinsichtlich ihrer Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit zu entwickeln und zu vermitteln. © LBF/pixabayHansBraxmeier

 

In diesem Zusammenhang sucht das Darmstädter Forschungsinstitut interessierte Projektpartner entlang der Wertschöpfungskette, die sich im Rahmen eines industriellen Verbundprojektes engagieren. Das Ziel ist, umfangreiche Kenntnisse zu Wirkweisen flammgeschützter technischer Thermoplasten hinsichtlich ihrer Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit zu entwickeln und zu vermitteln. Das neue Projekt soll den Teilnehmern effiziente Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette bieten sowie zielgenaue und effiziente Material- und Produktentwicklungen ermöglichen.

Neue Herausforderung für bewährte Anwendungen
Die Elektrifizierung ist weltweit der Schlüssel zu klimafreundlicher Mobilität: zu Land, zu Wasser und in der Luft. Besonders in der Automobiltechnik ist diese Transformation spürbarer denn je und reicht von unzähligen Bedienelementen im Interieur, mit aerodynamischen Anbauteilen und vielfältigen Sensoren im Exterieur, über den Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen bis hin zur Ladeinfrastruktur, in Form von Steckern, Buchsen, Säulen, Ladeboxen. Hier kommen häufig technische Thermoplaste wie Polyamide, Polycarbonate, Polyester und ihre Blends zum Einsatz. Dabei müssen gute Verarbeitungseigenschaften mit hohen Anforderungen an mechanische Eigenschaften, Dimensionsstabilität, Flammwidrigkeit, Kriechstromfestigkeit, Alterungs- und Witterungsbeständigkeit vereint werden. Durch die immer stärkeren Ladespannungen und Ladeströme rückt das Thema Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit in den Fokus.

 In diesem Zusammenhang ermittelt die Prüfung zur Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit nach DIN EN 60587 „Elektroisolierstoffe, die unter erschwerten Bedingungen eingesetzt werden“, wie stark sich die Isolationsfähigkeit einer Oberfläche bei hohen Spannungen (>= 1 Kilovolt kV) im Freien unter dem Einfluss von Feuchte und Verunreinigungen ändert. Ist die Zeit zur Kriechwegbildung unter der jeweils angelegten Spannung größer als 60 Minuten (time-to-track), gilt die Prüfung als bestanden. Die angelegte Prüfspannung wird sukzessive in Schritten von 0,5 kV erhöht und die Prüfung wiederholt. Das Prüfergebnis ist die maximale Prüfspannung, im Englischen auch als IPT-Wert (Inclined Plane Tracking) bezeichnet, bei der die Zeit zur Kriechwegbildung an jeweils fünf Proben größer 60 Minuten ist. Dieser Test ist sehr zeit- und arbeitsintensiv und eignet sich nur begrenzt, um beispielsweise in der Entwicklung neuer Compounds als einfache und schnelle Methode zur Bewertung der Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit eingesetzt zu werden. Auch sind Rückschlüsse aus anderen Prüfungen und Tests, wie dem für Spannungen bis 600 Volt genormten CTI-Wert (Comparative Tracking Index), nicht möglich, da die Werkstoffe unter den verschiedenen Prüfanordnungen unterschiedliches Verhalten zeigen.

Erfolgreich im Verbund
Im Vordergrund steht zunächst die Eruierung der verschiedenen Einflussfaktoren auf ihr Verhalten im IPT-Test. Diese gilt es zu gewichten und zu bewerten, um die relevanten Einflussgrößen für die Einstufung der Materialien nach dem IPT-Test ableiten zu können. Dabei wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer LBF Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Testverfahren CTI und IPT herausarbeiten und miteinander vergleichen. An geeigneten Modell-Compounds werden darüber hinaus Wirkweisen und mechanistische Grundprinzipien untersucht. Daraus wird das Forscher-Team Struktur-Eigenschafts-Beziehungen und idealerweise Methoden zur Vorhersage des Werkstoffverhaltens ableiten.

 Das Fraunhofer LBF plant das Verbundprojekt mit industriellen Partnern, um umfassende Kenntnisse zu Wirkweisen flammgeschützter technischer Thermoplasten hinsichtlich ihrer Hochspannungs-Kriechstromfestigkeit zu entwickeln. Ein industrielles Verbundprojekt realisiert Vorhaben kosteneffizient, da die Aufwendungen gemeinsam getragen werden. Die Projektpartner erschließen neue Kontakte und vertiefen vorhandene. In diesen branchenübergreifenden Zusammenschlüssen wird die Thematik des Vorhabens über Fachgrenzen hinweg diskutiert, wodurch alle Beteiligten ihr fachliches Wissen erweitern.

Details zu den Schwerpunkten und dem weiteren Vorgehen finden Interessierte unter folgendem Link: www.lbf.fraunhofer.de/kriechstromfestigkeit-thermoplaste

Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit
und Systemzuverlässigkeit LBF
Bartningstraße 47, 64289 Darmstadt
Ansprechpartner ist Frank Schönberger
Tel.: +49 6151 705-8705
frank.schoenberger@lbf.fraunhofer.de
www.lbf.fraunhofer.de

Über das Fraunhofer LBF
Das Fraunhofer LBF in Darmstadt steht seit über 80 Jahren für Sicherheit und Zuverlässigkeit von Leichtbaustrukturen. Mit seinen Kompetenzen auf den Gebieten Betriebsfestigkeit, Systemzuverlässigkeit, Schwingungstechnik und Polymertechnik bietet das Institut heute Lösungen für wichtige Querschnittsthemen der Zukunft: Systemleichtbau, Funktionsintegration und cyberphysische maschinenbauliche Systeme. Im Fokus stehen dabei Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie Ressourceneffizienz und Emissionsreduktion sowie Future Mobility, wie die Elektromobilität und das autonome, vernetzte Fahren. Umfassende Kompetenzen von der Datenerfassung im realen betrieblichen Feldeinsatz über die Datenanalyse und die Dateninterpretation bis hin zur Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Auslegung und Verbesserung von Material-, Bauteil- und Systemeigenschaften bilden dafür die Grundlage. Die Auftraggeber kommen u.a. aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, der Medizintechnik sowie der chemischen Industrie. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der rund 400 Mitarbeitenden und modernster Technologie auf mehr als 17.900 m² Labor- und Versuchsfläche.