28.06.22 – Maßgeschneidertes Konzept
Profilieranlage für große Teilefamilien mit präzisen Zwischenstanzungen
Profile mit komplexen Querschnitten in zahlreichen Längenvarianten und stets positionsgenauen Stanzungen exakt rollzuformen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Ein maßgeschneidertes Anlagenkonzept von Profilmetall bewältigt sie mit integrierten Zwischenstanzungen – für Teilefamilien mit über 200 Ausführungen.
Beim Rollformen sei das Einbringen von Lochungen vor dem Umformen weit verbreitet, es habe aber einen gewichtigen Nachteil, sagt Steffen Gauger: „Wenn Randlochungen in das Bandmaterial vor dem Einzug in die Profilieranlage gestanzt werden, passiert es typischerweise, dass sich die Löcher beim nachfolgenden Umformprozess ebenfalls verformen.“ Der Fachmann ist Vertriebsleiter bei Profilmetall Engineering im unterfränkischen Marktheidenfeld. Besonders groß sei die Wahrscheinlichkeit bei komplexen Querschnitten, die mit zahlreichen Umformschritten hergestellt werden, betont er. Wenn dann noch unterschiedliche Längenvarianten gefertigt werden, ähneln positionsgenaue Lochungen einem Glücksspiel. „Zuverlässig und reproduzierbar sind präzise Stanzungen mit vertretbarem Aufwand so nicht zu erreichen“, informiert der Experte.
Profilmetall Engineering gehört wie Profilmetall aus Hirrlingen im Landkreis Tübingen zur Profilmetall Gruppe. Während die baden-württembergische Schwestergesellschaft für die Auftragsfertigung von Profilen zuständig ist, zeichnet der nordbayerische Partner für die Entwicklung und Herstellung kundenspezifischer Profilieranlagen mit allen zugehörigen Inline-Prozessen verantwortlich. Dieses umfassende Dienstleistungs- und Produktportfolio unter dem Dach eines Unternehmensverbundes sei im deutschsprachigen Raum einzigartig, sagt Geschäftsführer Manfred Roth. Er führt zusammen mit seiner Frau Dr. Daniela Eberspächer-Roth die Profilmetall Gruppe.
Eine Anlage für zwischengestanzte, längenvariable Profilfamilien
„Durch diese Bündelung von Know-how und jahrzehntelanger Erfahrung sind wir in der Lage, Lösungen für technische Herausforderungen wie die Fertigung zwischengestanzter, längenvariabler Profilfamilien aus einer Hand anzubieten“, erläutert Roth die Kundenvorteile. Die Anfrage kam in diesem Fall von einem Möbelzulieferer, der Profile aus kaltgewalztem Stahlblech als Wandteile für Design-Schubladen braucht. Sie kommen als Elemente bei hochwertigen Möbeln zum Einsatz, welche sich durch eine für den Hersteller charakteristische Formensprache auszeichnen. Vom Kunden, der ungenannt bleiben möchte, werden die Profile mit anderen Bauteilen aus Holz und Metall zu Schubladen montiert.
Die Profile zeichnen sich durch eine hohe Oberflächengüte aus; ihr komplexer Querschnitt erfordert mehr als 40 Umformschritte, teilweise mit sehr kleinen Radien und sogar quer zur Profillängsrichtung. Die Profilieranlage fertigt sechs Höhen- und zahlreiche Längenausführungen, sodass mehr als 200 Profilvarianten entstehen. Flexibel werden bei Bedarf weitere Längen stufenlos hergestellt. Angesichts dieser Teilevarianz sowie den Anforderungen an die Präzision der Umformungen und die Positionstreue der Stanzungen ist Zwischenstanzen die Lösung der Wahl. „Damit sind die Lochungen auch bei unterschiedlichen Längenvarianten stets präzise und maßhaltig zueinander“, begründet Steffen Gauger. Die Folge ist, dass die Stanzungen präzise zueinander passen und die Schubladenelemente exakt montiert werden können.
Maßgeschneiderte Profilieranlage aus dem Baukasten
Die Profilmetall-Experten für den Werkzeug- und Maschinenbau setzten sich zusammen und entwickelten eine Gesamtlösung für den Kunden. „Dank unseres technologischen Vorsprungs sind wir imstande, die passenden Stanzvorgänge an den besten Positionen im Fertigungsprozess vorzunehmen, egal, ob vor, während oder nach dem Umformprozess“, ist Gauger überzeugt. „Mit einer Simulation können wir den Umformprozess und das Werkzeugverhalten anschaulich darstellen. Am Ende steht ein Profil mit exakt dem gewünschten Querschnitt sowie maßhaltigen Lochungen in höchster Präzision, das sich darüber hinaus mit größtmöglicher Geschwindigkeit wirtschaftlich fertigen lässt.“
Das überzeugte den Möbelzulieferer. „Er bestellte bei uns die komplette Produktionslinie kombiniert mit ,Xellar'-Modulen und den zugehörigen Rollform- und Stanzwerkzeugen. Damit kann er jede der mehr als 200 Bauteilversionen der Profilfamilie auf einer Profilieranlage herstellen“, beschreibt Geschäftsführer Roth das Ergebnis der Beratungen. „Diese zahlreichen Produktvarianten haben unsere Ingenieure bereits im Engineeringprozess für den rationellen Werkzeugaufbau und den Fertigungsprozess berücksichtigt.“
Die hohe Flexibilität der bei Profilmetall Engineering entwickelten, mehrfach prämierten Xellar-Profilieranlage erleichterte die Arbeit. Denn die hochvariablen Fertigungszellen basieren auf einem modularen, leicht anpassbaren Konzept. Das Baukastensystem mit smarten Fertigungszellen lässt sich je nach Produktanforderung per „Plug & Produce“ frei miteinander kombinieren. Rollgeformt werden können mit Xellar alle Blechwerkstoffe, die kalt umformbar sind – von Aluminium über sämtliche Stähle, Edelstähle, Kupfer, Titan und Molybdän bis hin zu vorlackierten Materialien und Verbundwerkstoffen. Sie lassen sich flexibel und oberflächenschonend in Blechstärken ab 0,08 mm in einer hohen Variantenvielfalt bearbeiten.
Module lassen sich leicht austauschen
Die Basis von Xellar sind standardisierte Module für unterschiedliche Arbeitsschritte wie das Zuführen, Rollformen, Trennen, Stanzen und Längsnahtschweißen. Alle Module sind mit eigenem Antrieb und kompletter Hydraulik ausgestattet und einzeln voll funktionsfähig. Sie lassen sich beliebig anordnen und rasch austauschen. Die für die Lochungen verwendete Stanzzelle „Xellar-Punch“ kann flexibel für das Vor-, Zwischen- und Nachstanzen eingesetzt werden. In Kombination mit Stanzwerkzeugen von Profilmetall lassen sich beliebige Lochbilder in hoher Präzision und Geschwindigkeit herstellen – von einfachen Lochreihen zum Anbinden weiterer Blechteile bis hin zu komplexen Stanzbildern für die Montage von elektrischen Komponenten.
„Das Umrüsten, beispielsweise, um die jeweiligen Lochbilder der unterschiedlichen Profillängen zu erzeugen, geht dank vorprogrammierter Einstellungen sehr schnell“, betont Vertriebsleiter Gauger. Der Abtransport der Stanzabfälle erfolgt ebenfalls automatisiert, und wie bei allen Modulen sorgt eine Haube für einen schall- und emissionsarmen Betrieb. Die servomechanisch statt hydraulisch angetriebenen Stanzwerkzeuge sind zum einen ausgesprochen energieeffizient. Zum anderen zeichnen sie sich durch ein schonendes Stanzverhalten aus, was die Lebensdauer der Werkzeuge verlängert. In Verbindung mit der Xellar-Steuerung ist zudem Predictive Maintenance möglich. Durch die vorbeugende Instandhaltung können Stillstandszeiten infolge von Werkzeugbruch kurz gehalten werden.
„Gerade Produktfamilien mit unterschiedlichen Materialien, Oberflächeneigenschaften, Längen, Gewichts- oder Stabilitätsmerkmalen können durch die Anlagentechnik kombiniert mit Xellar optimal hergestellt werden“, unterstreicht Roth: „Hierfür werden lediglich einzelne Werkzeuge ausgetauscht oder ergänzt. Das ist intuitiv umsetzbar und in kurzer Zeit erledigt.“
Schneller, sicherer Werkzeugwechsel mit RFID-Codierung
Zu den intelligenten Details von Xellar gehören leicht positionierbare Werkzeuge und Schnellwechselsysteme, mit denen Rüstvorgänge beschleunigt und Prozessanpassungen vereinfacht werden. „Dank ihres anwenderfreundlichen Werkzeugwechsels ist unsere Profilieranlage besonders effizient“, beschreibt Gauger die Lösung. Einen schnellen Produktionsstart und prozesssicheres Rüsten ermöglicht auch das von Profilmetall entwickelte System aus codierten Werkzeugen und Bedienerführung. Es verhindert ein Vertauschen von Werkzeugen und vereinfacht gerade beim Rollformen von Profilen mit vielen Varianten das Rüsten. Hierzu sind Werkzeugsysteme mit RFID-Chips codiert, um die für die jeweilige Produktvariante hinterlegten Daten zur Bedienerführung beim Rüsten von Profilieranlagen zu nutzen. Beim Werkzeugwechsel leitet die Steuerung den Anlagenführer dann mit einem interaktiven Dialog an. Hierbei zeigt sie ihm, wie und wo die richtigen Werkzeuge an der Anlage zu positionieren sind. Direkt nach Quittierung des korrekten Arbeitsschrittes kann ein weiteres Werkzeug eingesetzt werden. „Erfahrene Anlagenbediener freuen sich über diese Erleichterung und unerfahrene Mitarbeiter ermöglicht die Innovation, auch Teilefamilien jederzeit fehlerfrei und wiederholbar zu fertigen“, unterstreicht Gauger. „Kleinserien von 100 Stück sind dadurch genauso effizient zu fertigen wie Großserien.“
Fertigungsüberwachung und Industrie-4.0-Anbindung
Zur mobilen Überwachung und Steuerung der Produktionsprozesse bietet das Unternehmen außerdem verschiedene Lösungen, mit der Zustands- und Verbrauchsdaten via Internet über jedes browserfähige Endgerät analysiert und beeinflusst werden können. Die permanente Kontrolle und Anpassung von Abläufen erlaubt so eine umfassende Qualitätssicherung und Wartungsplanung.
Mit Xellar ist dieses „Smart Rollforming“ bereits möglich. Standardmäßig werden Antriebe und Getriebe durch eine intelligente Sensorik überwacht, weitere Sensoren und Elemente lassen sich integrieren oder im Nachhinein hinzufügen. Dadurch können Kunden exakt die Daten generieren, die für sie relevant sind, um die Produktion zu optimieren und die Wartung der Anlage zu vereinfachen. „Unsere Anlage eignet sich bereits heute für gängige Industrie 4.0-Anbindungen“, unterstreicht Geschäftsführer Roth.
F. Stephan Auch, freier Fachjournalist in Nürnberg
Profilmetall Engineering GmbH
Dillberg 22
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