12.03.21 – Oberflächentechnik

Kantenverrunden als Basis für Qualitätsbauteile

Aufgrund zunehmender Qualitätsanforderungen nimmt das Kantenverrunden sowie das Entzundern und Entgraten einen immer größeren Stellenwert in der Blechbearbeitung ein. Vor diesem Hintergrund investierte ein Zulieferer aus diesem Sektor in neue Anlagentechnik von Lissmac.

SBM-XS-300.jpg

Die „SBM-XS 300“ von Lissmac ist eine Anlage für das beidseitige Entgraten und gleichmäßige Kantenverrunden gestanzter sowie laser- und feinplasmageschnittener Werkstücke in einem Arbeitsschritt. © Kuipers technologies

 
Automatisierung.jpg

Die „XS“-Baureihe ist zur Bearbeitung von Kleinteilen mit je zwei Aggregaten auf der Ober- und Unterseite ausgestattet. Ein Querschleifband und zwei rotierende, flexible Schleiflamellenwalzen übernehmen die beidseitige Bearbeitung der Werkstücke. © Kuipers technologies

 
Alle Bilder anzeigen

Mit rund 330 Mitarbeitern produziert Kuipers technologies im Drei-Schicht-Betrieb Teile und Baugruppen unter anderem für die Bereiche regenerative Energien, allgemeiner Maschinenbau, Trailer und Ladenbau. In vier Generationen hat sich das Meppener Unternehmen vom reinen Handwerks- zum Hightech-Betrieb in der Blechbearbeitung entwickelt. Der Zulieferer setzt dabei auf hohe Qualitätsstandards. Daher wird auch der Maschinenpark regelmäßig auf die Erfordernisse der verschiedenen Märkte ausgerichtet. Aktuell investierte Kuipers technologies in eine „SBM-XS 300“ von Lissmac – eine Anlage für das beidseitige Entgraten sowie gleichmäßiges Kantenverrunden gestanzter und lasergeschnittener Werkstücke in einem Arbeitsprozess.

Passgenaue Anlagentechnik

Die Lackhaftung und der daraus resultierende Korrosionsschutz sind für Kunden und Oberflächenveredler wichtige Qualitätskriterien. Deshalb war die Investition in passgenaue Anlagentechnik für die Meppener unumgänglich. Zu dem Entscheidungsprozess sagt Geschäftsführer Michael Kuipers: „Ursprünglich dachten wir, eine Universalmaschine und das Nassschleifverfahren sind die richtige Lösung für alle Teile. Eine entsprechende Anlage hatten wir einige Jahre im Einsatz, doch die Ergebnisse waren nicht optimal. So begann die Suche nach einer Anlage, die unseren Anforderungen gerecht wird.“

Gerade beim Stahlschleifen traten Korrosionsprobleme auf, auch gab es Flüssigkeitsrückstände auf den Teilen. Außerdem sei der Instandhaltungsaufwand einer Nassschleifmaschine deutlich höher, so Kuipers. Dagegen sollte die neue Entgratmaschine eine kürzere Durchlaufzeit der Artikel sicherstellen, sodass sich Wunschtermine von Kunden auch kurzfristig bedienen lassen.

Während die vorherige Anlage heute für die Bearbeitung von Aluminium und Edelstahl eingesetzt wird, ist Kuipers mit der neuen Lissmac in der Lage, Bauteile beidseitig hauptzeitparallel zu entgraten oder zu verrunden. Durch die Neuinvestition wurden die Prozesse bei den unterschiedlichen Materialien verbessert und ergänzt. Zudem ist eine bessere Prozesssteuerung mit Blick auf die Logistik möglich.

Anlage wird automatisiert

Die SBM-XS 300 ist eine kompakte Maschine, die bei Bedarf beidseitig arbeitet. Bei Kleinteilen gewährleistet sie kurze Durchlaufzeiten und eine hohe Flexibilität in der Bearbeitung. Die Standardausführung ist als Stand-alone-Anlage ausgeführt. Weil bei Kuipers grundsätzlich hauptzeitparallel bearbeitet werden soll, wurden die Maschinen automatisiert.

„Das hauptzeitparallele Bearbeiten von Teilen funktioniert bei Anlagen mit sehr kurzen Durchlaufzeiten nicht. Hinzu kommt, dass ein hochqualifizierter Facharbeiter nicht im 10-Sekunden-Takt Teile auf ein Band legen sollte. Also musste die Anlage automatisiert werden – für jedermann verständlich und so, dass der Ablauf in die Prozesse passt“, betont Kuipers.

Zwei Mitarbeiter aus dem Roboter-Team, das Kuipers vor etwa drei Jahren gebildet hatte und das bis heute mit der Hochschule Osnabrück zusammenarbeitet, haben etwa zwei Jahre an dem Projekt gearbeitet. Das Ergebnis: Der Roboter erkennt selbstständig die zu bearbeitenden Bauteile, entnimmt sie von der Palette und legt sie auf das Einlaufförderband. Nach der Bearbeitung durch die SBM-XS 300 entnimmt er die Teile vom Auslaufförderband und legt sie auf einer weiteren Palette ab. Gleichzeitig belädt der Roboter das Zuführförderband mit neuen Bauteilen. Sind keine weiteren Bauteile zu bearbeiten, wechselt der Roboter in den reinen Abräummodus und pallettiert die verbleibenden bearbeiteten Bauteile.

„Die Entwicklung und Umsetzung der Automatisierung war eine der großen Herausforderungen, denn die Taktzeit variiert zwei- bis dreimal während des Prozesses“, betont Kuipers. Durch die Automatisierung kann an der Maschine nun im Drei-Schicht-Betrieb durchgängig gearbeitet werden. Im Bedarfsfall kann sie auch stand alone arbeiten. Der Prozess ist für den Anlagenbediener sehr einfach gestaltet, weil er durch die Automatisierung von vielen Einstellungen entlastet wird. Aufträge können so schnell und prozesssicher abgearbeitet werden.

Lackhaftung gewährleisten

Eine technische Problemstellung, die mit der Lissmac-Anlage gelöst werden sollte, ist die Lackhaftung an zu beschichtenden Teilen. Die Kantenflucht kann dazu führen, dass Werkstücke im Bereich der Schnittkante nicht ausreichend beschichtet werden. Dies kann besonders bei Korrosionsschutzbeschichtungen den angestrebten Schutz verhindern.

Eine zunehmende Anforderung ist außerdem eine oxid- und gratfreie Schnittkante. Beim Sauerstoff-Lasern wird jedoch durch das Schneidgas eine Oxidschicht an der Schnittkante erzeugt. Per Vorbehandlung können Beschichter nicht immer gewährleisten, dass diese Oxidschicht komplett entfernt wird. Um diesem Problem aus dem Weg zu gehen, schneiden Blechbearbeiter mit Stickstoff. Dabei kommt es zu einer (Mikro-)Gratbildung an den Werkstücken. Wie ausgeprägt dieser Grat ist, hängt von der Materialdicke ab. Fest steht aber, dass die Kanten sehr scharf sind. Um eine bessere Lackierbarkeit oder Lackhaftung zu gewährleisten, setzt Kuipers daher auf das Verrunden.

Wirtschaftlich Qualität sicherstellen

Die SBM-XS 300 hat sich aus Sicht von Kuipers bei allen Bauteilen bewährt, für die die Maschine ausgelegt ist. So kann das Unternehmen nach der Bearbeitung jede Oberflächenbeschichtung in unterschiedlichen Schichtdicken auftragen, zum Beispiel KTL-Beschichtungen, Nasslacke, Pulverbeschichtungen oder Verzinkungen. „Durch die Kantenverrundung haben wir das Problem der Lackhaftung weitestgehend gelöst. Die Beschichtung haftet besser an den Bauteilen. Schließlich legen einige unserer Kunden großen Wert auf die Langlebigkeit der Bauteile.“

Fest steht: Als zusätzlicher Arbeitsgang ist Verrunden eine Investition in die definierte Qualität. Neben der Qualität ist auch die Haptik verrundeter Teile deutlich besser. So ordern die Kunden von Kuipers für bestimmte Anwendungen auch zunehmend verrundete Teile.

Neue Ziele bereits definiert

Lissmac und Kuipers technologies arbeiten seit Jahren zusammen. Im Verband deutscher Laseranwender-Blechbearbeitung etwa gibt es einen regen Austausch zu verschiedenen Themen der Blechbearbeitung. Auch die Idee zur Automatisierung der Lissmac-Anlage, die in der ersten Zeit manuell betrieben wurde, entwickelte man gemeinsam. Umgesetzt wurde sie dann innerhalb eines Jahres.„Es ging Hand in Hand. Während Lissmac die Schnittstellen bereitgestellt hat, wurde die Automatisierung komplett von Kuipers technologies entwickelt“, erzählt Dirk Schürstedt, Gebietsverkaufsleiter Metal Processing bei Lissmac.

Die nächsten Ziele seines Unternehmens definiert abschließend Kuipers: „Der Fokus wird in Zukunft auf der Baugruppe liegen und auf einem eigenen Produkt. Und natürlich läuft auch das Thema Digitalisierung und Vernetzung der Anlagen bereits im Hintergrund.“

Annedore Bose-Munde, Fachjournalistin aus Erfurt

Lissmac Maschinenbau GmbH
Lanzstraße 4
88410 Bad Wurzach
Tel.: +49 7564 3070
lissmac@lissmac.com
www.lissmac.com

Kuipers technologies GmbH
Essener Straße 14
49716 Meppen-Hüntel
Tel.: +49 5932 99660
cnc@kuipers-metall.de
www.kuipers-technologies.com