16.03.21 – SMED-Konzepte

Geringere Produktionskosten durch optimierten Werkzeugwechsel

Verringerte Lagerhaltung und zunehmende Just-in-time-Produktion zwingen Betreiber von Presswerken vermehrt dazu, schnell wechselnde Produktreihen zu fertigen. SMED-Konzepte – single minute exchange of die: der einminütige Werkzeugwechsel – bieten Lösungen, die das komplette Werkzeughandling umfassen.

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Manuelle Werkzeugwechselwagen mit einer Tragfähigkeit von 500, 1000 und bis zu 4000 kg. © Hilma-Römheld

 
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Antriebseinheit und Tragkonsole, mit denen sich Werkzeuge automatisch in eine Presse einschieben lassen. © Hilma-Römheld

 
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Der Vorgang des Werkzeugwechsels reicht von der Demontage und Entnahme eines Werkzeugs bis zum Einsetzen, Positionieren und Spannen seines Nachfolgers. Zum Ablauf gehören außerdem Nebenaktivitäten wie der Werkzeugtransfer zur Maschine sowie das Verbinden von Medien und Sensoren.

Richtig lagern und transportieren

Für einen effizienten Umrüstungsprozess ist es wichtig, die Werkzeuge richtig zu lagern. Der schnelle, einfache Zugriff in leicht zugänglichen Regalen sowie kurze Verbindungswege beschleunigen das Rüsten. Im Lager werden Werkzeuge mit geeigneten Kränen und speziellen Gabelstaplern bewegt. Von dort zur Presse gelangen sie auf Transportwagen, die üblicherweise für kleine und mittlere Werkzeuge mit einem Gewicht von bis zu 4 t verwendet werden.

Niedrige Anschaffungskosten, eine manuelle Steuerung, ein unterstützender Hilfsantrieb, hohe Manövrierfähigkeit und ein geringer Platzbedarf sind die Hauptvorteile des Transportwagens. Mithilfe von Leisten oder Kugeleinsätzen auf dessen Tischplatte und einem Andocksystem an der Presse kann das Werkzeug sicher und komfortabel bewegt werden.

Bequem in die Presse einfahren

Ebenso wichtig für den Umrüstungsprozess ist die Art und Weise, wie Werkzeuge in die Presse eingeführt werden. Oft werden Werkzeuge mit einem Kran oder Wechselwagen zur Presse gebracht, an der Tragkonsolen mit Rollenleisten befestigt sind. Über diese lässt sich das Werkzeug mühelos in den Maschinenraum der Presse einschieben.

Um schwere Werkzeuge innerhalb der Presse leicht bewegen zu können, sollten in den Pressentisch Leisten oder Einsätze mit Rollen oder Kugeln integriert sein. Der grundlegende Unterschied zwischen Kugeln und Rollen ergibt sich aus der Druckverteilung und der daraus resultierenden Belastung: Bei Kugeleinsätzen entstehen Druckpunkte, bei Rollenleisten sind es lineare Abdrücke. Die jeweils wirkenden Kräfte und die Belastungsverteilung führen zu großen Unterschieden hinsichtlich der Tragfähigkeit. Rollen tragen viel höhere Lasten, lassen aber nur eine lineare Bewegung des Werkzeugs zu. Dagegen ermöglichen Kugeln mit geringerer Tragfähigkeit eine Rotation des Werkzeugs auf dem gesamten Pressentisch. Durch kürzere Kugelabstände kann die Belastbarkeit der Kugelleisten in bestimmten Situationen erhöht werden.

Bei großen Werkzeugen oder häufigen Werkzeugwechseln, lässt sich das Einschieben durch den Einsatz eines Tandemsystems verbessern. Hierzu werden auf beiden Seiten der Presse Konsolen eingesetzt, eine davon mit Antrieb.

Kürzere Rüstzeiten dank Tandemkonsolen

Bei Tandemkonsolen können die Pressen von zwei Seiten mit Werkzeugen bestückt werden, der Wechsel lässt sich sowohl von vorn als auch von hinten vorbereiten. Das neue Werkzeug wird auf die Konsole gelegt und mit dem Werkzeug in der Presse verbunden. Nach der Kopplung mit der Antriebskonsole wird das neue Werkzeug von einer Seite in die Presse transportiert, gleichzeitig fährt das andere am gegenüberliegenden Ende heraus. Somit lässt sich das neue Werkzeug schon für das Umrüsten vorbereiten während die Presse noch arbeitet. Auch kann es frühzeitig gebracht werden und blockiert so nicht den Kran oder Werkzeugwagen, der noch für den Abtransport des alten Werkzeugs benötigt wird.

Mit mechanischen Elementen spannen

Der letzte Schritt beim schnellen Umrüsten an Pressen ist das Spannen des Werkzeugs. Vor allem mechanische, hydraulische, magnetische und elektromechanische Systeme sind weit verbreitet. Jede dieser Lösungen zeichnet sich durch unterschiedliche Merkmale, verfügbare Kräfte und Automatisierungsgrade aus.

Bei mechanischen Spannelementen beträgt der reale Spannkraftbereich bis zu 100 kN (bei T28-Nuten). Der Einsatz von integrierten Planetengetrieben oder Hydraulikeinsätzen ermöglicht hohe Spannkräfte bei geringen Anzugsmomenten. Allerdings gibt es hierbei nur eine optische Spannkontrolle, was ihren Einsatz in automatischen oder automatisierten Systemen verhindert.

Höhere Spannkräfte

Mit hydraulischen Spannsystemen können wesentlich höhere Spannkräfte erreicht werden: bei Standardlösungen sind es bis zu 630 kN (basierend auf Daten von Hilma-Römheld). Als Druckerzeuger werden Hydraulikaggregate eingesetzt, die dafür sorgen, dass während des Betriebs der richtige Versorgungsdruck herrscht. Aus Sicherheitsgründen werden die Spannelemente über zwei getrennte Kreisläufe versorgt, die jeweils mit einem Druckschalter ausgestattet sein sollten. Das schützt die Maschine, wenn der Druck den Sollwert um 15 % unterschreitet. Bei Bedarf können die Spannelemente zusätzlich mit Rückschlagventilen gesichert werden. Diese hohen Sicherheitsstandards und eine optionale Positionskontrolle des Spannelements – beispielsweise mit Näherungssensoren – erlauben den Einsatz hydraulischer Spannsysteme in automatischen und automatisierten Systemen.

Vielfältig einsetzbar

Elektromechanische Systeme bilden eine eigene Gruppe von Spannelementen, die immer beliebter wird. Sie werden beispielsweise in Situationen verwendet, bei denen eine kontinuierliche Steuerung und Überwachung des Fertigungsprozesses erforderlich ist oder hydraulische Systeme sich nicht einsetzen lassen. Auch bei vollautomatischen Prozessen und Industrie 4.0-Anwendungen sind sie beliebt. Die Elektromechanik ermöglicht hohe Spannkräfte und die volle Kontrolle über den Spannvorgang. Gleichzeitig verzichten die Elemente auf ein Medium wie Hydrauliköl, das den technologischen Prozess beeinträchtigen könnte. Darüber hinaus sind sie einfach zu installieren: Es müssen nur einige Stromkabel angeschlossen werden.

Schneller Wechsel

Die letzte Gruppe von Spannsystemen, die in Stanzpressen verwendet werden, sind Magnetspannplatten. Hier wirkt die Spannkraft gleichmäßig auf die gesamte Oberfläche des Werkzeugs. Beide Werkzeughälften liegen exakt parallel zueinander. Eine teure Standardisierung von Werkzeuggrößen und Spannrandhöhen ist nicht notwendig. Damit verbunden sind geringe Kosten für die Werkzeugvorbereitung und -instandhaltung. Gleichzeitig ermöglicht das Schnellwechselsystem eine komfortable Bedienung und hohe Sicherheit am Arbeitsplatz.

Magnetspannplatten arbeiten nach dem Permanentmagnetprinzip, das heißt sie funktionieren auch bei fehlender Stromversorgung. Eine Stromzufuhr ist nur in den ersten Sekunden erforderlich, um das System zu magnetisieren. Während des Betriebes erhalten die Magneten die Spannkraft unabhängig von der Stromversorgung aufrecht. Elektrische Spannung wird allein zur Steuerung sowie Überwachung des Rüstvorgangs benötigt.

Die Magnetkraft wird in einem flachen, hochkonzentrierten Magnetfeld erzeugt, das circa 12 mm tief in die Werkzeugoberfläche eindringt. Probleme mit der Magnetisierung eines Werkstücks gibt es somit nicht. Erreicht werden Magnetkräfte zwischen 2 und 18 kg/cm² (nach Daten von Römheld-Rivi). Die genauen Werte hängen von der Beschaffenheit der Werkzeugoberfläche ab und nehmen mit der Werkzeuggröße zu.

Das Magnetspannsystem selbst hat keine beweglichen Teile. Neben der Oberflächenreinigung benötigt es praktisch keine Wartung. Geeignet ist es für neue Maschinen genauso wie für ältere Anlagen, da es sich in allen Pressen einsetzen und leicht nachrüsten lässt.

Effiziente Rüstkonzepte umfassen den gesamten Prozess

Damit der Rüstprozess einer Presse optimal verkürzt werden kann, muss der gesamte Ablauf betrachtet werden. Effiziente Konzepte reichen daher vom Werkzeugtransport über Werkzeugeingabesysteme bis hin zu den Spannsystemen. Mit ihrer Hilfe ist es leicht möglich, den Werkzeugwechsel zu optimieren, Produktivitätsgewinne zu erzielen und unproduktive Ausfallzeiten zu reduzieren. Außerdem können dank schneller Werkzeugwechselsysteme die von Kunden erwarteten kurzen Lieferzeiten eingehalten werden. SMED-Lösungen spielen derzeit eine entscheidende Rolle im Arbeitsprozess eines Presswerks. Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt hängen zu einem Gutteil von ihnen ab.

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