18.08.19
Federn automatisch prüfen, sortieren, verpacken, etikettieren
Prüfungen allein können nie die Qualität eines Bauteils steigern, sagt Freudenberg Sealing. Man müsse Fehler vielmehr von vornherein vermeiden. Das Unternehmen hat eine Anlage zur Sichtkontrolle entwickelt. Sie kombiniert optische Prüfung mit fortschrittlicher Automatisierung.
Die neue Inspektionseinheit ist gerade einmal so groß wie eine haushaltsübliche Mikrowelle. Sie prüft pro Sekunde vier Schlauchfedern mit Durchmessern von 6 mm bis 12 mm auf Fehler wie Knicke, Lücken, abweichende Durchmesser und mangelhaft geschlossene Enden. Die Maschine sortiert automatisch defekte Teile aus einer typischen Charge von 10 000 Federn aus und verpackt und etikettiert den Rest für den Versand an den Kunden. Eine einzelne Feder kostet wenige Cent. Dennoch hat die erste Inspektionseinheit im Freudenberg-Werk in Bristol/USA bereits spürbar zur Kostensenkung beigetragen: Die Ausschussquote ging ebenso zurück wie die Abweichungen beim Prüfen und die Produktionszeit. Für die Mitarbeiter haben sich die Arbeitsbedingungen verbessert. Bevor die Inspektionseinheit installiert wurde, mussten sie tausende der winzigen Federn auf dem Leuchttisch mit einer Lupe visuell prüfen. Stellten sie dabei eine bestimmte Anzahl von fehlerhaften Teilen in einem Fertigungslos fest, musste die gesamte Charge verschrottet werden.
Fehler beheben so schnell wie erkennen
Dank der neuen Prüfanlage sind Kundenrückrufe zurückgegangen. Während die Einheit Fehler identifiziert und analysiert, meldet die zugehörige Software die Information direkt an die Fertigungsmaschine zurück. Werden zu viele Fehler erkannt, stoppt die Inspektionseinheit die Fertigung automatisch, so dass die Maschinenparameter korrigiert und mögliche weitere Probleme behoben werden können. „Die Behebung der Fehler läuft im Grunde genommen genauso schnell wie ihre Erkennung“, sagt Robert Scavuzzo, Vice President Global Advanced Manufacturing Technology bei Freudenberg Sealing Technologies. Auf diese Weise lässt sich die Herstellung defekter Federn von vornherein fast ausschließen.
Mit den Prüfungen werde man niemals die Qualität eines Bauteils steigern können. Stattdessen müsse man Fehler von vornherein vermeiden. „Unsere neue Inspektionseinheit macht das möglich“, freut sich Scavuzzo. Dies ist ein entscheidender Beitrag zur Null-Fehler-Kultur des Unternehmens. Gleichzeitig mit den Inspektionseinheiten entwickelte Freudenberg ein Dashboard zur Erfassung der Daten. Der Bediener kann auf einem Bildschirm sehen, welche Maschinen korrekt funktionieren und wo Anpassungen notwendig sind. Herzstück ist das von Freudenberg eigenentwickelte flexible Bildverarbeitungssystem. Es untersucht ein Bauteil anhand von Algorithmen in weniger als 50 ms auf Fehler. Die neue automatische Sichtkontrolle (ASK) prüft acht verschiedene Maß- und Oberflächenfehler. „Es waren jedoch noch weitere Neuerungen erforderlich, um vom Konzept zum operativen Design zu gelangen“, erläutert Scott Sulhan, bei Freudenberg Senior Engineer mit Spezialgebiet Robotik und Maschinenbau.
Bei der Prototyp-Entwicklung der Inspektionseinheit musste Sulhan eine umfangreiche Anforderungsliste aus der Fertigung abarbeiten. So sollte die Einheit klein und kompakt sein, damit sie unter die Produktionsmaschinen passt. Außerdem musste sie netzwerkfähig sein, damit Bediener das System sowohl auf einem großen Bildschirm an der Anlage als auch auf ihrem Smartphone überwachen können. Ebenso sollte das elektronische Dashboard integriert werden, mit dem sich Statistiken und Daten anzeigen lassen. Nicht zuletzt war auch eine mechanische Ausschleusung erforderlich, die die Produkte schnell und reibungslos durch den Inspektionsprozess in separate Behälter steuert.
Additive Fertigung löst das Problem
Die von Sulhan entwickelte Ausschleusung besteht aus komplexen Führungen und dünnen Teilen, um die winzigen Teile problemlos durch die Inspektion zu bewegen. Um perfekte Ergebnisse zu erzielen, griff er deshalb auf die additive Fertigung zurück. „Aufgrund ihrer geringen Größe und des Designs wäre es schwer gewesen, die notwendigen Komponenten mit traditionellen Methoden herzustellen“, erläutert Sulhan. Daher bat er Kollegen, die bereits Erfahrungen mit additiven Herstellungsverfahren haben, ihn bei der Entwicklung zu unterstützen. Das Team stellte mehrere komplexe Komponenten additiv her und sparte auf diese Weise Zeit und Geld. Weitere Bauteilanpassungen waren schnell entwickelt und umgesetzt, sobald potenzielle Schwächen in der Mechanik erkannt wurden.
Die neuen Federinspektions-Einheiten produziert der Werkzeugbau von Freudenberg am Standort Northfield/USA. Da die Entwicklung dieser kleinen Inline-Inspektionseinheit erfolgreich war, sollen nun größere Prüfeinheiten für den Einsatz in anderen Fertigungsbereichen folgen. Hierzu will Freudenberg ebenfalls das flexible Bildverarbeitungssystem und additiv gefertigte Komponenten nutzen. Die Technologie der automatischen Sichtkontrolle sei sehr teuer, kommentiert Robert Scavuzzo: „Aber dank unseres firmeneigenen Werkzeugbaus kann sich das Unternehmen auf eigene Ingenieure, Wissenschaftler, Programmentwickler und Maschinenspezialisten verlassen. So können wir Inspektionseinheiten und -systeme bereitstellen, die den Kundenanforderungen entsprechen und auch flächendeckend in unseren Produktionsstätten weltweit eingesetzt werden.“
Freudenberg Sealing Technologies GmbH+Co. KG
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