15.02.24 – Oberflächenbearbeitung
Eigene Entgratungskompetenz für Bauteile ab 0,10 mm
Heinz Zimmermann Stanztechnik entwickelte gemeinsam mit Walther Trowal eine Fliehkraftgleitschleifanlage zur Entgratung von extrem feinen Stanzteilen.
Mitarbeiter Stefan Bolsen beim sorgfältigen Befüllen der neuen Fliehkraftgleitschleifanlage von Walther Trowal. © Heiko Höffner/Perfect-art.de
Hier „tanzen“ die Anlaufscheiben nach dem Trocknen aus der Anlage in den Behälter. © Heiko Höffner/Perfect-art.de
Das mittelständische Unternehmen Heinz Zimmermann Stanztechnik produziert Bauteile aus Stahl, Edelstahl, Messing und Aluminium als Serienkomponenten für die Automobil-, Elektro- und Bauindustrie und ist seit über 65 Jahren in der Stanz- und Umformtechnik tätig. Nachdem sich das Unternehmen den Marktanforderungen der letzten Jahre immer wieder angepasst und das Fertigungsspektrum auf die Verarbeitung von hochfesten Stählen ab einer Blechdicke von 0,10 mm erweitert hatte, diskutierten die Fertigungsexperten das Thema „Entgraten“ neu.
„Je nach Branche und Einsatzgebiert fallen die Oberflächenanforderungen unterschiedlich aus, werden aber seit Jahren immer umfangreicher“, berichtet Geschäftsführer Stefan Zimmermann. „Beispielsweise bei den Schnittkanten: Die Abtragsleistung ist höher geworden, aber das darf im Ergebnis nicht zu einer raueren Oberfläche führen. Wir fertigen extrem dünne 0,10 mm – 0,50 mm sogenannte Anlaufscheiben für Planetengetriebe. Diese Anlaufscheiben schützen Schneckenwelle und Zahnrad. Eine zu hohe Rauheit würde zu einem höheren Verschleiß des Getriebes führen und muss daher auf jeden Fall vermieden werden.
Mission „Selber machen“
Da keine geeigneten Bearbeitungsbetriebe für das Entgraten von Blechen zwischen 0,10 mm – 0,3 mm gefunden werden konnten, entstand die Idee, diesen Bereich eben ins eigene Unternehmen zu integrieren. Dazu wurde das Unternehmen Walther Trowal ins Boot geholt. Der Spezialist entwickelt und produziert bereits seit den Dreißiger Jahren Verfahrenslösungen für die Bearbeitung unterschiedlichster Oberflächen und hat den Begriff „Trowalisieren" in der Branche geprägt. Gemeinsam entschied man sich für die Konzeption und den Bau einer geeigneten Fliehkraftgleitschleifanlage zum Kantenverrunden, Feinschleifen und Polieren.
Bearbeitung extreme dünner Präzisions-Stanzteile
Fliehkraftanlagen haben eine um das 10-fache stärkere Schleifwirkung als Rundvibratoren. Dadurch entfernen sie starke Grate und verrunden Kanten kleiner und mittelgroßer Werkstücke. Durch die Rotation des Drehtellers wird der Schleifkörper und die Werkstückmasse durch die Zentrifugalkraft nach oben gelenkt, mit der einsetzenden Schwerkraft gleitet die Masse auf den Drehteller zurück, um von dort erneut beschleunigt zu werden. Die eigentliche Bearbeitung erfolgt durch die Relativbewegung zwischen Schleifkörper und Werkstück. Das Besondere an der Oberflächenbehandlung ist die Spaltspülung, wobei der Ringspalt zwischen Drehteller und Arbeitsteller automatisch überwacht, gespült und eingestellt wird. Das ermöglicht die Bearbeitung extreme dünner Präzisions-Stanzteile ab 0,10 mm, ohne dass es zu Deformierungen kommt. Ein miteinander Verkleben der Werkstücke oder das Haften an der Behälterwand ist damit ebenso ausgeschlossen.
„Wir sind beim Thema Entgraten nun flexibel und eigenständig aufgestellt und können so auf die gestiegenen Anforderungen deutlich besser reagieren,“ freut sich Stefan Zimmermann.
Positive Umweltbilanz
Die eigene Gleitschleifanlage im Hause hat Zimmermann die eigene technologischen Weiterentwicklung ermöglicht und spart zudem Ressourcen. So braucht es keinen Transport von Teilen zu einem externen Bearbeitungsbetrieb und entsprechend auch keinen wieder zurück. „Wir sparen uns außerdem den umweltbelastenden Reinigungsvorgang“, sagt der Geschäftsführer. Diese Ressourcenschonung hat dem Betrieb eine Förderung eingebracht: Seit September 2022 produziert Heinz Zimmermann Stanztechnik, zertifiziert durch das Deutsche Institut für Nachhaltigkeit & Ökonomie, CO2-neutral.
Verlagerung von Werkzeugen hat den Prozess beschleunigt
Durch die Ereignisse rund um die Coronapandemie, die explodierenden Rohstoffpreise und diverse andere Probleme in der Lieferkette hat sich die Heinz Zimmermann Stanztechnik in den letzten Jahren eine Kompetenz bei der Verlagerung von Werkzeugen erarbeitet. Da man auch die Anforderungen der Bestandskunden bezüglich der Anforderungen an Oberflächen kannte, war es mit der neuen Fliehkraftgleitschleifanlage ein Leichtes, darauf zu reagieren. So werden neben der langjährigen Stanzkompetenz die Kunden auch in Sachen „perfekte Oberfläche“ bestens betreut.
