28.11.23 – Kabelproduktion / Spezialkabel
Hightech-Kabel für die Meerestiefe
Die Firma Hradil Spezialkabel aus Bietigheim-Bissingen hat ein tiefseetaugliches und bis zu 200 m langes Daten- und Versorgungskabel für den Betrieb eines ferngesteuerten Mini-U-Bootes entwickelt.
Das neue maritime Tiefseekabel kommt zum Einsatz bei wissenschaftlichen und kommerziellen Einsätzen für die Meeresforschung und -erkundung. Das Tiefsee-Spezialkabel mit 19 mm Außendurchmesser verfügt über sechs innen liegende Aderpaare für Ethernet (RS485/Cat. 5), vier Adern für die Stromversorgung sowie einen mittig innen liegenden Druckluftschlauch.
Viele Forschungsbereiche in der Biologie, Archäologie, Geologie und Meteorologie nutzen die Möglichkeiten ferngesteuerter Überwachungssysteme. Bei der erdnahen Erkundung werden z. B. Drohnen mit Audio-, Video- oder Infrarotsensoren ausgestattet und können sehr gute wissenschaftliche Dienste leisten. Dies ist jedoch bei der Meeresforschung aufgrund der Druckverhältnisse und des Mediums Wasser deutlich schwieriger. Das Problem ist dabei weniger das Mini-U-Boot selbst als vielmehr die Versorgungs- und Datenleitung, die das Mini-U-Boot mit Energie und gegebenenfalls Druckluft versorgt und im Fall der Fälle als Rettungsleine dient.
Wie schwer darf ein Kabel für den Einsatz unter Wasser sein?
Das Gewicht eines Kabels spielt für den Einsatz eines Mini-U-Bootes die entscheidende Rolle. Chefkonstrukteur und technischer Geschäftsführer bei der Hradil Spezialkabel, Dede Bülbül, umreißt das Problem und die Aufgabenstellung für den Kabelentwickler: „Das Kabel sollte unabhängig von der Einsatztiefe des Mini-U-Bootes zu jedem Zeitpunkt im Wasser schweben. Zum einen darf also die Versorgungsleitung nicht zu schwer sein, sonst zieht sie das Mini-U-Boot in die Tiefe, aber auf der anderen Seite darf sie nicht zu leicht sein, sonst kommt das Mini-U-Boot erst gar nicht runter oder das Kabel zieht das Mini-U-Boot wieder nach oben.“
Da die Kupferleiter der Adern ein wesentlich höheres spezifisches Gewicht als Wasser haben, nämlich 8,9 g/cm3, muss man also zusätzliche Materialien, wie Standardcompounds in das Kabel verbauen, die ein geringeres spezifisches Gewicht als Wasser besitzen, um das hohe Gewicht des Kupfers auszugleichen.
Hohe Druckverhältnisse erfordern für Kabel innovative Konstruktionen
Mit zunehmender Tauchtiefe nimmt der Druck proportional zu. Pro 10 m Tauchtiefe steigt der Druck um 1 bar. In 10 m Tauchtiefe ist der äußere Druck auf das Mini-U-Boot und das Kabel doppelt so groß wie an der Wasseroberfläche und in 20 m bereits dreimal so groß. Das hat für das Kabel die Konsequenz, dass es sich mit zunehmender Tiefe immer mehr verformt und gleichzeitig verändern sich damit die physikalischen Eigenschaften des den Auftrieb ermöglichenden porösen Materials im Kabelinneren. Mit anderen Worten: Je tiefer es hinuntergeht, umso mehr verlören Kabel mit Standardcompounds ihre Auftriebswirkung und zögen das Mini-U-Boot nach unten.
Die Hradil Kabellösung für die Tiefsee
Die Hradil Ingenieure haben nun eine Kabellösung entwickelt, die gänzlich auf den Einsatz von porösen Materialien für den Auftrieb verzichtet. Stattdessen setzt Hradil auf eine druckverstärkte Lösung mit einem innen liegenden speziellen Schlauch, der von der Meeresoberfläche mithilfe einer motorisierten Pumpe mit Druckluft versorgt wird. So kann abhängig von der Einsatztiefe des Mini-U-Boots der Druck im Kabelinneren erhöht oder gesenkt werden, um den äußeren Wasserdruck auf das Kabel zu kompensieren und so für den notwendigen Auftrieb zu sorgen.
Damit das Mini-U-Boot alle seine Forschungs- und Erkundungsaufgaben erfolgreich erfüllen kann, verfügt das Spezialkabel über einen eigens entwickelten Aufbau. Dede Bülbül erläutert: „Wir haben uns die Funktionen angeschaut, die das Mini-U-Boot erfüllen muss und haben auf dieser Basis ein Kabel konstruiert, das mit der Hälfte der Adern auskommt als vergleichbare Standardkabel. Das hat den großen Vorteil, dass das Kabel einen Außendurchmesser von gerade mal 19 mm hat und damit sehr gut trommelbar ist“. Für die Datenübertragung der diversen Marine Sensorsysteme auf dem Mini-U-Boot verfügt das Hradil Kabel insgesamt über sechs Paare für Ethernet, Sensoren etc. sowie über vier Leiter zur 300/500 V Stromversorgung.
Mit einem Biegeradius von 190 mm und einer Zugfestigkeit von 8000 N ist das Kabel perfekt geeignet für den robusten maritimen Einsatz auf Schiffen. Der Einsatztemperaturbereich liegt zwischen -30 °C bis +85 °C. Das Hradil Kabel ist geeignet für den Einsatz unter abrasiven Bedingungen und ist sowohl Ozon- als auch UV-beständig.
Die Autoren des Beitrags sind Dede Bülbül, Geschäftsführer und technischer Leiter sowie Alfred F. Hradil, CEO.
Hradil Spezialkabel GmbH
Steinbeisstraße 4 / Laiern I–III
74321 Bietigheim-Bissingen
Tel.: +49 7142 78891-0
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