10.01.24 – Michael Zäh setzt als neuer WGP-Präsident eigene Akzente
Nachwuchs und KI bestimmen die Zukunft unserer Gesellschaft
Zum Jahreswechsel übergab WGP-Präsident Jens Wulfsberg vom LaFT der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg das Steuer an Michael Zäh. Symbolisch hatte er es bereits auf der Herbsttagung im November in Kassel überreicht.
Turnusgemäß wird nun der Leiter des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der Technischen Universität München zwei Jahre lang die Geschicke der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik lenken. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den Produktionswissenschaften je vor ähnlich hohen Herausforderungen gestanden hätten wie heute“, sagt Michael Zäh. „Vor uns liegen schwierige Jahre, und ich bin mir der Verantwortung sehr bewusst, die mit dem Amt des WGP-Präsidenten verbunden ist. Daher werde ich mich besonders für zwei außerordentlich wichtige Bereiche engagieren, die die Zukunft unserer Gesellschaft wesentlich mitbestimmen werden: Künstliche Intelligenz und der mangelnde Nachwuchs.“
Als vor mehr als zehn Jahren der Begriff der Industrie 4.0 geprägt wurde, ging es um die Digitalisierung der Produktion – die eigentlich schon längst im Gange war, wenn auch in maßvollen Schritten. „Heute aber verändert Künstliche Intelligenz alles in rasendem Tempo. Es geht nicht mehr nur um Digitalisierung und Automatisierung. Die Maschinen von morgen, und teilweise schon heutige, lernen, sich selbst zu optimieren. Das schafft völlig neue Möglichkeiten für unsere Industrie“, sagt der frisch gekürte Präsident. „Es ist ein Vorgang, der ungeahnte Potenziale in Fabriken heben kann. Gleichzeitig aber ist er eine immense Herausforderung für uns, weil KI nicht nur die Produktion, sondern unsere gesamte Gesellschaft verändern wird, unsere Art zu arbeiten und zu leben. Dass wir als Produktionswissenschaftler hier die richtigen Schritte gehen, möchte ich in meiner Präsidentschaft vorantreiben. Und dabei kann ich auf zahlreiche Forschungsarbeiten innerhalb der WGP aufbauen.“
So hat der Zusammenschluss führender deutscher Professoren in der Produktionstechnik das Positionspapier „KI in der Produktion“ veröffentlicht. Es ist ein Leitfaden insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die Potenziale für ihre spezifischen Gegebenheiten ausloten oder KI in ihrer Fabrik etablieren wollen. Denn gerade KMU verfügen häufig nicht über ausreichende Expertise im eigenen Hause bzw. finanzielle Kapazitäten für externe Dienstleister.
ProKI-Netzwerk und weitere Entwicklungen
Um zusätzlich ganz praktische Unterstützung anbieten zu können, haben WGP-Institute im vergangenen Jahr zudem die Initiative ProKI gegründet. In diesem bundesweiten Demonstrations- und Transfernetzwerk werden Unternehmen bei der Einführung von Beispielanwendungen praktisch begleitet und unterstützt – kostenfrei. Gestartet wurde zu Beginn des Jahres 2023 mit der Implementierung von KI in der Umformtechnik, aber auch Fügen, Trennen und Beschichten in der Fertigung werden behandelt – je nach Schwerpunkt der teilnehmenden Forschungsinstitute. Von den insgesamt acht Standorten sind sechs WGP-Institute.
„Während meiner Präsidentschaft möchte ich unsere Angebote gerade für KMU weiter ausbauen und damit einen deutlichen Akzent setzen“, sagt Michael Zäh.
Nachwuchs für Produktion begeistern
Doch nicht nur neue Technologien verändern die Produktion und damit die Arbeit der Menschen. Der Fachkräftemangel, der heute schon viele Unternehmen stark beeinträchtigt, wird sich weiter verschärfen – der demographische Wandel lässt daran keinen Zweifel. Auch die Entwicklung an den Universitäten ist nach Auffassung von Michael Zäh besorgniserregend. „Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um schon Schüler:innen für technische Berufe zu interessieren und damit letztendlich auch die künftigen Fachkräfte für unsere Industrie auszubilden. Meine Erfahrungen an Schulen haben mir gezeigt, dass hier viel Potenzial schlummert. Viele Kinder und Jugendliche sind durchaus interessiert, etwa an Robotik und nachhaltiger Produktion. Aber Technik ist meist kein Teil des Regelunterrichts. Mit unserem Know-how wollen wir jungen Menschen zeigen, dass sie in technischen Berufen und Ingenieurwissenschaften große Hebel haben, die Welt etwas besser zu machen.“
Hierfür startete die WGP ebenfalls im vergangenen Jahr eine Nachwuchsinitiative. „Als Professor:innen, die an 41 über ganz Deutschland verteilten Instituten lehren, sind wir prädestiniert, regional aktiv zu werden. Unsere 71 Kolleg:innen sind ein Pfund, mit dem wir wuchern können und sollen. Und dabei spreche ich nicht nur von der einmaligen Bandbreite an Wissen in den Produktionswissenschaften, die wir in der WGP vereinen. Ich denke dabei auch an die Begeisterung für unsere Sache – eine resiliente, nachhaltige und effiziente Produktion, die auf eine Kreislaufwirtschaft hin ausgerichtet wird“, so Michael Zäh.
Zur Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik e.V. (WGP)
Die WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik e.V.) ist ein Zusammenschluss führender deutscher Professoren der Produktionswissenschaft. Sie vertritt die Belange von Forschung und Lehre gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die WGP vereinigt 71 Professoren aus 41 Universitäts- und Fraunhofer-Instituten und steht für gut 2.000 Wissenschaftler der Produktionstechnik. Die Mitglieder genießen sowohl in der deutschen Wissenschaftslandschaft als auch international eine hohe Reputation und sind weltweit vernetzt. Die Labore der Mitglieder sind auf einem hohen technischen Stand und erlauben den WGP-Professoren, in ihren jeweiligen Themenfeldern sowohl Spitzenforschung als auch praxisorientierte Lehre zu betreiben. Die WGP hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung der Produktion und der Produktionswissenschaft für die Gesellschaft und für den Standort Deutschland aufzuzeigen. Sie bezieht Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen von Industrie 4.0 über Energieeffizienz und umweltschonender sowie resilienter Produktion bis hin zu 3D-Druck.