26.05.25 – Läpple und Raziol
Sprühbeölung befettet Bleche exakt nach Bedarf
Nicht nur ihre Kunden, sondern auch Premium-Automobilhersteller selbst sind anspruchsvoll. Von den Presswerken verlangen sie bei Strukturbauteilen für die Karosserie präzise umgeformte Komponenten mit einer genau definierten Beölung.
Um die Kundenwünsche zu erfüllen und die Umwelt zu schonen, setzt der Automobilzulieferer Läpple dafür auf Systeme von Raziol. Gegründet im Jahr 1919, gehört die Läpple-Gruppe heute zu den großen Zulieferern von Karosseriemodulen. Mit fast 330 Mio. Euro Umsatz und 1120 Mitarbeitern steuert Läpple Automotive den Löwenanteil zur Unternehmensgruppe bei. Die Tochtergesellschaft Fibro stellt Normalien her, und auch Aus- und Weiterbildung hat Läpple mit einem eigenen Unternehmen im Portfolio. Am Standort Heilbronn produziert der Automobilzulieferer mit 360 Mitarbeitern auf einer Gesamtfläche derzeit 100.000 Quadratmetern – eine weitere Halle ist bereits im Bau – anspruchsvolle Umformlösungen, Karosseriekomponenten und -module sowie Struktur- und Außenhautkomponenten. Die Kunden für die Teile aus Stahl und Aluminium sind Automobilhersteller aus dem Premiumsegment.
Ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte war 2016 die Inbetriebnahme der ersten großen Transferpresse in Heilbronn. Gut 10 Mio. Euro investierte Läpple Automotive in eine Anlage von Schuler. Mit einem Gesamtgewicht von 1000 t sowie einer Anlagenabmessung von 30 m × 12,5 m gehört die Transferpresse zum Segment der XL Pressen. Dadurch war der Automobilzulieferer am Standort seiner Unternehmenszentrale in der Lage, das Produktportfolio deutlich zu erweitern, und schuf Kapazitäten für neue Aufträge. Der Servo-Direkt-Antrieb der Presse läuft über zwei Torque-Motoren, die mit einem Gesamtdrehmoment von 20.000 Nm arbeiten. Bei einer Presskraft von bis zu 2500 Tonnen sind 30 Hub pro Minute möglich.
Druckluftfreier Sprühbalken zeigt Nachteile
Angesichts dieser Pressenleistung ist eine gute Beölung wichtig, weil es sonst zu Störungen im Prozess kommen kann. Weil die Transferpresse anfangs gleichermaßen vom Coil und mit Platinen arbeitete, wurde zur Beölung ein druckluftfreier Sprühbalken direkt an der Presse angebracht – zunächst ohne Einhausung oder Absaugung. Im Laufe der Zeit verschob sich das Materialspektrum immer stärker in Richtung Coils. Zugleich zeigte sich, dass durch den offenen Sprühbalken sehr viele Aerosole in die Halle gelangen und für eine entsprechende Verschmutzung sorgen. Deshalb beauftragte Läpple die Spezialisten von Raziol zunächst mit der Einrichtung einer Rollenbeölungsanlage. Aus Platzgründen wurde sie nach der Richteinheit für die Coils angebracht. Der Sprühbalken war und ist deshalb immer noch in Betrieb, wenn die Presse mit Platinen beschickt wird.
Sprühbeölung stellt die Schwierigkeiten ab
Doch die Coils waren bei der Beölung nicht immer so plan, wie sie es sein sollten. Auch arbeitet eine Rollenbeölung meist eher vollflächig. Deshalb entschied sich Läpple dafür, die Rollenbeölung durch eine Sprühbeölung, ebenfalls von Raziol, zu ersetzen. „Sie hat den Vorteil, dass wir genau auswählen können, an welchen Stellen wir auf dem Blech beölen“, erläutert Bernd Liebendörfer, Planer Instandhaltung Pressen bei Läpple Automotive. „Das senkt unseren Ölverbrauch ganz deutlich“, sagt er weiter. „Bei einem Werkzeugwechsel – und der kommt durchaus häufiger vor – hat man auch gleich ein neues Sprühbild auf dem Blech. Die Walzenbeölung ist dagegen etwas träger“, ergänzt Jürgen Massa, Instandhalter beim Automobilzulieferer.
Die Sprühbeölung beruht zwar auf einem Standard des Iserlohner Unternehmens. „Die Sonderanlage ist jedoch etwas mehr als „nur“ auf den Kunden angepasst“, berichtet Torsten Simski, Vertriebsleiter bei Raziol. Sie bietet eine Sprühbreite von 1900 Millimetern und ist mit jeweils 19 Düsen oben und unten ausgestattet. Jede einzelne Düse lässt sich über die Steuerung separat kalibrieren und regeln. Eine Querverstellung des Düsenbalkens sorgt dafür, dass die Anzahl der aktiven Düsen immer an die Breite des Blechbandes angepasst ist. Die Düsenbalken lassen sich einschließlich ihrer Halterung seitlich aus der Kammer ohne Werkzeug herausziehen. Damit fallen Wartungs-, Kalibrier- oder Reinigungsarbeiten deutlich leichter.
Ein Heizsystem hält die Temperatur des Schmierstoffs konstant bei 38 °C. „Dadurch bleibt die Viskosität stets gleich, auch wenn im Winter das Öl bei deutlich kälteren Außentemperaturen eingefüllt wird“, erläutert Simski. Diese gleichbleibende Viskosität ist Voraussetzung dafür, dass immer die vorgesehene Schmierstoffmenge aufgetragen wird, wie vom OEM-Kunden vorgegeben. „So viel wie nötig, so wenig wie möglich – das ist nur ein schmales Fenster, dass man hier zur Verfügung hat“, sagt Raziol-Vertriebsleiter Torsten Simski. Denn bei zu viel Ölauftrag wird es teuer: „Dann schickt der OEM entweder die Teile zurück oder er berechnet uns die Reinigungskosten“, berichtet Liebendörfer. Deshalb wird der Schmierstoffverbrauch auch genau aufgezeichnet.
Sprühbalken erhält Esse von Raziol
Im Rahmen des Projekts nahm sich Raziol auch den Sprühbalken vor und installierte dort eine Esse zur Absaugung. Damit ist die Verbreitung von Aerosolen reduziert, wenn die Presse mit Platinen beschickt wird. Die Esse ist an die gleiche Absauganlage angeschlossen wie die Sprühbeölung. „Das war eine reine Sonderanfertigung“, erläutert Simski. Eine besondere Herausforderung gab es für das Raziol-Team noch beim Einbau der Sprühbeölung. Während der Spät- und Nachtschicht musste die Presse weiter produzieren, also konnten die Monteure nur in der Frühschicht arbeiten. Jeden Tag mussten sie ihre Tätigkeit so weit abschließen, dass die Anlage – wenn auch ohne Beölung – wieder betriebsbereit war. „Wir waren skeptisch, ob das geht“, erinnert sich Liebendörfer. „Doch das Zusammenspiel hat erstaunlich gut funktioniert.“
Seit März 2022 ist die Sprühbeölung nun in Betrieb. Liebendörfer zieht ein positives Fazit: „Mit der genaueren Dosierung sparen wir Schmierstoff und damit Kosten ein. Und die Umwelt profitiert auch.“