28.02.25 – Biegespezialist Burkholz:
Schnelligkeit schlägt immer günstigsten Preis!
Ein breites Kundenspektrum macht einen Blechverarbeiter unabhängig von Großkunden sowie von deren konjunkturellen Zyklen. Im Gegenzug muss der fränkische Mittelständler extrem schnell und flexibel reagieren und liefern können, ein Anwenderbericht.
Neben optimierten Prozessen und qualifiziertem Personal ist dabei die Variabilität der eingesetzten Fertigungsmaschinen von strategischer Bedeutung, Stichwort Lieferfähigkeit. „Wir sind mit keinem Maschinenhersteller verheiratet,“ schiebt Geschäftsführer Thomas Reisgies dem Gespräch voraus, um auch hierin seine Unabhängigkeit zu betonen. Vorbei seien zudem überall die Zeiten, in denen man nur nachrangig behandelt worden sei, wenn man nur ein B- oder C-Kunde war auf Grund der Volumina, die man bei einem Hersteller kaufte. Reisgies: „Kunden- und Serviceorientierung erlebe ich heute überall, auch wenn ich nur einen Akku-Bohrschrauber kaufe.“ Tatsächlich hat der Blechverarbeiter, der aktuell 15 Großmaschinen in seiner Produktionshalle stehen hat, 2008 nach intensiver Recherche seine erste Abkantanlage bei dem japanischen Hersteller Amada gekauft, der Bandsäge-, Blechbearbeitungs- und Laserschneidemaschinen baut und seinen Europasitz in Haan bei Düsseldorf hat. „Für uns gab die lichtschrankenbasierte Sicherheitseinrichtung den Ausschlag,“ begründet der Inhaber seine damalige Kaufentscheidung.
Zeitaufwand halbiert
Dank der automatischen Lösung, die Mitbewerber damals offenbar noch nicht hatten, können seither größere Stückzahlen vom Pressentisch ohne manuelle Unterbrechung durchlaufen. Das habe den Zeitaufwand halbiert. Und da die Maschine in allen anderen Funktionalitäten auf dem höchstmöglichen Stand gewesen sei bei guter Kundenbetreuung, habe er die Entscheidung nie bereut. Im Gegenteil: Aktuell sind sechs von 15 Maschinen von Amada, wobei jede einzelne Kaufentscheidung einer kritischen Prüfung unterlag. Das sind drei Abkantpressen von 80 bis 170 Tonnen Biegeleistung, eine Säge für Profilstahl sowie zwei Stanzen, davon ist eine eine CNC-Nippelmaschine mit automatischem Werkzeugwechsler samt Be- und Entladesystem. Denn im Tagesgeschäft muss Burkholz etwa Platinen schneiden, Blechbauteile, Gehäuse, Maschinenfüße oder -verkleidungen und ganze Blechbaugruppen und Ladungsträger für den Regal-, Fahrzeug- oder Maschinenbau herstellen.
Höchste Flexibilität angesagt
„Bei uns ist oft am Freitag noch nicht klar, was wir am Montag produzieren,“ gibt Reisgies Einblick in die Geschwindigkeit seines Business‘, das von kürzesten Reaktionszeiten lebt. Im Einzelfall und bei geringer Komplexität komme morgens der Auftrag herein und abends werde geliefert. Andere Fälle dauern fünf Werktage von der hausinternen Konstruktion bis zur Auslieferung. Digitale Prozesse, in die die Maschinen kompatibel eingebunden sein müssen, spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Folge: „Wir dürfen auch mal 20 Prozent teurer sein als der günstigste Mitbewerber, wenn wir dafür binnen Tagen liefern,“ sagt Reisgies, der einzig in dieser Strategie ein dauerhaftes Überleben im Hochlohnland Deutschland für sein Unternehmen mit aktuell 60 Mitarbeitern sieht. Das betrifft auch die Geschwindigkeit, in der seine internen Vertriebsleute auf Anfragen mit qualifizierten Angeboten reagieren, die per E-Mail oder Anruf hereinkommen. Immer wichtiger werden Ausschreibungen auf Plattformen, auf denen Burkholz registriert ist.
Reisgies, der zuletzt einen Jahresrekordumsatz von 23 Mio. Euro gemacht hatte: „Wenn Sie bei Online-Ausschreibungen nicht binnen Minuten reagieren, können Sie es schon fast bleiben lassen, weil ein anderer den Zuschlag bereits hat.“ Entsprechend wichtig ist, mit dem vorhandenen Maschinenpark ein möglichst breites Spektrum an Aufträgen abdecken zu können. Zwar ist der Preis für die Anlagen, die je nach Ausführung meist zwischen 300.000 und 1,1 Millionen Euro kosten, ein relevantes Kriterium – aber eben nicht das allerwichtigste.
Zuverlässigkeit bei Eilaufträgen entscheidend
Demnach passen die Amadas in puncto Verlässlichkeit, Leistungsfähigkeit und Variabilität gut in das Burkholz-Portfolio, in dem auch die Maschinen anderer Hersteller gute Dienste leisten. „Wir müssen auch hier immer auf der Höhe der Zeit sein, um keine Innovationen in der Maschinentechnologie zu versäumen,“ sagt Reisgies, für den Maschinenbaumessen, Gespräche mit Herstellern und Internetrecherchen wichtige Informationsquellen dafür sind. Einer dieser Innovationstrends war zuletzt im Kontext der EU-Taxonomie und der Dekarbonisierung, dass neue Anlagen mit bis zu 50 Prozent weniger Energieverbrauch dasselbe leisten wie ein Vorgängermodell. Solche Innovationen geben im Einzelfall den Ausschlag, neue Maschinen zu kaufen. Andere Kriterien sind höhere Produktivität, geringere Umrüstzeiten oder Fehlerquoten und schließlich auch neue Aufträge oder Kundenbranchen, für die es neue Anlagen braucht.
So steht bei den Main-Franken Mitte 2025 der Kauf eines Roboters an, der das Abkanten vollautomatisch übernimmt. Dabei spielt die verfügbare Fläche in der 2016 neu errichteten Halle eine Rolle. Seither erzeugt der Betrieb mittels PV-Anlagen jährlich 250.000 kWh Strom, was dem eigenen Jahresbedarf entspricht – bei einer Eigenverbrauchsquote von derzeit 70 Prozent. Die jährliche Investitionsquote liegt übrigens bei drei bis fünf Prozent, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Im Schnitt sind die Maschinen zehn bis 15 Jahre bei Burkholz im Einsatz, was auch von deren Betriebsstunden abhängt. „Unsere Topp-Maschinen laufen idealerweise zwei Schichten pro Tag,“ sagt Reisgies. Das gelte für 60 Prozent der Anlagen und werde im Schnitt zu 80 Prozent erreicht. Um auf diesen Wert zu kommen, muss wiederum Arbeitsvorbereitung und Kalkulation, um die sich vier Fachleute und Werksleiter Stefan Heß kümmern, jeweils die Verfügbarkeit der Kapazitäten im Blick haben. Heß: „Deshalb schauen wir auch, wo wir Transportwege verkürzen, beschleunigen oder erleichtern können; Zwischenschritte zusammenfassbar sind und vieles mehr.“
95 Prozent Umsatz mit Bestandskunden, wenngleich manche davon nur alle paar Jahre bei den Main-Franken ein Unikat kaufen, belegen die hohe Kundenzufriedenheit. Der Wert ist zugleich ein Indiz dafür, dass Reisgies, Heß und ihr Team im engen Dialog mit dem Markt stehen und meist frühzeitig wissen, wo sich ein Auftrag in welcher Komplexität und mit welchem Volumen anbahnt. Dazu gehören neue Märkte wie etwa regenerative Energien, Großkühlanlagen für Rechenzentren oder Medizintechnik, um die Maschinenkapazitäten auch dann auszulasten, wenn Bestandsbranchen wie Möbel oder Automotive mal weniger nachfragen.
Zahlen, Daten, Fakten
Der Blechverarbeiter Burkholz in Burgbernheim wurde 1946 mitten im Dorf gegründet und fertigte u.a. Kerzenhalter für Christbäume. Drei Viertel des Umsatzes entfallen heute auf die Automobilindustrie, davon vor allem Sonderladungsträger und Spezialtransportsysteme, die vor Ort entwickelt und konstruiert werden und die Phasen Konzept, Muster und Freigabe durchlaufen.
Vorserien und Entwicklungsprozesse, die der Kunde noch erprobt, werden in Burgbernheim produziert. Großserien von mehreren hundert Teilen verantworten Partnerbetriebe, die zu 80 Prozent in Osteuropa oder neuerdings der Türkei sitzen. So hängen an Burkholz indirekt nochmals 500 Arbeitsplätze.
1994 heiratete Geschäftsführer Thomas Reisgies in den Betrieb ein und bildete lange mit Werksleiter Stefan Heß ein Innovations-Duo, das mittlerweile von den 26- bzw. 30-jährigen Inhaber-Söhnen ergänzt wird, die insbesondere die Digitalisierung vorantreiben. Um mit der Automobilindustrie im Geschäft zu bleiben, nimmt Burgholz seit 2008 an Online-Ausschreibungen teil. Schon in den frühen 1990er-Jahren erfolgte die Buchhaltung an PCs, die Arbeitsplätze in der Produktion wurden 2010 mit Laptops ausgestattet und wurden dieses Jahr durch leistungsfähigere Tablets ersetzt. Aktuell experimentiert der Betrieb mit Künstlicher Intelligenz (KI), die etwa Aufträge eigenständig in eine möglichst effiziente Reihenfolge bringen soll.