27.05.22 – Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen

Laserschweißen soll Stahlbau revolutionieren

Für den konventionellen Stahlbau hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik gemeinsam mit Partnern eine Alternative entwickelt, die nicht nur eine Prozesstechniklösung darstellt, sondern auch die Basis für Hardware- und Lasersicherheit bildet: das Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen.

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Dr. Dirk Dittrich vom Fraunhofer IWS hat mit einem Team aus Forschung und Industrie ein leistungsfähiges Laserschweißverfahren entwickelt. © Fraunhofer IWS

 

In vielen technischen Bauwerken steckt eine Anwendung für den Stahlbau. Egal, ob Containerschiffe, Schienenfahrzeuge, Brücken oder Windkrafttürme, in allen diesen Konstruktionen können mehrere 100 m Schweißnaht vorhanden sein. Üblicherweise kommen dafür konventionelle industrielle Verfahren wie das Metall-Aktivgasschweißen oder das Unterpulverschweißen zum Einsatz. Das Problem dabei: Durch die geringe Intensität des Lichtbogens fließt ein Großteil der aufgewendeten Energie nicht in den gewünschten Schweißprozess, sondern geht in Form von Wärme in das Bauteil verloren. Der Energiebedarf für die Nachbehandlung der Schweißnaht liegt vielfach in ähnlichen Größenordnungen wie derjenige für den eigentlichen Schweißprozess.

„Diese energieintensiven Verfahren rufen eine erhebliche thermische Schädigung des Werkstoffs hervor und führen zu starken Verzugserscheinungen der Konstruktion – somit zu hohen Kosten durch nachträgliche Richtarbeit“, betont Dr. Dirk Dittrich, der am Fraunhofer IWS die Gruppe Laserstrahlschweißen leitet.

Leistungsfähiges Laserschweißverfahren

Ein Forscherteam um Dittrich hat im Projekt „VE-MES – Energieeffizientes und verzugsarmes Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen“ gemeinsam mit Industriepartnern eine energieeffiziente Alternative entwickelt. Das Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen (Laser-MES) bringt einen marktüblichen Hochleistungslaser zum Einsatz und besticht im Vergleich zu herkömmlichen Methoden durch verringerte Lagenanzahl und drastisch reduziertes Nahtvolumen. Daraus ergeben sich die entscheidenden Vorteile dieses Schweißverfahrens.

„Wir können den Energieeintrag in das Bauteil beim Schweißen – je nach Komponente – um bis zu 80 % und den Zusatzwerkstoffverbrauch um bis zu 85 % im Vergleich zu herkömmlichen Lichtbogenverfahren senken“, unterstreicht Dittrich. „Zudem war am betrachteten Bauteil kein Richtprozess mehr erforderlich. Dadurch reduzieren wir Fertigungszeit und -kosten, können auch hochfeste Stahlwerkstoffe verarbeiten und verbessern die CO2-Bilanz der gesamten Fertigungskette deutlich. Das könnte bei der Vielzahl von Stahlbaukonstruktionen, die in Deutschland und in der Welt erstellt werden, einen erheblichen Vorteil darstellen.“ Denn die hohe Intensität des Laserstrahls garantiert einen sehr lokalen Energieeintrag an der Schweißstelle, wohingegen die umliegenden Bauteilbereiche vergleichsweise kalt bleiben.

„Die Schweißzeit reduziert sich zudem um 50 bis 70 %“, nennt Dittrich einen weiteren Vorteil. Bei der Qualität der Schweißnähte punktet das neue Verfahren ebenfalls: Die Nähte sind deutlich schlanker und nahezu flankenparallel, während sie bei konventionellen Schweißprozessen V-förmig ausgeführt sind. „Den Laser in den Stahlbau einzuführen, würde für die mittelständische Industrie in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal darstellen und ihre Marktposition im internationalen Wettbewerb stärken“, ist sich Dittrich sicher. „Wir stellen eine effiziente Fügetechnologie für die Industrie bereit, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Einsatzes und eines ressourcenschonenden Fertigungsablaufs den Stahlbau revolutionieren soll.“

Forschung in der Praxis

Die Forschenden des Fraunhofer IWS demonstrierten die Leistungsfähigkeit ihrer Entwicklung anhand eines Praxisbeispiels aus dem Hallenkranbau. Sie brachten die neue Schweißtechnologie mit einer speziellen Systemtechnik und einem integrierten Strahlschutzkonzept zum Einsatz. Die Konstruktion des experimentell aufgebauten, 4 m langen Rechteckprofils eines Hallenkransegments entsprach den Design- und Fertigungsrichtlinien vergleichbarer, konventionell hergestellter Bauteile. Erzeugt wurden anwendungstypische Schweißnähte: ein Stumpfstoß an 30-mm-Blechen und ein vollangeschlossener T-Stoß (15-mm-Blech).

Für 1 m Schweißnaht ließen sich die Kosten für eine Blechdicke von 30 mm gegenüber dem Unterpulverschweißen inklusive des nachträglichen Richtprozesses um 50 % senken. Für Blechdicken unter 20 mm, bei der herkömmlicherweise auch Metall-Aktiv-Gas-Schweißverfahren eingesetzt werden, liegt die potenzielle Kostenersparnis mit bis zu 80 % noch höher. Allein die Kostenersparnisse bezüglich der Schweißzusatzwerkstoffe kann in größeren Unternehmen bei mehr als 100 000 Euro pro Jahr liegen. Zusätzlich bieten die eingesetzten Laserstrahlquellen aufgrund ihres hohen Wirkungsgrades (ungefähr 50 %) und der guten Prozesseffizienz (Reduktion des Energieeintrages um 80 %) großes Potenzial, die steigenden Energiekosten einzudämmen. Mit diesem Nachweis der Praxistauglichkeit lässt sich der Lösungsansatz nun auch auf andere Anwendungen übertragen.

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