21.06.22 – Aluminium-Punktschweißsystem
Adaptive Schweißprogrammbibliothek für Alu-WPS
Was sich bei Stahl längst bewährt hat, ist nun als Teil des Schweißsystems „Aluspatz+“ von Matuschek Meßtechnik auch für das Widerstandspunktschweißen von Alu-Blechen, Strangpress- und Gussbauteilen verfügbar: schweißzangenunabhängige, adaptive Master-Schweißprogramme, die sich vor Produktionsstart erstellen lassen.
Die patentgeschützte WPS-Komplettlösung zur automatisierten Fertigung von Karosseriebauteilen mit Schweißrobotern wird bereits durch Tier-1-Zulieferer von OEM wie VW, Daimler, Audi oder JLR genutzt. Sie fertigen damit Türen und andere Anhänge, Verstärkungsteile, aber auch sicherheitsrelevante Elemente wie Bodenteile, Sitzträger, Dachrahmen und Karosserieverstärkungsteile. Auch für Batteriekästen und andere Teile von Elektrofahrzeugen hat die Lösung Relevanz. Zu den Zeit- und Kostenvorteile sichernden Anwendungsfeldern gehört zudem die Serienproduktion von Containern, NFZ-Aufbauten, Verkleidungen und Dachstrukturen von Schienenfahrzeugen oder Flugzeugkomponenten aus Aluminium. Denn die Stückkosten traditioneller Verbindungen mit Nieten liegen weit über denen eines Schweißpunktes; zudem müssen die Nieten stetig zugeführt werden, auch ist die Qualitätsprüfung kompliziert und Korrosion eine häufige Folge. Erste Produzenten setzen deshalb auch hier bereits auf Alu-WPS.
20 000 Schweißpunkte ohne Kappenwechsel
Die neue Lösung sichert Robustheit und Präzision der Serienproduktion durch einen Dreiklang aus innovativer Hardware, neuartigem Schweißkappenhandling und adaptiver Prozesssteuerung. Ein Kernelement ist eine Servo-Schweißzange, deren Elektrodenkappen aus Standard-Kupferlegierungen über eine Kugeloberfläche mit separat einstellbarem Radius und definierter Rauigkeit verfügen. Die Oberfläche wird ohne Produktionsunterbrechung und bedarfsabhängig von einer festen Schleifeinheit dreidimensional oszillierend in Form und Struktur konstant gehalten und gereinigt. Damit sinkt der Kappenverschleiß deutlich, wie sich etwa beim Fügen des Unterbodens eines Elektro-Pkw beim Tier-1-Zulieferer Snop bestätigt: Fast 50 Schweißpunkte verbinden hier zwei verschieden starke Alu-Bleche. „Anfangs haben wir die Kappen nach jedem Bauteil bearbeitet, inzwischen sind wir schon bei drei Teilen“, sagt Snop-Schweißexperte Pascal Demey. Ausgeschöpft seien die Möglichkeiten damit noch lange nicht.
Bei Laborversuchen für Jaguar Landrover (UK) konnten sogar 960 Schweißpunkte ohne Bearbeitung der Elektrodenkappen gesetzt werden. Unter Praxisbedingungen sind damit bei Standard-Elektrodenkappen und -material Zyklen von 20 000 Schweißpunkten ohne Kappenwechsel realistisch – eine Steigerung um den Faktor 20 bis 30. Auch Anhaftungen der Elektrodenkappen am Blech sind beim Aluspatz+ passé; Form, Struktur sowie die hohe Wärme- und elektrische Leitfähigkeit seiner Kappen verhindern ein Aufschmelzen des Werkstoffs.
In Echtzeit adaptiv regeln
Neben der Verringerung des Wartungs- und Nachbearbeitungsaufwandes sieht Snop-Mann Demey die Stärken des Systems in der Konstruktion der Zange sowie der einfach zu bedienenden Software mit ihrem effizienten Tool zur Schweißdatenanalyse. Alle Komponenten wirkten so schnell und präzise zusammen, dass es eine Freude sei, damit zu arbeiten.
Die adaptive Regelung des „weltersten Systems für eine dauerhaft qualitätssichere Serienanwendung“, so Philipp Matuschek, Geschäftsführer des Aldorfer Unternehmens, gewährleistet mit eigenentwickelten Algorithmen einen robusten Prozess wie auch Qualität und Präzision der Verbindungen: Durchgängig kontrolliert sie alle Einflussfaktoren, erkennt Störgrößen wie Blechaufsprünge oder Elektrodenschiefstellungen und kompensiert schwierige Verhältnisse, etwa an Rändern oder Kanten. Bei schwankenden Bedingungen greift sie in Echtzeit ausgleichend ein, neutralisiert auch Nebenschlusspfade des Schweißstroms, Mengenvariationen von Strukturkleb- und Dichtstoffen oder die unterschiedliche Leitfähigkeit von Knet- und Gusslegierungen bei Alu-Mischverbindungen der 5000er bis 7000er Klassen. Sollte eine erfolgreiche Schweißung nicht möglich sein, meldet die Qualitätsüberwachung das sofort an die übergeordnete SPS. Fehlerhafte Bauteile können so automatisch markiert und ausgeschleust werden.
Keine Spritzer mehr
Zusatzaufwand durch Schweißspritzer infolge falsch eingestellter Parameter oder nicht adaptiver Prozessführung ist nahezu ausgeschlossen: In der Serienproduktion strukturrelevanter Sitzquerträger mit Gesamtblechstärke von über 8 mm für JLR liegt ihre Häufigkeit stetig unter einem Prozent, bei Snop gar unter einem Promille.
„Eine Kombination aus adaptiver Prozessregelung und integriertem Qualitätsüberwachungstool, die die hohe Sensitivität des Werkstoffs gegenüber Störgrößen neutralisiert, gab es nach meiner Kenntnis beim Widerstandspunktschweißen von Aluminium bislang nicht“, sagt Alexander Dumpies, Fachbereichsleiter Pressschweißen des Branchen-Forschungsinstituts SLV in Halle/S. Auch der Einsatz eines oszillierenden Schleifkopfes zur Überwindung der prozessstörenden Oxidschicht sei technologisch naheliegend, zuvor aber in der Serienfertigung nicht praxiswirksam umgesetzt worden.
Zeitgewinn durch Programmbibliothek
Jeder Anwender kann jetzt mit einer Test- oder Laboranlage auch zeitlich vorgelagert eine Bibliothek zangenunabhängiger, adaptiver Master-Schweißprogramme inklusive Qualitätsüberwachung für eine Produktionslinie, ein komplettes Werk oder mehrere Produktionsstätten weltweit anlegen und pflegen. Die zum jeweiligen Produkt passenden Programme lassen sich via Server oder Cloudspeicher nach Aufbau einer Produktionslinie sofort einspielen.
Dieses Prinzip bewährte sich aktuell auch beim Zulieferer Magna, Salzgitter, in der Vorfertigung und Nullserie eines Bodengruppenelements für einen vollelektrischen Transporter von VW. „Wir nutzen unsere Master-Datenbank, um auf einer Zange einen Parametersatz zu entwickeln und auf eine zweite Zange zu überspielen“, berichtet Felix Pfaffendorf. Zusätzlich lägen die Daten für die Nutzung bei gleichen Materialparametern in anderen Werken des Unternehmens auf einem Server bereit. „Das bringt deutlichen Zeitgewinn, erleichtert die Arbeit erheblich“, so der Teamleiter Prozesstechnik. Mit der Spatz-Software ließen sich die nötigen Masterdaten und -kurven recht simpel erstellen. Das Ergebnis entspreche fast Plug & Play – man könne mit dem Roboter an das Bauteil heranfahren und sofort produzieren. Statt der üblichen bis zu zehn unbrauchbaren Teile bis zur Ermittlung des idealen Parametersatzes hat laut Pfaffendorf schon das zweite Werkstück Serienqualität. Bei allen Vorbereitungsläufen für den zum ersten Quartal 2022 geplanten Produktionsstart seien keinerlei Schweißspritzer aufgetreten, bestätigt der Magna-Fachmann. Einen „Riesenvorteil“ bringe obendrein die integrierte Qualitätskontrolle des Systems: Zerstörende Prüfungen hätten belegt, dass sie sichere Erkenntnisse zur Qualität jedes einzelnen Schweißpunkts liefere, den Prüfaufwand damit „um ein Vielfaches“ senke.
Snop-Schweißexperte Demey pflichtet dem bei: Es sei erstaunlich, wie schnell das System ermögliche, die volle Produktion mit einer Qualität zu fahren, die allen OEM-Qualitätsspezifikationen entspricht. Sein Fazit: „Know-how, Erfahrung und das stetige intensive Streben des Matuschek-Teams nach Verbesserung machen für mich den Unterschied zwischen einer guten Lösung und dem derzeit besten Aluminium-Punktschweißsystem auf dem Markt aus“.
Matuschek Meßtechnik GmbH
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