15.03.21 – Trennen von hochfestem Stahlblech

Hartmetallstempel erhöhen Leistungsfähigkeit beim Feinschneiden

In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Feinschneiden ist es am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen gelungen, die Leistungsfähigkeit beim Feinschneiden von hochfestem Stahlblech durch den Einsatz von Hartmetallstempeln zu verbessern.

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Für die Anwendung von Hartmetall optimiertes Feinschneidwerkzeug. © WZL

 
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Ansicht eines Hartmetallstempels vor der Beschichtung mit erodierter Oberfläche und polierter Schneidkante. © WZL

 
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Hartmetall bietet aufgrund seiner hohen Härte und Druckfestigkeit das Potenzial, hochfeste Blechwerkstoffe prozesssicher und mit langen Standzeiten feinzuschneiden. Dadurch lässt sich der Werkzeugverschleiß im Vergleich zu konventionellen Stempeln aus Schnellarbeitsstahl deutlich reduzieren. Weil es bei der Bearbeitung von Hartmetall, im Gegensatz zu konventionellen Schnellarbeitsstählen, besonders auf die Oberflächenintegrität ankommt, wurde der Fertigungsprozess zur Herstellung von Hartmetallstempeln an diese besonderen Einsatzbedingungen angepasst.

Eine Kooperation des Lehrstuhls für Technologie der Fertigungsverfahren des WZL mit Your-Tool, einem Spezialisten für hochpräzise Werkzeugbauanwendungen und Platit, einem Hersteller von Beschichtungsanlagen, führte jetzt zu einer vielversprechenden Fertigung von Schneidstempeln aus Hartmetall für den prozesssicheren Einsatz. Das Hartmetall für die Versuchsreihe wurde von Ceratizit Empfingen beigesteuert. Die Versuchsstempel erhielten ihre Einsatzeigenschaften als Folge einer speziellen Fertigungsroute.

Auf die Technologie kommt es an

Gefertigt wurden die Hartmetallstempel von der Firma Your-Tool durch Drahtfunkenerosion im Wasserbad aus einer korrosionsbeständigen Hartmetallsorte. Dabei fand eine von Your-Tool eigens entwickelte, hochpräzise Schneidtechnologie für die Hartmetallbearbeitung Anwendung. Gegenüber verfügbaren Standardverfahren sind mit dieser weiterentwickelten Technologie nun Oberflächen mit einer besonders kleinen Randzone möglich – eine Voraussetzung für das Feinschneiden mit Hartmetallstempeln. Nach Feinstschlichtnachschnitt im letzten Bearbeitungsschritt wird fast keine weiße Schicht mehr erzeugt, und die Randzone ist kleiner als ein 1 µm. Das Potenzial für die Bildung von Mikrorissen beim Einsatz im Feinschneidprozess konnte somit nachweislich minimiert werden.

Die Schneidkante eines Schneidstempels entsteht am Übergang zwischen der erodierten Mantelfläche und der geschliffenen Stirnfläche. Um Ausbrüche der Schneidkante zu vermeiden und damit die Verschleißfestigkeit zu steigern, ist eine hohe Kantenstabilität unabdingbar. Die scharfe Schneidkante wird daher üblicherweise durch eine Fase oder Verrundung nachbearbeitet.

Am WZL wurden die Schneidkanten unter Verwendung einer Bürstpoliermaschine „BP Smart“ von der Firma René Gerber mit einer Verrundung versehen. Dabei wurde eine Gerber-Tellerbürste mit integriertem Abrasivmedium verwendet. Die Schneidkante hat nach der Schneidkantenpräparation eine definierte Verrundung mit einem gleichmäßigen Radius von 20 µm, die für gute Beschichtbarkeit und Kantenstabilität sorgt.

Im letzten Fertigungsschritt wurden die Schneidstempel von Platit beschichtet. Die minimale verbleibende Randzone und die weiße Schicht wurden durch sorgfältiges Nassstrahlen in der Vorbereitung für die Beschichtung entfernt. Durch die PVD-Hartschicht „FeinAl“ wird die Verschleißfestigkeit weiter erhöht und die Reibung mit dem Blechwerkstoff verringert.

Beim Feinschneiden von hochfestem Stahlblech zahlen sich die Härte und hohe Steifigkeit aus, die aus dem hohen Elastizitätsmodul des Hartmetalls resultieren. Anders als Stahlstempel federt Hartmetall im Feinschneidprozess weniger ein, sodass die Beschichtung nicht abplatzt (Eierschaleneffekt) und sich die Wirksamkeit voll entfalten kann.

Kaum Verschleiß am Hartmetallstempel

In einer Versuchsserie von 10 000 Hüben auf einer Feinschneidpresse „Feintool XFT 2500 speed“ wurde hochfestes Blech mit einer Dicke von 6 mm prozesssicher feingeschnitten. Der Hartmetallstempel wies kaum Verschleißmerkmale auf, während ein konventioneller HSS-Stempel als Referenz schon fast am Ende seiner Standzeit war. Die Wirtschaftlichkeit des Feinschneidens konnte somit durch eine wesentliche Verschleißreduktion signifikant gesteigert werden.

Das Projekt Feinschneiden von hochfestem Stahl mit Hartmetall hat die Effektivität der Kooperation von Firmen unterschiedlicher Disziplinen im Arbeitskreis Feinschneiden bewiesen. In Zusammenarbeit wurde am WZL umfassendes Wissen zur Bearbeitung von Hartmetall und zum Feinschneiden mit Hartmetallstempeln generiert, welches die Anwender dazu befähigt, die Technologie in der industriellen Praxis einzusetzen. In weiterführenden Arbeiten des Arbeitskreises Feinschneiden werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu genutzt, um die Anwender zu befähigen, Hartmetall bei sich in der Produktion einzusetzen und die Produktionskosten langfristig zu senken.

Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen
Campus-Boulevard 30
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